Wiederaufbau nach der Flut Landesbeauftragter spricht mit Unternehmern

Rhein-Sieg-Kreis. · Gewerbetreibende können Flutschäden und Verdienstausfall geltend machen

 Im Gespräch: (von links) Ursula Thiel, Fritz Jaeckel, Thomas Radermacher, Stephan Wimmers, Heiko Schwarz und Birgit Weber im von der Flut betroffenen Möbelhaus Burger in Swisttal-Heimerzheim.

Im Gespräch: (von links) Ursula Thiel, Fritz Jaeckel, Thomas Radermacher, Stephan Wimmers, Heiko Schwarz und Birgit Weber im von der Flut betroffenen Möbelhaus Burger in Swisttal-Heimerzheim.

Foto: Jörg Manhold

Er wollte sich ein Bild von den Schäden vor Ort machen, und mit den Menschen sprechen, die Opfer des Starkregenhochwassers vom Juli geworden sind. Fritz Jaeckel, der Landesbeauftragte für den Wiederaufbau in den Flutgebieten, hat am Dienstag und Mittwoch die betroffenen Orte in Swisttal, Rheinbach, Euskirchen und Bad Münstereifel besucht. Dabei sprach er mit Landrat Sebastian Schuster und den zuständigen Bürgermeistern sowie ausgewählten Unternehmern. Im durch die Flut betroffenen Möbelhaus von Michaela und Günther Burger in Heimerzheim trafen sich die Delegationen unter anderem mit Ursula Thiel von der Kreisstabsstelle für Wiederaufbau, IHK-Geschäftsführer Stephan Wimmer und Kreishandwerksmeister Thomas Rademacher.

Jaeckel, der eigentlich Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen ist, hatte bereits 2002 und 2013 in leitender Funktion im Wiederaufbaustab die Folgen von Hochwasser in Sachsen bekämpft. Nicht nur diese Erfahrung sind ihm hier von Nutzen, er brachte auch zwei Weggefährten mit nach Swisttal. Birgit Weber, Vizelandrätin in Bautzen, und Heiko Schwarz vom Dresdener Wiederaufbaustab hatten viele Ideen und Lösungsansätze im Gepäck. „Es geht ums Detail“, sagt denn auch Weber mit Blick auf die Flutschäden im Rhein-Sieg-Kreis.

Die wichtigste Nachricht für die Unternehmer der Region: Sie können als Wiederaufbauhilfe nicht nur die Sachschäden in Höhe von 80 Prozent geltend machen, sondern auch die Verdiensteinbußen. Und zwar für die ersten sechs Monate nach der Flut, also bis einschließlich 14. Januar 2022. Voraussetzung für eine Teilerstattung der Kosten ist allerdings sowohl im gewerblichen wie im privaten Sektor, dass die Schäden ausreichend dokumentiert sind. Das kann sich durchaus als schwierig erweisen. Und weil die gesetzlichen Bestimmungen nicht jedem präsent sind, haben die IHK und der Rhein-Sieg-Kreis jeweils Beratungshotlines für die Entschädigungsanträge geschaltet. „Es können nur vollständig und richtig ausgefüllt Anträge bearbeitet werden“, sagt Jaeckel. Deshalb sei kompetenten Unterstützung eingerichtet worden.

Für den Wiederaufbaubauftragten ist auch die Beratung der Kommunen von Bedeutung. Man müsse jetzt über die Grenzen der Städte und Gemeinden hinweg über präventiven Hochwasserschutz nachdenken. Diese Erfahrung hat er auch in Ostdeutschland gemacht. Dabei müsse man mit Landwirten Sprechen, um Regenrückhalteräume zu schaffen. Mit Blick auf die nach der Flut laut gewordene politische Forderung, jetzt systematisch Bebauungsabstände zu Gewässern einzuhalten oder gewässernahe Bebauung generell zu untersagen, meinte er: „Für diejenigen, deren Haus beschädigt wurde, gilt generell Bestandsschutz.“ Jährlich würden in Deutschland  30 000 Neubauten in Hochwassergebieten genehmigt. Die Diskussion um die Siedlungspolitik flamme nach jeder Flut auf und verebbe genauso wieder. „Wir sprechen da von Hochwasserdemenz“, sagte Birgit Weber. Generell gelte es jetzt mit gesundem Menschenverstand und Prakmatismus an die Bewältigung der Krise zu gehen.

Wie Kreishandwerksmeister Radermacher berichtet, seien im Rhein-Sieg-Kreis 60 bis 80 Betriebe direkt von der Flut betroffen. Mittelbar seien es 1500, ergänzte IHK-Geschäftsführer Wimmer. So langsam liefen die Anträge zum Fluthilfe-Aufbaufonds ein. Und Jaeckel ergänzt: „Wir haben in NRW einen unglaublich hohen Unternehmensschaden, der sich auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag summiert.“

Die Beratungshotline der IHK-Fluthilfe für Unternehmer ist erreichbar unter (0228) 22 84 228 und HotlineFluthilfe@bonn.ihk.de. Ansprechpartner für Bürger sind die Beratungsstellen im Ludendorfer Dorfsaal, im Gewerbe- und Technologiezentrum Rheinbach, Straßenverkehrsamt Meckenheim und Siegburger Kreishaus. Weitere Infos gibt es im Internet unter rhein-sieg-kreis.de

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