Vor der Kommunalwahl Viele Baustellen in Sankt Augustin bleiben noch länger bestehen

Sankt Augustin · Die Stadt Sankt Augustin hat ihr Gesicht in den vergangenen Jahren stark verändert – vor allem im Zentrum. Und der Wandel geht weiter. Nicht alles können die Kommunalpolitiker im neuen Rat jedoch selbst entscheiden.

 Der Karl-Gatzweiler-Platz in Sankt Augustin soll aufgewertet werden. Inzwischen allerdings nur noch in einer abgespeckten Version.

Der Karl-Gatzweiler-Platz in Sankt Augustin soll aufgewertet werden. Inzwischen allerdings nur noch in einer abgespeckten Version.

Foto: Meike Böschemeyer/MEIKE BOESCHEMEYER

Sankt Augustin ist in stetigem Wandel. In den vergangenen Jahren hat die Stadt ihr Gesicht grundlegend verändert. Huma-Neubau, Technisches Rathaus, Tacke-Areal, Ost-West-Spange oder die Erweiterung der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: Vor allem das Zentrum ist so Stück für Stück urbaner geworden.

Deutliche Veränderungen gab es nach der Kommunalwahl 2014 auch im Rat. Die CDU blieb zwar stärkste Kraft, fand aber keinen Partner mehr. Zuvor hatte sie mit der FDP kooperiert. Stattdessen starteten SPD, Grüne und FDP eine neue Form der sachbezogenen Zusammenarbeit. Gemeinsam mit der Linken oder der Wählerinitiative Aufbruch konnten sie so häufig ihre Themen durchsetzen.

Das brachte oft intensive Diskussionen mit sich. Streitthema war etwa die Bebauung der Fläche des alten Bauhofs zwischen Südstraße, B 56 und Bahntrasse. Es ging vor allem um die Zufahrt zum Gelände. Zum Polit-Spektakel avancierte die Debatte um die Personalie des ehemaligen Beigeordneten Marcus Lübken, der inzwischen Geschäftsführer der Wasserversorgungsgesellschaft der Stadt ist.

Bürgermeister tritt nicht mehr an

Kritik musste auch Bürgermeister Klaus Schumacher, der nun nach 21 Jahren nicht mehr antritt, einstecken – besonders heftige 2016 beim Bau der Flüchtlingsunterkunft am Schützenweg, bei der es Baumängel und Fehler in der Vergabe gegeben hatte. Geschlossenheit demonstrierten die Parteien im Rat und die Verwaltung beim Kampf gegen die Schließung der Asklepios Kinderklinik und bei der Resolution zur Verkleinerung der Landesunterkunft für Flüchtlinge (ZUE) nach dem Corona-Ausbruch.

Debattenreich dürften die kommenden fünf Jahre wieder werden. Auch Baustellen gibt es in der Stadt noch ausreichend, die es weiterhin abzuarbeiten gilt – trotz klammer Kassen. Die Stadt ist noch bis 2022 im Haushaltssicherungskonzept, ein Ende des Sparkurses ist vermutlich auch danach nicht abzusehen.

■ Zentrum: Viel ist bereits passiert, an der einen oder anderen Stelle hakt es aber noch. Etwa bei der Umgestaltung des Karl-Gatzweiler-Platzes, der auch die neu gewählten Ratsvertreter beschäftigen wird. Ursprünglich sollten die Arbeiten für das 3,7-Millionen-Euro-Projekt bereits laufen und die obere Ebene deutlich breiter werden inklusive Sitztreppe, die zum Verweilen einlädt. Nun gibt es davon nur eine abgespeckte Version, da sich bei zwei Ausschreibungen keine oder lediglich zu teure Bewerber fanden. Läuft jetzt alles rund, ist der Baubeginn für das zweite Quartal 2021 vorgesehen.

Die Zeit drängt: Sonst gehen der Stadt bereits genehmigte Fördergelder verloren. Geld von Land und Bund möchte die Verwaltung auch nutzen, um die Südstraße umzubauen und sie fußgänger- sowie fahrradfreundlicher zu machen. Ein erster Förderantrag im vergangenen Jahr fand jedoch keine Berücksichtigung. Auf der Zielgeraden ist nach einigen Verzögerungen der Umbau des Jugendzentrums an der Bonner Straße. Der Neubau soll ab Oktober, der Altbau ab Ende Januar nutzbar sein.

In den kommenden fünf Jahren steht dann die Vermarktung der weiteren Filetgrundstücke im Zentrum an – von den Baufeldern MI 1 bis 3 entlang der Rathausallee bis zum sogenannten Butterberg zwischen Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und Siegstraße.

■ Kitas und Schulen: Sanierungsstau und Platzmangel prägen das Bild an einigen Sankt Augustiner Bildungseinrichtungen – von den Schultoiletten bis zu den Mensen. Ein Dauerbrenner ist das Rhein-Sieg-Gymnasium. Bereits seit 2012 ist ein Teil des Unterrichts in Container ausgelagert, da das alte Staffelgeschoss aufgrund baulicher Mängel gesperrt ist.

Einiges hat sich dort in den vergangenen Jahren bereits getan: Die Chemie- und Physikräume sind erneuert, das Foyer und die Turnhalle saniert. In den kommenden Jahren soll ein Erweiterungsbau mit Mensa weitere Abhilfe schaffen.

Schul- und Kita-Themen beschäftigten die Kommunalpolitiker für zahlreiche Sitzungsstunden. So forcierten sie den dringend nötigen Ausbau der Kindertagesstätten. Zahlreiche Projekte wurden angestoßen, bei der schnellen Umsetzung hapert es jedoch häufig. Bis 2030 rechnet die Verwaltung mit 138 benötigten Kita-Gruppen, mit Stand August 2019 gab es 105 in Sankt Augustin. Der weitere Ausbau wird die Stadt auch in Zukunft vor erhebliche Herausforderungen stellen.

■ Wohnen und Mobilität: Sankt Augustin ist beliebt, das macht sich bei den Bevölkerungszahlen bemerkbar. Und auf dem Wohnungsmarkt. Besonders bezahlbare Immobilien für junge Menschen, große Familien und Senioren sind knapp bemessen. Ebenso wie geeignete Flächen für Wohnungen, besonders öffentlich geförderte oder mietpreisgedämpfte – wie sie derzeit etwa die GWG Rhein-Sieg-Kreis an der Rathausallee baut. Flächenmäßig ist die Stadt fast an ihren Grenzen angelangt. Auch deshalb setzt die Verwaltung auf die Entwicklung des neuen Baugebiets auf dem ehemaligen Gärtnereigelände in Menden. Dort sollen rund 190 Wohnungen entstehen, 15 Prozent davon öffentlich gefördert.

Bei all der Flächenverdichtung gilt es, den Klimaschutz weiter im Blick zu behalten. Dabei rücken auch begrünte Dächer und Fassaden in Zukunft stärker in den Fokus. Ebenso wie neue Mobilitätskonzepte. Die Mobilstation im Zentrum, die seit Juli 2018 Stadtbahn, Bus und Car­sharing verknüpft sowie ein Fahrradparkhaus bietet, ist ein Anfang. Gerade beim Thema Radverkehr gibt es in der Stadt aber noch deutlichen Nachholbedarf.

■ Kinderklinik und ZUE: Die Zukunft der Asklepios-Kinderklinik liegt zwar nicht in der Hand der Stadt Sankt Augustin, für die Kommune ist sie aber von großer Bedeutung. So ist es nicht verwunderlich, dass der Rat sich im vergangenen Jahr in einer Resolution deutlich gegen die Schließung ausgesprochen hat. Die hatte der Konzern 2019 ins Spiel gebracht und dafür Mittel aus dem Krankenhausstrukturfonds des Landes beantragt, nachdem zahlreiche Ärzte und weitere Mitarbeiter des Deutschen Kinderherzzentrums die Klinik verlassen hatten. Es folgten Online-Petitionen und Demos, bei denen Bürger und Bündnisse für den Erhalt kämpften. Die Zukunftsfrage ist auch mehr als ein Jahr nach der Ankündigung des Konzerns weiter offen, der Klinikbetrieb läuft unterdessen weiter.

Kaum direkten Einfluss hat die Stadt auf die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Flüchtlinge des Landes, die seit ihrer Einrichtung 2015 immer wieder Diskussionsthema ist. Zuletzt, als Politiker aufgrund der Corona-Pandemie eine geringere Belegung forderten. Grundsätzlich bietet das Bürogebäude bis zu 600 Menschen Platz, der Überlassungsvertrag mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für die ehemalige Medienzentrale läuft noch bis Ende Oktober 2025.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort