Wende vor Gericht Im Bus gelesen, beim Bremsen verletzt - Stadtwerke müssen nicht haften

BONN · Keinen Erfolg hatte der Arbeitgeber einer 64 Jahre alten Frau mit seiner Klage gegen die Stadtwerke Bonn (SWB). Das Landgericht hat jetzt in der Berufungsverhandlung endgültig entschieden, dass die Stadtwerke die geforderten 3000 Euro nicht zahlen müssen.

Die Frau habe den Unfall weitestgehend selbst verschuldet. Am 18. November 2009 war die Frau nach der Arbeit wie stets mit der Linie 604 nach Hause gefahren. Am Ende des Gelenkbusses hatte sie sich in Fahrtrichtung in einen Vierersitzplatz gesetzt und begonnen, ihr Buch zu lesen.

Als der Fahrer heftig gebremst hatte, war sie nach vorne geflogen und mit dem Gesicht gegen eine Metallstange geprallt. Neben Verletzungen an Kopf und Nacken war die Brille zu Bruch gegangen. Deren Reparatur hatten die SWB der Frau bezahlt. Ihr Arbeitgeber forderte allerdings, dass die Beklagte zudem 80 Prozent der an die Kranke gezahlte Entgeltfortzahlung übernehmen soll: Nach dem Unfall hatte die Frau sechs Wochen lang nicht arbeiten können.

Streitpunkt vor Gericht war vor allem die Frage, ob die Frau überhaupt die Möglichkeit hatte, sich bei dem Bremsmanöver ausreichend festzuhalten. Von der Klägerin war dies bestritten worden, da sich am Sitz keine Metallstange befunden habe. Der Amtsrichter hatte diese Auffassung in der ersten Instanz geteilt und die Stadtwerke zur Zahlung verurteilt. Die Richter der 5. Zivilkammer kamen nun jedoch zu dem Schluss, dass die Klage abzuweisen war.

Es habe zwar keine Metallstange, dafür aber genügend andere Sicherungsmöglichkeiten gegeben. So habe es seitlich an ihrem Sitz ein Rundrohr gegeben. Entscheidend für den Unfall war für die Richter vor allem, dass die 64-Jährige nicht auf den Verkehr geachtet, sondern ihr Buch gelesen hatte.

Ansonsten hätte sie den Aufprall beispielsweise durch Abstützen mit den Händen am gegenüberliegenden Sitz abfangen können. Schon in der mündlichen Verhandlung hatten die Berufungsrichter betont, dass aufgrund der sehr strengen Vorschrift in den Beförderungsbestimmungen fest steht, dass jeder Fahrgast dazu verpflichtet ist, sich stets festen Halt zu suchen.

Aktenzeichen: LG Bonn 5 S 43/12

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