Wahl an der Ahr am 28. August Ein Winzer und ein Soldat wollen in Rech Bürgermeister werden

Rech · Die Gemeinde Rech im Kreis Ahrweiler wählt am 28. August einen neuen Bürgermeister. Zur Wahl stehen Winzermeister Thomas Hostert und Berufssoldat Benjamin Vrijdaghs. Welche Ziele haben die beiden für den von der Flut betroffenen Ort?

  Thomas Hostert (links) und Benjamin Vrijdaghs kandidieren für das Amt des Ortsbürgermeisters in Rech.

Thomas Hostert (links) und Benjamin Vrijdaghs kandidieren für das Amt des Ortsbürgermeisters in Rech.

Foto: Martin Gausmann

Gegensätzlicher könnten die beiden Kandidaten für das Amt des Ortsbürgermeisters im Weindorf Rech kaum sein. Da ist zum einen Thomas Hostert (57), Winzermeister und selbstständig. Er wurde in Rech geboren und ist in der Gemeinde aufgewachsen. Er hat Kinder und Enkel im Weindorf. Und er ist Mitglied im Rat der Ortsgemeinde. Der andere Kandidat heißt Benjamin Vrijdaghs (43). Er ist Berufssoldat und seit zwei Jahren in Rech. Er wurde von der Bundeswehr abgeordnet zur Hilfe im Katastrophengebiet. Er ist Mitglied im Krisenstab des Ortes, mit Perspektive auf Versetzung durch die Bundeswehr nach Neu-Delhi in zwei Jahren. Im Weingut Sankt Nepomuk in Rech stellten sich die beiden jetzt der Öffentlichkeit vor. Niki Kozisek, der für Rech das Projekt „Kalte Nahwärme“ voranbringt, moderierte die Veranstaltung.

Kozisek hatte Fragen zur Person der Kandidaten und zu ihren Vorstellungen für die Zukunft Rechs, auch Publikumsfragen, gesammelt. Als Pluspunkte für seine Kandidatur führte Hostert seine Kenntnis des Ortes an. „Vieles ist mir vertraut, ich kenne auch die früheren Probleme, ich kenne Vorhaben, die jetzt umgesetzt werden könnten, etwa der zweispurige Ausbau einer Brücke“, sagte er. Zur Umsetzung aller Pläne würden die beiden letzten Jahre der derzeitigen Wahlperiode nicht ausreichen, sagte er, daher werde er in zwei Jahren erneut für das Amt des Ortsbürgermeisters kandidieren. „Ich weiß, was der Ort braucht und was gewünscht wird“, ohne Unterstützung durch Planungsbüros, durch den Kreis und die Verbandsgemeinde würde allerdings nichts realisiert werden können. „Man sieht schon jetzt, wie sich alles in die Länge zieht“, stellte er fest. „Direkt nach der Flut gab es einen guten Zusammenhalt im Dorf, das sollten wir als Positives mitnehmen.“

Kandidaten loben den Zusammenhalt im Ort

Von Tag eins nach der Flut habe er angepackt, für Brauchwasser gesorgt, damit die Häuser in Rech vom Schlamm befreit werden konnten, so Hostert. Er arbeite im Rat, spreche mit den Menschen. Seiner Meinung nach müsse der Maßnahmenkatalog für Rech überprüft und wohl auch erweitert werden. Mehr als 60 Maßnahmen seien aufgelistet, 40 davon noch nicht einmal begonnen. Als Selbstständiger habe er sein Weingut geführt, dazu seien Entscheidungskraft und Flexibilität erforderlich, man dürfe sich nicht vor Aufgaben scheuen, seit mehr als 20 Jahren arbeite er mit im Verkehrsverein des Weindorfs.

Berufliche Erfahrungen führte auch Vrijdaghs als gute Voraussetzungen fürs Bürgermeisteramt an. Er lebt seit zwei Jahren in Rech, wollte nach der Flut schnell helfen. Seit 1998 gehört er der Luftwaffe der Bundeswehr an, war in unterschiedlichen Ländern stationiert, habe dort gelernt zu organisieren, Kontakte aufzubauen und zu nutzen, gab er an. Den Zusammenhalt im Weindorf bezeichnete er als „noch immer sehr groß“. Die Tage und Monate nach der Flut habe das Dorf gut gemeistert, stellte er fest, aber „mittlerweile werden wir von Bürokratie überschüttet“.

Kalte Nahwärme und Versorgung mit Glasfaserkabeln nannte er als Chance bei der Aufarbeitung der Katastrophe. „Im Falle einer Wahl werde ich alle Behörden zusammentrommeln, fragen, warum es nicht weitergeht oder nur langsam vorankommt“, kündigte er an. „Lasst uns gemeinsam Ideen entwickeln zu Themen wie unserem Waldkindergarten, der Brücke, einem Zebrastreifen auf der Bundesstraße.“ Ein Bürgermeister für Rech müsse zunächst seine gesamte Kraft in den Wiederaufbau stecken, danach sei ein „klassischer Ortsbürgermeister“ gut fürs Dorf.

Die Gemeinde braucht mehr Personal

Bis Ende 2022 habe die Bundeswehr ihn ganz zur Hilfe in Rech abgestellt, sagte Vrijdaghs, er habe den Krisenstab aufgebaut und dabei „nichts gemacht, als meine Kontakte zu aktivieren“. Gespräche mit Dorfplanerin Christiane Hicking hätten stattgefunden, auch mit der von Arenbergischen Verwaltung, die großen Grundbesitz in Rech betreut. Bei seiner Arbeit in Rech habe er Menschen gefunden, die helfen können und Informationen weitergeben.

Bei der Beantwortung der Publikumsfragen waren sich die Kandidaten einig, dass die Gemeinde mehr Personal braucht und verlässliche Sprechzeiten im Gemeinde-Container vorgehalten werden sollten. Die Verbesserung der Kommunikation im Ort war eines der Anliegen der Bürger. Dass ein Bürgermeister in der derzeitigen Situation Hilfe braucht, waren sich die Kandidaten einig. Hostert ist überzeugt, Hilfe zu finden, wenn er Menschen anspricht. Vrijdaghs gab an, dass bereits fünf Personen Hilfe zugesagt hätten, notfalls werde er weitere hinzuziehen können.

Vrijdaghs plant Weggang nach Indien

Leichte Kritik kam beim Thema Aufbaugesellschaft Mittelahr (AöR) auf, die zwar von den drei Gemeinden Dernau, Rech und Mayschoß ins Leben gerufen worden ist, bei deren Geschäften sich Rech jedoch offenbar manchmal übergangen fühlt. Man müsse sie weiterentwickeln, sagte Vrijdaghs, sie dürfe für Rech nicht nur mehr Arbeit und Kosten verursachen.

Zur Verbesserung der Kassenlage des hoch verschuldeten Weindorfs ohne Gewerbegebiet hatten die Kandidaten wenig Rat. Von Wohnmobilstellplätzen war die Rede, von der Vermietung eines Hauses, außerdem solle eine gesunde Struktur für die Tourismusunternehmen geschaffen werden. Gefragt wurde nach der Sankt-Nepomuk-Brücke, die als Ruine in der Ahr steht. „Die Brücke muss leider weg, darum müssen wir die Kirche Sankt Luzia als zweites Denkmal des Dorfes noch mehr schützen“, sagte Vrijdaghs. Nach seinem Weggang nach Indien will er seine Heimatbasis in Rech behalten. Bis zur nächsten Kommunalwahl will er für das Weindorf arbeiten, und als Bürgermeister andere aufbauen, die die Aufgabe übernehmen könnten.

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