Saunameister aus Siegburg gibt Einblick Wie der Sauna-Betrieb unter Pandemie-Bedingungen läuft

Siegburg · Zwischen den Jahren fliehen manche Menschen in den Urlaub, andere suchen die Wärme einer Sauna auf. Saunameister Gilbert Lemmerz verrät, für wie viele Aufgüsse am Tag er fit sein muss.

 Saunameister Gilbert Lemmerz ist die hohen Temperaturen, wie hier in der Panorama-Sauna, gewohnt.

Saunameister Gilbert Lemmerz ist die hohen Temperaturen, wie hier in der Panorama-Sauna, gewohnt.

Foto: Rosanna Großmann

An besonders kalten, bewölkten und dunklen Tagen, an denen die Füße einfach nicht warm werden wollen, träumen sich viele an einen wärmeren Ort. Vielleicht an einen Strand, an dem die tropischen Vögel aus den Palmen rufen. Oder aber, viel näher und auch viel leichter zu erreichen: die Sauna. Gerade an den freien Tagen um den Jahreswechsel locken die heißen Holzbänke, der wüstenwindstarke Aufguss und das gemächliche Fußbad bei der Zeitungslektüre oder bei einem netten Plausch. Die Marivent-Sauna im Wellness-Park ist derzeit in Siegburg Anlaufpunkt Nummer eins für Hitzesuchende. So lange es möglich ist, hält Gilbert Lemmerz den Betrieb am Laufen.

An einem ruhigen Vormittag, kurz bevor die ersten Gäste kommen, führt der Saunameister durch die mediterran eingerichteten Räume an der Zeithstraße. „Das ist hier kein großes Einzugsgebiet“, erzählt Lemmerz, „85 Prozent der Menschen, die herkommen, sind Stammgäste.“ Mitten in der großen, mit Mosaiken gefliesten Eingangshalle steht ein hoher Kerzenständer. Die Wände sind in warmen Farben gestrichen. Auf dem Weg zu den ersten Saunen tauchen die Marivent-Besucher schon ein in das südliche Flair. Der erste Aufguss des Tages, um 12 Uhr, heißt „Guten Morgen Marivent“. „Das bedeutet schlicht: Ich suche den Duft aus“, erklärt Lemmerz grinsend.

Saunen müssen 80 Grad heiß sein

Seit beinahe 20 Jahren, seit dem ersten Tag, ist der 53-Jährige der Betreiber der Sauna im von der Familie Hoffmann geschaffenen Wellness-Park. „Was unser Haus ausmacht, ist eigentlich das Gesamtpaket“, erzählt Lemmerz nicht ohne Stolz. Dazu gehören auch Massagen, ein Fitnessstudio, ein Sportverein, das Kubana Restaurant und der Live-Club. Jeden Tag ab 17 Uhr können Saunagäste im Bademantel die Gerichte aus dem Kubana bestellen; im Speiseaufzug kommt der Teller dann nach oben gefahren. Vor dem Saunieren zum Sport – auch kein Problem. „Unsere Kunden können hier den ganzen Tag verbringen“, so Lemmerz.

Die Pandemie, die unter anderem dem Live-Club einen ordentlichen Strich durch die Rechnung macht, erschwerte bereits ebenso den Saunabetrieb. Nach langer Schließung im vergangenen Winter kämpfen sich Lemmerz und seine Mitarbeiter in diesem Jahr tapfer durch. „Das war besonders schlimm für Alleinstehende“, erinnert sich der Lohmarer, „die Menschen kommen ja auch in die Sauna, weil sie Kontakt suchen.“ Jetzt ist die Personenzahl in den Saunen begrenzt, die Dampfsauna bleibt ganz geschlossen. Gleiches gilt für das Kneipptauchbecken und das normalerweise mit Crushed Ice gefüllte Eisbecken. Spezial-Aufgüsse mit Peelings oder Lebensmitteln sind verboten, zudem müssen alle Saunen nun aus hygienischen Gründen auf mindestens 80 Grad Celsius erhitzt werden. „Für viele ist gerade das traurig“, erzählt Lemmerz. „Die Bio-Sauna, die sonst 60 Grad hat, war für Menschen mit Rückenleiden oder Kreislaufproblemen besonders gut.“ Zum zweiten Mal wurde auch in diesem Jahr die Silvester-Saunanacht abgesagt.

Zu lange in der Hitze

Eine geschwungene Treppe führt ins Obergeschoss. Gilbert Lemmerz öffnet die Holztür zur Panorama-Sauna. In der gemütlichen Hitze haben Saunierende dort einen weiten Ausblick, über die Dächer der Stadt, zur über ihr thronenden Abtei und bis ins Siebengebirge. Nach dem Saunagang verspricht die Dachterrasse Abkühlung, ein Ruheraum bietet Liegen zur Entspannung. Zurück im Erdgeschoss geht es, am Whirlpool und am beheizten Außenpool vorbei, mittels Fahrstuhl in den tieferliegenden Saunagarten. „Im Sommer halten sich ein paar Leute lange hier auf“, deutet der Saunameister auf die noch verwaisten Liegestühle. „Hier haben wir die Kelo-Sauna, mit 92 Grad unsere heißeste Aufguss-Sauna“, erklärt er. „Das Kelo-Holz wird auch in der russischen Banja verwendet und schafft ein schönes Klima.“

11 Uhr, es wird Zeit, für die eintreffenden Badegäste Platz zu machen. Im Restaurantbereich der Sauna zapft Lemmerz einen heißen Cappuccino. „Der Saunameister muss alles können“, kommentiert er lächelnd. Auch Erste Hilfe. „Etwa einmal in der Woche muss ich jemandem helfen, den Kreislauf wieder zu stabilisieren“, erzählt der Lohmarer. „Die regenerieren sich aber meist schnell. Da die Plätze beim Aufguss begrenzt sind, gehen viele schon zu früh rein und sitzen dann zu lang in der Sauna.“

Saunieren als Jungbrunnen

Auch für den 53-Jährigen selbst ist so eine Arbeitsschicht Trainingssache: Sechs bis sieben Aufgüsse führt Lemmerz pro Schicht durch. Dafür macht er auch regelmäßig Sport. Während des Aufgusses wird die Hitze durch die Feuchtigkeit auf den heißen Steinen als stärker empfunden. Lemmerz steht dann in der Mitte der Sauna und verwedelt die Dämpfe mit einem Handtuch – eine anstrengende körperliche Arbeit bei den Temperaturen. Jetzt kann er den Gästen zum „Abstreifen“ des Windzugs leider nicht mehr so nahe kommen, pandemiebedingt.

Vor dem ersten Aufguss des Tages bereitet Lemmerz sich vor, trinkt Wasser, isst etwas. Das gefragteste Getränk bei den Gästen sei, neben Kaffee und Tee, tatsächlich erfrischendes Weizenbier, berichtet er. „Das ist so ein schöner Beruf“, schwärmt der Saunameister an seinem Stammtisch neben der Theke. „Ich erlebe so eine Vielfalt, arbeite mit Menschen – ich würde nichts anders machen.“ Ein paar Tipps hat der Experte auch noch an der Hand: „Saunieren ist wie Sport, man hat Tagesformen und sollte auch auf seinen Körper hören.“ Als erste Abkühlung nach dem Saunagang sei ein Spaziergang an der Luft das richtige, und auch danach sollte man nicht sofort eiskalt duschen, sondern erstmal lauwarm. Und: „Saunieren hält jung. Eine 80-Jährige, die regelmäßig in die Sauna geht, wirkt wie eine 60-Jährige.“ Jetzt müsse er sich aber beeilen: Die Stammgäste warten auf ihren Guten-Morgen-Aufguss.

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