Günther Oettinger in Brüssel Energischer Kampf des Energie-Kommissars

BRÜSSEL · Das Projekt gilt vielen als Günther Oettingers Bewährungsprobe. Zehn Jahre nach der Liberalisierung des Binnenmarktes und 20 Monate nach Ablauf der Umsetzungsfrist des entsprechenden EU-Gesetzes hat sich für Verbraucher und Unternehmen nur wenig geändert: Die Strom- und Gaspreise steigen weiter.

 Schärfere Gangart: EU-Kommissar Günther Oettinger.

Schärfere Gangart: EU-Kommissar Günther Oettinger.

Foto: dpa

Beide Produkte seien "die Nachzügler auf dem Binnenmarkt", sagte der deutsche Energiekommissar gestern in Brüssel und kündigte zugleich eine schärfere Gangart an. Oettinger: "Wir sind die Ordnungspolizei."

In 19 Fällen habe die Kommission bereits Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weitere könnten folgen. "Wenn es um Gas und Strom geht, interessieren Bürger und Unternehmen zwei Dinge: eine jederzeit sichere Versorgung und erschwingliche Preise. Dieses Ziel erreichen wir am besten mit einem funktionierenden europäischen Energiemarkt."

Davon ist jedoch bisher wenig zu sehen. In acht Mitgliedsstaaten werden noch immer mehr als 80 Prozent der Energieerzeugung von alteingesessenen Unternehmen beherrscht. Das gilt auch für Deutschland, wo Eon, RWE, EnBW und Vattenfall rund 75 Prozent der Versorgung stellen - und das zehn Jahre nach der Freigabe des Marktes.

In Brüssel zeigt man sich verärgert über so viel Halsstarrigkeit und die Tricks der Mitgliedsstaaten, die mit dubiosen Subventionen jede grenzüberschreitende Konkurrenz unterlaufen. So zahlen derzeit noch immer einige Regierungen den Versorgern Hilfe, damit diese Kapazitäten bereithalten, sollten Sonne und Wind mal nicht zur Verfügung stehen.

Mehr oder minder offen kritisierte Oettinger diese Praxis gestern. Man möge doch mal "bitte analysieren", ob es sich wirklich rechne, wenn man mit Steuergeldern in den nationalen Markt eingreife, anstatt grenzüberschreitende Lösungen in Betracht zu ziehen. Zum Entsetzen der Umweltschützer ist bei Oettingers Vorstoß jetzt auch das deutsche EEG-Fördergesetz ins Visier der Kommission geraten.

Bisher darf jedes Land grünen Strom ohne Einschränkungen fördern. Um die junge Ökostrombranche zu stützen, hatte man in Brüssel das Beihilfe-Verbot ausgesetzt. Das Ergebnis aber sei "unbefriedigend", heißt es inzwischen: So habe auch das deutsche EEG zu höheren Strompreisen geführt. Es sei an der Zeit, über die "derzeitige Subventionierung nachzudenken".

Generell müssten europäische Lösungen her, wenn es darum gehe, die Schwankungen von Sonnen- und Windenergie aufzufangen. Wie Oettinger überhaupt der Meinung ist, dass sich praktisch alle nationalen Probleme lösen ließen, wenn man nur dem Egoismus der Mitgliedsstaaten den Garaus mache. Im Europäischen Parlament signalisierte man dem Kommissar bereits Rückendeckung für seine Pläne.

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