Vespa-Turnier in Bonn „Das Lebensgefühl fährt immer mit“

Beuel · 18 Vespen haben sich am Sonntag dem Geschicklichkeitsturnier des Vespa Clubs Bonn gestellt. Mit dabei: echte Schmuckstücke aus den 70er-Jahren. Sie sind heute so begehrt wie nie.

 Jan Krüger (55) auf seiner mintgrünen Vespa GT 200-L meistert den Parcours.

Jan Krüger (55) auf seiner mintgrünen Vespa GT 200-L meistert den Parcours.

Foto: Niklas Schröder

Am Sonntag knatterten viele Vespen auf dem Vorplatz des Betriebs von Auto Thomas an der Königswinterer Straße. 18 Teilnehmer hatten ihre zweirädrigen Schätze zum Geschicklichkeitsturnier für Vespisti gefahren. An dem Wettbewerb teilnehmen duften alle Vespa-Fahrer, unabhängig von Modell und Alter. Die Fahrer mussten eine Acht zwischen den Pylonen fahren und über die Rampe steuern. Ziel des Turniers war es, den abgesteckten Parcours in zwei Runden möglichst zeitgleich zu fahren. Gewonnen hatte der Fahrer mit der geringsten summierten Zeitdifferenz zwischen den beiden Läufen.

Mit der wohl ältesten Vespa auf dem Platz war Peter Schumacher aus Bornheim angereist. Seine weiße „Rally 200“ hat der 56-Jährige um die Jahrtausendwende erworben – gebaut wurde die Vespa aber schon 1972. „Das ist das erste 200er Modell, was Vespa jemals herausgebracht hat. Sie hat eine Leistung von 12 PS und kann auf 110 Kilometer pro Stunde beschleunigen, was für ein so altes Modell relativ flott ist“, erklärte der stolze Besitzer. Ein Unterschied gegenüber Nachfolgemodellen liege etwa im Motor: „Hier ist noch der klassische Zweitaktmotor eingebaut, wofür die Vespas eigentlich bekannt sind“, sagte Schumacher. Aufgrund von Abgasnormen wurden die Vespas später auf Viertakter umgestellt.

Die Fahrt auf so einem antiken Zweirad fühle sich heutzutage an, wie gegen den Strom zu schwimmen, fand Schumacher. „Die alten Vespen sind extrem beliebt bei Fahrern. Gerade die Rally ist eins der gefragtesten Modelle“, weiß der Bornheimer. „Für solche Modelle werden bis zu 12.000 Euro gezahlt.“ Viel Zeit in der Werkstatt, wie man meinen könnte, verschlingt die „Rally 200“ nicht. „Die sind relativ wartungsarm. Man sollte aber einmal im Jahr einen Ölwechsel machen.“ Ist der Fahrer handwerklich versiert, reichten meist einfache Handgriffe aus, um das Schätzchen am Laufen zu halten. „Wogegen man bei den neueren Vespen mit der ganzen Elektronik kaum noch was selbst machen kann“, kritisierte Schumacher.

Von Fieber gepackt

Seine erste Vespa fuhr Jan Krüger mit 16 Jahren. Seitdem hat den mittlerweile 55-jährigen Oberkassler das „Vespa-Fieber“ gepackt. „Damals fiel ich unter den ganzen Yahamas noch aus der Reihe – heute ist das anders“, erzählte Krüger. Sowie in den Jugendjahren nutzt er seine Vespa auch heute, um zur Arbeit zu kommen oder Besorgungen in der Stadt zu machen. Zum Geschicklichkeitsturnier kam er auf der mintgrünen Vespa GT 200-L: „Ich habe die Vespa 2003 neu gekauft und bin seitdem mit ihr unterwegs.“ Die Nachfolgemodelle hätten zwar mehr Leistung und auch der Spritverbrauch von vier Litern auf 100 Kilometern sei hoch, aber ein Leben ohne seine Vespa kann sich Krüger nicht mehr vorstellen.

Bei seinen Touren ist der Bonner am liebsten auf ruhigen Strecken im Siebengebirge unterwegs: „Mit wenig Verkehr, vielen Restaurants und herrlichen Biergärten.“ Auch einige Freunde, die Krüger mit dem Vespa-Fieber ansteckte, begleiten ihn auf den Touren. „Vespa fahren ist einfach lässig. Man hüllt sich ja nicht wie beim Motorradfahren komplett in Lederschutzkleidung“, beschrieb Krüger. „Ich habe bei einer Vespa mehr Verstaumöglichkeiten und bin einfach flexibler unterwegs.“ Die Jacke käme dann unter den Sitz und der Helm werde einfach an den Lenker gehängt.

In der jetzigen Zeit sei Vespafahren wieder in Mode, beobachtete auch Stefan Becker, Vizepräsident vom Vespa Club Bonn. „Gerade mit dem zunehmenden Verkehrschaos in der Bonner Innenstadt steigen viele auf die Vespa um.“ Das Fahren einer Vespa sei auch mit einem Lebensgefühl verbunden, dass viele Menschen derzeit suchten. Eine vermeintliche Entschleunigung aus dem Alltag sei damit aber nicht zu verstehen, denn mit bis 130 Kilometer pro Stunde kann so manche Vespa einiges auf den Asphalt bekommen. „Wir sind aus sportlicher Sicht ein sehr erfolgreicher Verein in Deutschland“, betonte Becker. Seine Leidenschaft für die Vespa hat der Bonner in vielen Italienurlauben entdeckt. „Ob das jetzt die Fahrt zur Eisdiele ist – bei der Vespa fährt das Lebensgefühl einfach immer mit“, berichtete der 54-Jährige. Mit seiner Vespa fuhr Becker bereits über die Alpen, bis an die Adriaküste.

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