Jüdisches Fest Chanukka statt Weihnachten: Lichter stehen für Hoffnung und Solidarität

Bonn · Der jüdische Brauch wird auch vor Ort gefeiert. Bonns Oberbürgermeisterin und die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde entzünden die Kerzen des Chanukka-Leuchters.

Jüdisches Fest Chanukka in Bonn: Kerzen entzündet
Foto: Stefan János Wágner

Am Mittwochabend wurde am Alten Rathaus ein Chanukka-Leuchter entzündet. In diesem Jahr feiern Familien jüdischen Glaubens ihr Chanukka-Fest, das sich entsprechend der Anzahl der Kerzen am Leuchter über acht Abende erstreckt, vom 18. bis 26. Dezember. Im Gegensatz zum allgemein bekannteren siebenarmigen Leuchter, der Menora, besitzt der Chanukka-Leuchter keine festgelegte Form.

Jüdisches Fest Chanukka in Bonn: Kerzen entzündet
Foto: Stefan János Wágner

Oberbürgermeisterin Katja Dörner und Margaret Traub, die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, zündeten gemeinsam mit Vertretern der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit die Kerzen am Chanukka-Leuchter an. Dörner sagte: „Die Lichter stehen für Hoffnung und Solidarität.“

„Jüdischen Mitbürgern Mut machen“

Der evangelische Pfarrer Joachim Gerhardt, zugleich Vorsitzender der Bonner Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, sagte: „Wir wollen unseren jüdischen Mitbürgern Mut machen, ihre Religion und Kultur zu leben.“ Klezmer-Musiker Georg Brinkmann spielte auf dem Akkordeon jiddische Lieder, unter anderem das Stück Drey Dreydl. Mehrere Dutzend Passanten klatschten zum Takt der Musik.

Chanukka ist ein Fest, das jüdische Familien vornehmlich Zuhause begehen. An den Chanukka-Abenden versammeln sich die Familien mit Freunden zum fröhlichen Beisammensein. Kinder bekommen Geschenke und Süßigkeiten. Gegessen werden in Öl gebackene Speisen wie Krapfen (Sufganiyot) oder Kartoffelpuffer (Latkes). Auch wird in den jüdischen Familien gemeinsam gesungen.

In Bonn leben nach Angaben der Gemeinde heute rund 1000 Menschen jüdischen Glaubens. Mehr als 90 Prozent stammten aus Russland oder der Ukraine. Etwa 60 Juden besuchten regelmäßig die Synagoge in der Tempelstraße. Um möglichst unauffällig zu bleiben und um nicht in der Öffentlichkeit angefeindet zu werden, verzichteten viele jüdische Männer auf das Tragen der jüdischen Kopfbedeckung, der Kippa, um sich in der Öffentlichkeit nicht als Menschen jüdischen Glaubens zu erkennen zu geben. Das ist auch eine Empfehlung der Vorsitzenden Traub für die Bonner Gemeindemitglieder – „ich bedaure das sehr“, betont sie. Die promovierte Französin hat vor 33 Jahren den Vorsitz in Bonn übernommen.

Synagoge ständig unter Polizeischutz

Die Bonner Synagoge an der Tempelstraße steht ständig unter Polizeischutz. „Die Beamten sind fast permanent vor Ort“, sagte Traub und lobte: „Die machen eine super Arbeit.“ Sie selbst fühle sich sicher in der Öffentlichkeit, aber das gehe nicht allen so.

Vor drei Jahren sorgte am 9. Oktober 2019 der Anschlag auf die Synagogengemeinde in Halle bundesweit für Entsetzen. Die Liste antisemitischer Anschläge und Angriffe im deutschsprachigen Raum ist lang. Auch in Bonn kam es in der jüngeren Vergangenheit zu Vorfällen, die nachdenklich stimmen.

Im Mai 2021 wurde an der Bonner Synagoge die Flagge Israels verbrannt, der Eingangsbereich wurde mit Steinen beschädigt. Im Oktober 2021 warfen junge Männer Steine gegen das Gebäude. Eine Scheibe ging kaputt. Zuletzt erhielt Ende Oktober ein irakischer Kippaträger in Köln einen Fausthieb ins Gesicht. Für überregionales Aufsehen sorgte am 11. Juli 2018 ein Übergriff. Ein junger Deutscher palästinensischer Herkunft schlug dem US-amerikanischen Wissenschaftler Yitzhak Melamed am Hofgarten mehrmals die Kippa vom Kopf. Damals verwechselten Polizeibeamte Opfer und Täter.

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