Sperrstunde auf der Kirmes Wenn auf Pützchens Markt die Lichter ausgehen

Pützchen · Wenn auf Pützchens Markt die Lichter ausgehen, geht die Arbeit für Schausteller, Ordnungsamt und Bonnorange weiter. Sie sorgen dafür, dass es am nächsten Tag weitergehen kann. Dabei ernten sie allerdings nicht nur Begeisterung.

So sieht Pützchens Markt in der Nacht aus
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Foto: Benjamin Westhoff

„Geschäft müde, Chef müde, Mitarbeiter platt.“ Marcel Markmann sieht geschafft aus, als er um Miternacht am Sonntag im Kassenhäuschen seines Fahrgeschäfts „Octopussy“ sitzt, während die letzte Fahrt für den Abend läuft. Es sind nur noch wenige Gäste, die kurz vor Beginn der Sperrstunden noch einmal eine Runde auf dem Traditionsfahrgeschäft drehen wollen. „Wir schließen jetzt und machen noch schnell die eigentlich für morgen anstehenden Wartungsarbeiten – aber dann können wir morgen früh ein bisschen länger schlafen und sind wieder fit für den neuen Tag“, sagt Markmann junior, während er die Beleuchtung seines Fahrgeschäfts ausschaltet. Sekunden später ist der Stand komplett dunkel. Wo gerade noch die Bässe der Musikanlage wummerten und die bunten Lampen flackerten, ist nun Stille. Das Ticketbüdchen ist verschlossen, ein Mitarbeiter Markmanns kehrt davor noch die letzten Müllreste zusammen, während sein Chef die Wartungsarbeiten startet.

Anders machen es die Mitarbeiter des Voodoo-Jumpers. „Wir fegen jetzt hier nur noch schnell und machen alles sauber. Die Wartungsarbeiten stehen dann morgen an, wenn wir fit und ausgeschlafen sind“, sagt Inhaberin Pauline Schäfer. So habe jeder Schausteller seine eigenen Routinen.

Wie lange ein durchschnittlicher Arbeitstag unter Schaustellern ist, können beide nicht genau sagen. „Das ist immer unterschiedlich. Wir arbeiten aber im Schichtdienst, um uns abwechseln zu können, und damit jeder immer 130 Prozent am Fahrgeschäft geben kann“, betont Schäfer. Sie sitzt an den Reglern im Kassenhäuschen. „So Leute, jetzt gibt‘s die letzte Fahrt. Dann ist Fei-er-aaaaabend“, spricht sie im typischen Rekommandierstil in ihr Mikro, während sich die Gondeln mit den letzten Gästen des Abends noch einmal drehen. Kurz darauf gehen auch beim Voooo-Jumper die Lichter aus.

Kontrollen um 1 Uhr morgens

Doch nicht nur die Schausteller und ihre Fahrgeschäfte drehen ihre letzten Runden. Es ist kurz nach 1 Uhr, als auch das Ordnungsamt der Stadt Bonn noch einmal ein letztes Mal Präsenz auf dem Platz zeigt. „Wir kontrollieren unter anderem, ob die für alle geltende Sperrstunde auch eingehalten wird“, erklärt Sascha Zink, Einsatzleiter des Ordnungsamts Bonn. Er leitet an diesem Abend den letzten Kontrolleinsatz. In den meisten Fällen würden sich die Schausteller auch an die Sperrstunden halten. „Doch der eine oder andere vergisst schon einmal die Zeit“, so Zink. Und so ist es auch diesmal: Eine Imbissbude und ein Ausschank haben noch geöffnet und verkaufen nach Beginn der Sperrstunde Essen und Getränke. Als Zink und seine acht Kollegen bei den Betreibern auftauchen, weist er mit ruhiger Stimme auf die Verordnung hin. Am Bierstand trifft er damit auf volles Verständnis. „Wir warten jetzt, bis die letzten Gäste noch ihr Bier ausgetrunken haben und dann ist hier auch wirklich Schluss“, erklärt Zink, während tatsächlich zwei Gäste flott ihre Biergläser leeren.

Auch beim Imbissstand gehen die Rollläden schließlich runter, nachdem Zink und sein Team auf die Sperrstunden hingewiesen haben. „Die hatten noch ein paar Stücke Pizza übrig, die sie noch schnell an eine Gruppe aus dem Bayernzelt verkaufen wollten“, so Zink. „Bevor sie die Reste wegschmeißen müssen, drücken wir auch mal ein Auge zu – aber übertreiben sollte man es nicht.“ Und so ist gegen 1.15 Uhr auch der Pizzastand endlich geschlossen.

Stress am Getränkestand

Stressiger wird es kurz darauf an einem weiteren Getränkestand: Dort feiert noch eine Gruppe von rund 30 Menschen. Auch von der Präsenz des Ordnungsamtes lassen sich die Gäste nicht beirren. Während ein Kollege mit dem Betreiber spricht, funkt Zink seine Kollegen von der Polizei an. Und das ist auch gut so: Denn die Stimmung heizt sich schnell auf. Die Gäste haben kein Verständnis dafür, dass sie jetzt nach Hause gehen sollen. Es wird geschimpft und gestänkert. Erst als zwei Streifenwagenbesatzungen eintreffen, können die Gäste allmählich davon überzeugt werden, Pützchens Markt nun endlich zu verlassen. „Das kommt leider ab und zu auch vor, dass wir die Unterstützung der Polizei anfordern müssen, um die Sperrstunde durchzusetzen. Aber die Nachbarn hier wollen ja schließlich auch irgendwann mal schlafen“, erklärt Zink sein Vorgehen. Gegen zwei Uhr heißt es auch für Zink und seine Kollegen: endlich Feierabend.

Wer am darauffolgenden Tag bereits am frühen Morgen über den Platz läuft, wird feststellen, dass von dem Müll, den Gläsern und ähnlichen Hinterlassenschaften der Besucher des Vorabends nichts mehr übrig ist. Dafür sorgt Bonnorange in der Nacht. Einige Zeit nach Beginn der Sperrstunde treffen sich Einsatzleiter Heinz-Bert Kluth und sein 26 Mann starkes Team zur Reinigung des Rummelplatzes. Mit verschiedenen Einsatzwagen wie Kehrmaschinen, Wasserwagen und Müllwagen verteilen sich die Reiniger über den gesamten Platz und sammeln jeglichen Müll ein.

Wenn Bonnorange Betrunkene weckt

Dabei kommt es schon mal vor, dass der ein oder andere Betrunkene mit vom Platz „gekehrt wird“. „Wir fangen bewusst einige Zeit nach Beginn der Sperrstunde mit unseren Arbeiten an. Wenn noch viele Betrunkene auf dem Platz sind, erschwert uns das die Arbeit“, sagt Kluth. „Die stehen dann hinten auf den Müllwagen oder liegen vorne auf der Kehrmaschine. Dennoch ist es schon vorgekommen, dass der ein oder andere vor Trunkenheit schlafende Gast von einem unserer Wasserstrahlen geweckt wurde“, lacht Kluth.

Müllsäcke werden eingeladen, die Kehrmaschinen fegen den losen Müll zusammen, die Straßen werden mit Wasser gereinigt. Zusätzlich sind mehrere Mitarbeiter unterwegs und fegen all das zusammen, was übrig bleibt. Acht Stunden dauert dies in der Regel – ein voller Arbeitstag. Und doch ist vor der Eröffnung des Marktes am nächsten Morgen alles wieder blitzblank. Die Spuren des Tages wurden beseitigt, die Karussells drehen sich wieder und die Besucher dürfen wieder den Platz stürmen.

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