Königswinter, so lustig wie selten „Nicht davor nicht dahinter“ feiert das Rimini am Rhein

Königswinter · Das Schauspielensemble des Königswinterer Vereins „Nicht davor nicht dahinter“ zeigt die Premiere ihres Heimatmusicals im Stadttheater.

 Ein Staudamm in Höhe Rhöndorf? Die Pläne sorgen bei den Figuren von (v.l.) Gilly Alfeo, Tom Simon und Nessi Tausendschön für Diskussionsstoff.

Ein Staudamm in Höhe Rhöndorf? Die Pläne sorgen bei den Figuren von (v.l.) Gilly Alfeo, Tom Simon und Nessi Tausendschön für Diskussionsstoff.

Foto: Frank Homann

Ein „Rimini am Rhein“ soll Königswinter werden, ein Treffpunkt der Reichen und Schönen – jedenfalls, wenn es nach dem 200-Millionen-Projekt „Königswinter 4.0“ eines holländischen Investors geht. Und der als Rudi van de Fietsenfutt mit niederländischem Akzent agierende Tom Simon preist die Jahrhundertidee an, die es freilich nur auf der Bühne des einstigen und renovierten Stadttheaters von Königswinter gibt. Eigens für die Aufführung des „Heimatmusicals in verschiedenen Sprachen – Nicht Davor Nicht Dahinter“ unter der Regie von Tony Dunham wurde das Gebäude von der aktuellen Boutiquennutzung wieder in den Theatermodus versetzt.

Sonnenkollektoren statt Weinbau

Aber was versteckt sich hinter „Königswinter 4.0“? Schauspieler Tom Simon alias Rudi klärt das Premierenpublikum im ausverkauften Haus auf: „Königswinter 4.0 sorgt dafür, dass hier die erste klimaneutrale Stadt von Deutschland, von Europa und sogar der ganzen Welt entsteht.“ Die Königswinterer kümmern sich in ihrem Heimatmusical um Klimaneutralität.

Um deren Zukunft sieht es allerdings gar nicht rosig aus: Um Windkrafträder aufstellen zu können, muss der Drachenfels freigelegt werden, statt Weinbau werden Sonnenkollektoren installiert und ein großer Staudamm in Höhe Rhöndorf soll ein riesiges Trinkwasserreservoir generieren mit immens positiven Auswirkung auf den Tourismus, so „Königswinter-4.0-Macher“ Rudi. Wenn das keine Idee ist … Zumal: Nessi Tausendschön als Klimaforscherin Gerlinde von Gillehofen grünes Licht gibt – „umwelttechnisch unbedenklich“ lautet ihre Expertise.

Aber: Pläne scheitern schon mal an Bürgern. Fatih Çevikkollu taucht als Cem - Jimmy- Çiftçi von der Bürgerinitiative „Wir sind KÖWI“ auf und kanzelt das Vorhaben nach Strich und Faden ab. Eine freilich fiktive Bürgerversammlung findet statt mit Gilly Alfeo als Moderator mit italienischem Timbre. Als wäre das nicht alles schon turbulent genug, kommen auch noch verzwickte Altlasten aus den 1980er Jahren hinzu. Damals finanzierte Gerlinde unter dem Pseudonym Gerti Gertenschlank ihr Studium als Sängerin in der Kakadu-Bar und die Herren hatten ein Auge auf sie geworfen. Was hilft da? Lieder wie „Nur nicht aus Liebe weinen“ oder „Don’t cry for me Königswinter“. Der Alevitinnen-Chor ließ mit dem Gassenhauer „Es war in Königswinter“ das Publikum schunkeln. Für die Klänge sorgten die Musiker Markus Quabeck, Matthias Höhn und Klaus Mages und Komponist Johannes Kuchta. Um die Technik kümmerte sich Uli Hoppert.

Nach der Pause ging es im städtischen Bauamt mit den typischen Beamten weiter. Und die Akteure werben in der Bürgerversammlung noch einmal mit Verve für Pro oder Contra. Und bei der Abstimmung ist sogar noch das Publikum gefragt.

Nedim Hazar, Produzent und Autor – mit Robert Griess zusammen – hatte das Premierenpublikum zunächst begrüßt und darauf aufmerksam gemacht, dass das Leben die Story fast überholt hätte - die Idee von „Königswinter 4.0“ umfasse schließlich ein Deichbauprojekt am Rhein. Als das Musical entstand, sei jedoch die Katastrophe an der Ahr noch unvorstellbar gewesen. „Wir haben uns trotzdem entschieden, das Stück so zu belassen.“

Die beiden weiteren Vorstellungen sind bereits ausverkauft. Heimatmusical – das hatte die Königswinterer wohl neugierig gemacht.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.nichtdavornichtdahinter.de

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