Eines der ältesten Bonner Gebäude verkommt

Die fast 900 Jahre alte Helena-Kapelle ist in einem schlechten Zustand - Risse durchziehen die Gewölbe, und die mittelalterlichen Fresken verfallen

Eines der ältesten Bonner Gebäude verkommt
Foto: Barbara Frommann

Bonn. "Ein verstecktes Kleinod" nannte der Heimatkundler Werner P. D'hein einmal in der Kirchenzeitung des Bonner Münsters die Helena-Kapelle in der Straße Am Hof: "Das einzige Bonner Gotteshaus, das von außen nur aus der Perspektive von neuester Damenoberbekleidung zu sehen ist", nämlich von der ersten Etage des Kaufhauses SinnLeffers.

Doch dieses Kleinod sei in einem bedauernswerten Zustand, klagte jetzt eine Leserin, die nach längerer Zeit dort zum Beten einkehrte und über die Risse im Mauerwerk erschrak. In der Tat: Beim Betreten der Kapelle schlägt einem stickige Luft in dem nur wenige Quadratmeter großen Raum entgegen - trotz eines geöffneten Fensters, durch das der Blick auf das Modehaus fällt.

Auf dem Altar stehen ein ausgebranntes Grablicht und ein vertrocknetes Blümchen, in der hinteren Ecke auf dem Boden ein Blumenstrauß, der ebenfalls einige Wochen alt sein muss. Lässt man sich auf der einzigen Holzbank nieder und den Blick über das mittelalterliche Kreuzgratgewölbe schweifen, hinüber zur Apsis des kleinen Altarraums, fallen einem schnell die Risse ins Auge, die an einigen Stellen mit Gips bespachtelt sind.

Kunsthistorisch ist die Kapelle durchaus von Wert: Sie ist laut Stadtmuseum die einzige erhaltene romanische Privatkapelle und könnte um 1160 vom Münsterpropst Gerhard von Are erbaut worden sein. "Das Kirchlein diente den Kanonikern des Cassiusstiftes am Münster als Andachtsraum", schreibt D'hein.

"In mehreren Kriegen hat das Gebäude stark gelitten, zuletzt bei der Bombardierung Bonns gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Säkularisation brachte das Haus 1803 in Privathand. Seit 1905 ist die Stadt Bonn Hausherr." Die Fresken, die in sehr schlechtem Zustand sind, stammen vermutlich aus dem 13. und 15. Jahrhundert. Sie waren über lange Zeit unter einer barocken Bemalung verborgen, wurden dann bei einer Restaurierung im vorigen Jahrhundert wieder freigelegt.

Die der heiligen Helena geweihte Kapelle ist von montags bis samstags (10 bis 15 Uhr) von Anfang April bis Ende September zugänglich, und zwar ein wenig versteckt über ein Treppenhaus in den SinnLeffers-Kolonnaden der Straße Am Hof 31-34. Dem Hausmeister des Modehauses obliegt der Schlüsseldienst.

Für den Zustand, auch den baulichen, ist die Stadt zuständig. "Das Objekt steht unter Beobachtung", es gebe aber keinen aktuellen Zeit- und Kostenplan für eine Sanierung, sagte Thomas Böckeler vom städtischen Presseamt. Handeln würde die Stadt aber, wenn "relevante Schäden aufträten". Die so genannten Rissmarken aus Gips, die an einigen Stellen auf die Risse aufgebracht sind, sollen anzeigen, ob diese größer werden. Zuletzt war die Kapelle in den 1990-er Jahren renoviert worden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Kleinod in Not"

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