Konjunkturumfrage für die Region Bonn/Rhein-Sieg Energiepreise, Klimawende und Zinsen bereiten Unternehmern Sorgen

Bonn · Hohe Energiepreise und die Herausforderungen bei Veränderungen hin zu klimafreundlicherem Wirtschaften belasten die Unternehmen, so die Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg. Die aktuelle Geschäftslage bewerten die Unternehmen etwas schlechter als zum Jahresbeginn.

In der regionalen Wirtschaft verhindert Unsicherheit über die weitere Entwicklung einen stärkeren Aufwärtstrend.

In der regionalen Wirtschaft verhindert Unsicherheit über die weitere Entwicklung einen stärkeren Aufwärtstrend.

Foto: Benjamin Westhoff

Hohe Energiepreise und die Herausforderungen des Umbaus der Produktionsprozesse hin zu klimafreundlicheren Wirtschaften belasten die Unternehmen, ergab die neue Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg. Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille berichtete von einer Gießerei aus der Region Bonn/Rhein-Sieg, die ihre Öfen derzeit traditionell mit Koks befeuert. Alternativen zum Kohleprodukt müssten erst noch wirtschaftlicher werden. „Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt und ob unsere Branche in zehn Jahren noch in Deutschland gewollt ist“, habe ihm ein Unternehmensvertreter geschildert, so Hille. Für ihn sei allerdings fraglich, ob es einen Beitrag zum Klimaschutz leiste, wenn Gießereiprodukte künftig nicht mehr in Deutschland, sondern in Teilen der Welt gefertigt würden, wo weniger auf Umweltschutz geachtet werde.

Dementsprechend hat sich die Stimmung der Unternehmer in den vergangenen Monaten nicht weiter verbessert. Nach dem Herbst 2022, der von düsterer Stimmung bei Unternehmen in Bonn und der Region geprägt war, hellte sich die Lage zu Jahresbeginn wieder auf. Dieser Aufwärtstrend hat sich bei der zweiten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg nicht weiter fortgesetzt. Der Konjunkturklimaindex, in dem sich Lage und Erwartungen der Unternehmen spiegeln, bleibt nahe unverändert bei 100 Punkten. Bei 100 gibt es genauso viele optimistische wie pessimistische Aussagen. Die Wirtschaft liegt zwischen Abschwung und Aufschwung. Hille: „Die erhoffte Frühjahrsbelebung bleibt aus, eine tiefe Rezession kann aber wohl auch verhindert werden.“

Ihre aktuelle Geschäftslage bewerten die Unternehmen etwas schlechter als zum Jahresbeginn. Immerhin 28 Prozent bezeichnen diese als gut, 20 Prozent als schlecht. Leicht negativ bleibt der Saldo der Erwartungen für die nähere Zukunft. 20 Prozent rechnen mit einer Verbesserung der Geschäfte, fast 27 Prozent erwarten dagegen einen eher ungünstigen Verlauf.

Entsprechend zurückhaltend bleiben auch die Investitionsabsichten. Jeweils knapp 30 Prozent planen mit einer Erhöhung beziehungsweise Reduzierung der entsprechenden Budgets. „Verunsicherung über den weiteren Weg in Richtung Klimaneutralität und weiter steigende Zinsen behindern eigentlich notwendige Investitionen“, sagt Hille.

„Ein Hauptrisiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sind für 62 Prozent nach wie vor die Energie- und Rohstoffkosten. Zwar hat sich die Inflation etwas verlangsamt, das Preisniveau ist für viele Unternehmen im internationalen Vergleich aber noch immer zu hoch. Von über der Hälfte der Unternehmen werden auch der Fach- und Arbeitskräftemangel und steigende Arbeitskosten als wichtige Risiken benannt“, so Hille. Die Exporte gehen bei 38 Prozent der Unternehmen zurück, nur 17 Prozent erwarten eine Steigerung.

Die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer ergab ähnliche Werte wie zu Jahresbeginn.

Die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer ergab ähnliche Werte wie zu Jahresbeginn.

Foto: GA

Dienstleistungsbranche

Der IHK-Geschäftsklimaindex für die die Region Bonn/Rhein-Sieg prägende Dienstleistungsbranche ging seit Jahresbeginn von 111 auf 102 Punkte zurück. „Insbesondere die Erwartungen für die kommenden Monate haben sich verschlechtert. Dies führt zu einem Ende des Beschäftigungsaufbaus und zu Zurückhaltung bei den Investitionen“, sagte IHK-Konjunkturexperte Michael Schmaus.

Industrie

Der IHK-Geschäftsklimaindex für die Industrie stabilisierte sich bei 105 Punkten. „Damit behauptet sich die Branche trotz schwieriger Rahmenbedingungen und im internationalen Vergleich hohen Energiekosten“, so Michael Schmaus, IHK-Konjunkturexperte. Ihre derzeitige Situation bewerten 28 Prozent als gut und 21 Prozent als schlecht. Verbessert haben sich dagegen die Aussichten für die Zukunft. 24 Prozent erwarten eine Verbesserung der Geschäfte. Die verbesserten Perspektiven wirken sich auf die Entwicklung der Beschäftigung aus. Drei von vier Industrieunternehmen wollen ihren Personalbestand konstant halten. 17 Prozent wollen diesen ausbauen.

Einzelhandel

Das Klima im Einzelhandel ist weiter trübe. Nur noch zwölf Prozent berichten von guten Geschäften. Zu Jahresbeginn lag dieser Wert noch bei 28 Prozent. Die Entwicklung der Umsätze verlief in den letzten vier Monaten für 43 Prozent der Einzelhändler negativ. Etwas verbessert haben sich hingegen die zuletzt sehr pessimistischen Erwartungen für die kommenden Monate.

Informations- und Kommunikationsbranche

Die Informations- und Kommunikationsbranche zeigte sich lange Zeit relativ unbeeindruckt von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg. Jetzt brechen aber auch in dieser Branche offensichtlich schwierigere Zeiten an. Die Erwartungen für die kommenden Monate sind sehr pessimistisch. 38 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung der Geschäfte. Auch die Umsatzentwicklung in den vergangenen Monaten war, wie schon zu Jahresbeginn, von sinkenden Umsätzen geprägt. Im Gegensatz dazu wird die aktuelle Geschäftslage noch vergleichsweise positiv bewertet.

Verkehr und Logistik

Der IHK-Geschäftsklimaindex für den Verkehrs- und Logistiksektor legt zum zweiten Mal in Folge zu und erreicht jetzt 96 Punkte. Ihre aktuelle Geschäftslage beurteilen die Unternehmen jetzt deutlich besser als noch zu Jahresbeginn. 26 Prozent bezeichnen diese als gut und nur noch 21 Prozent als schlecht. Leicht verbessert haben sich auch die Erwartungen für die kommenden Monate. Das sich langsam aufhellende Klima reicht aufgrund der weiterhin bestehenden Verunsicherung noch nicht aus, um positive Effekte auf die Beschäftigtenzahlen und die Investitionstätigkeit zu haben.

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