Mit Skype, Whatsapp & Co. Bornheimer Musikschule gibt Unterricht per Video

Bornheim · Die Bornheimer Musikschule geht in der Corona-Krise neue pädagogische Wege. Um Abstand zu wahren, gibt es Unterricht dort aktuell nur per Video und Telefon. insgesamt 1360 Schüler machen mit.

 Klavierlehrerin Ruth Metzner unterrichtet Schülerin Lotta Gutekunst im Moment via Skype.

Klavierlehrerin Ruth Metzner unterrichtet Schülerin Lotta Gutekunst im Moment via Skype.

Foto: Matthias Kehrein

Ruth Metzner sitzt im Klavierzimmer der Bornheimer Musikschule, neben sich hat sie einen Laptop aufgebaut. Auf dem Bildschirm erscheint die achtjährige Lotta – vor ihr ihr eigenes Klavier, im Hintergrund das Wohnzimmer ihrer Eltern in Merten. Die Grundschülerin wartet auf den Beginn ihres Musikunterrichts. Während der Corona-Krise erhält Lotta ihren Klavierunterricht via Skype.

Seit der Schließung der Schulen Mitte März gehen die 48 Lehrer der Bornheimer Musikschule pädagogisch neue Wege – gezwungenermaßen. Unterricht für Blas-, Tasten- und Saiteninstrumente sowie Ballettstunden werden digital über Skype, den Videochat von Whatsapp, aufgenommene Videos oder per Telefon gegeben. Der Online-Unterricht kommt bei Kindern, Jugendlichen, deren Eltern und erwachsenen Schülern gut an: Rund 85 Prozent der 1600 Musikschüler machen von Anfang an mit.

„Den Unterricht ausfallen zu lassen, kam für uns gar nicht infrage, denn das Bedürfnis nach musikalischer Betätigung war ja da. Meine Schüler sind sogar besser geworden, denn sie haben mehr Zeit zum Üben“, hat Schulleiterin und Geigenlehrerin Mary Schirilla in den vergangenen Wochen immer wieder festgestellt.

Anschauen und nachspielen

An die „Klavierstunde auf Distanz“ hat sich Lotta mittlerweile gewöhnt. Bei den Übungen zum Hörverständnis schaut sie auf den Bildschirm, beobachtet den Tastenanschlag ihrer Lehrerin und spielt die Töne nach. „Ich finde es schade, dass wir nicht mehr zu dritt spielen können. Der gegenwärtige Unterricht ist aber okay“, sagt Lotta, die ihre Stunden zuvor gemeinsam mit Andrej Friesen hatte. Mutter Miriam Gutekunst genießt den Online-Unterricht, denn „so erlebe ich mein Kind auch einmal in einer Unterrichtssituation und sehe den Verlauf der Stunde“.

Alle Schüler erhalten zurzeit Einzelunterricht – häufig spielen die Lehrer Videos ein, die sie verschicken. Diese wiederum studieren die Schüler ein. Die eingesendeten Einspielungen können die Lehrer dann in Ruhe korrigieren. Auch die Ballettgruppen werden mit selbst gedrehten Workouts, Dehnübungen und kleineren Tänzen versorgt, die Früherziehungsgruppen wiederum mit vorgesungenen Liedern, Bastelanleitungen, Musikrätseln und Arbeitsblättern zum Ausmalen.

„Manchmal ist es erforderlich, dass ich Stücke am PC mit einem Notenschreibprogramm umschreibe, um Tonart, Noten oder Rhythmusfolge für den jeweiligen Schüler zu vereinfachen und passend zu machen. Bei 30 Schülern, die ich jetzt individuell betreue, ist die Vorbereitung zeitlich schon aufwendig. Der Vorteil ist, dass ich jetzt mehr auf die Schwächen und Stärken der Schüler eingehen kann“, berichtet Metzner.

Unterricht auch übers Telefon

Nicht alle Lehrer sind so technikaffin wie die Kölnerin. So läuft der Unterricht bei Almut Waleczek (Klavier) und Martin Draaf (Gitarre) nicht über Computer oder Smartphone, sondern per Telefon – für Angela Gawenda und ihren 16-jährigen Sohn Linus – beide erhalten Gitarren- beziehungsweise Klavierunterricht – ein eher ungewöhnliches Experiment, das letztlich bestens funktioniert. „Ich war zu Anfang ein wenig skeptisch. Aber mein Lehrer hört bei meinem Vorspiel so intensiv zu, dass er mich sogar nach meinem Fingersatz bei Takt 37 gefragt hat“, sagt Angela Gawenda.

Für Schirilla hat die Krisensituation auch ihre positiven Seiten, zeigen sich durch sie doch ihre Lehrer in der pädagogischen Vermittlung besonders kreativ und innovativ. Als fruchtbar bezeichnete die Chefin auch den ständigen Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit aller Musikschulen im Land. Jetzt schon liegen in Bornheim Anfragen potenzieller Schüler nach digitalem Unterricht auch nach Corona vor, sagt sie.

Einen reinen Online-Unterricht sieht Schirilla hingegen kritisch: „Online-Unterricht ist praktisch, wenn der Lehrer zum Beispiel bei einer Veranstaltung im Ausland ist und seine Stunden nicht ausfallen lassen möchte. Aber er ersetzt keinen Face-to-Face-Unterricht.“ Sie freut sich jetzt schon auf ihre erste Orchesterprobe mit ihrem Musikschulensemble und hofft auf die Wiederaufnahme des regulären Betriebs parallel zum anvisierten Schulstart Anfang Mai: „Wir werden dann in den Klassenzimmern Striche markieren, um Grenzen zwischen Schüler und Lehrer zu ziehen, fünf-Minuten-Pausen zwischen den Einzelstunden einlegen sowie zu Beginn jeder Stunde auf das Händewaschen achten.“

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