35 Jahre alter Mordfall vor Gericht Angeklagter im Fall Claudia O. behauptet Unschuld

Lohmar/Bonn · 35 Jahre nach dem Mord an Claudia O. aus Lohmar eröffnete das Bonner Landgericht nun den Prozess gegen einen Tatverdächtigen. DNA-Spuren gaben Hinweis.

Der Angeklagte im Fall Claudia O. am ersten Prozesstag vor dem Bonner Landgericht.

Der Angeklagte im Fall Claudia O. am ersten Prozesstag vor dem Bonner Landgericht.

Foto: Peter Kölschbach

Der Mord an Claudia O. konnte nie aufgeklärt werden: Am 9. Mai 1987 wurde die Wirtstochter tot und gefesselt in ihrem Bett aufgefunden. Erst zwei Wochen zuvor hatte die 23-Jährige ihre Hoteliers-Ausbildung abgeschlossen und war in die Einliegerwohnung im ersten Obergeschoss des von ihren Eltern betriebenen Ausflugslokals Naafshäuschen in Lohmar gezogen. Schnell geriet ein Stammgast ins Visier der Ermittler; ihm konnte aber nichts nachgewiesen werden. Seit diesem Donnerstagmorgen steht der inzwischen 66-Jährige wegen eben dieses 35 Jahre zurückliegenden Verbrechens vor dem Bonner Landgericht.

Mord aus Habgier und zur Verdeckung einer Straftat lautet die Anklage. Der Mann saß bereits von 1988 bis 2020 wegen eines anderen Mordes im Gefängnis: Im November 1989 war er zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil er die Mutter und den 15 Monate alten Sohn eines Unternehmers aus dem Sauerland erwürgt hatte. Er hatte das Kleinkind entführt und wollte Lösegeld von der Familie erpressen. Nach über 32-jähriger Haft wurde der Doppelmörder im Jahr 2020 auf Bewährung entlassen. Bis zu seiner erneuten Verhaftung in diesem Frühjahr führte er im ostwestfälischen Detmold ein fast schon beispielhaftes Leben. Der gelernte Maurer und Betonbauer fand einen Job als Berater, mit dem er seine Rente aufstockte, und in der Freizeit fuhr er regelmäßig mit dem E-Bike zu seiner Partnerin.

Hinweis aus Gen-Material

Der Mann geriet bereits kurz nach dem Verbrechen in den Fokus der Ermittler, die Tat wurde ihm aber nie nachgewiesen. Wiederaufgeflammt ist der neudeutsch als „Cold Case“ bezeichnete Fall, weil die Ermittler neue Erkenntnisse über alte DNA-Spuren gewannen. Wohl an einer Hautschuppe anhaftendes Genmaterial, auf das die Ermittler bereits vor fünf Jahren stießen, passte zu dem 66-Jährigen. Ein daraufhin ergangener Haftbefehl wurde aber wieder aufgehoben, nachdem sich herausstellte, dass es noch eine weitere Spur eines Unbekannten gab. Diese DNA konnte aber zwischenzeitlich einem Mitarbeiter des Landeskriminalamts zugeordnet werden und so waren sich die Bonner Staatsanwälte im April schließlich sicher genug, den Mann nun auch wegen des 35 Jahre zurückliegenden Mordes anzuklagen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte von dem Opfer überrascht wurde, als er das Gebäude durchsuchte. In einem geöffneten Safe fehlten die Tageseinnahmen in Höhe von rund 6100 Mark.

Der Medienauflauf zum Verfahrensauftakt toppte sogar die schlagzeilenträchtigen Verfahren rund um die Milliardenbetrügereien mit den sogenannten Cum-Ex-Geschäften: „An der Beweislage hat sich seit 2017 nichts geändert“, sagte der Verteidiger Uwe Krechel noch vor Prozessbeginn in eine ganze Armada von Fernsehkameras. DNA sei kein Beweismittel. Es lägen folglich keinerlei neue Erkenntnisse zu dem Verbrechen vor. „Mein Mandant möchte erklären, dass er die angeklagte Tat nicht begangen hat“, so Krechel vor Gericht. Weitere Aussagen wolle dieser am ersten Tag allerdings noch nicht machen.

Krechel hingegen hatte viel zu sagen: Anstand sei das Wichtigste, das er sich vom Verfahrensverlauf erhoffe, sagte der Strafverteidiger in einem Vortrag, den er dem Gericht noch vor der Unschuldserklärung seines Mandanten hielt. Dieser habe eine mediale Vorverurteilung sondergleichen erfahren. Das Verfahren wurde dann mit der Sichtung der 35 Jahre alten Ermittlungsunterlagen fortgeführt. Der Angeklagte verfolgte die Verhandlung mit stoischem Blick. Beim Betrachten der alten Tatort-Bilder zeigte der grauhaarige alte Herr keinerlei Gefühlsregungen.

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