Prozess in Bonn Anklage: Sohn vergiftete Mutter im Krankenhaus

BONN · Als die 85-jährige Beuelerin am 1. Januar bewusstlos ins Krankenhaus gebracht wird, ahnt niemand, was dahintersteckt. Die Seniorin, die als gesund und munter gilt, erholt sich wieder - und stirbt am 12. Januar auf rätselhafte Weise.

Inzwischen steht für die Staatsanwaltschaft fest: Ihr Sohn hat sie im Krankenhaus langsam vergiftet. Nun wurde der 53-Jährige wegen heimtückischen Mordes angeklagt. Demnächst muss er sich vor dem Schwurgericht verantworten, wie Gerichtssprecher Philipp Prietze gestern bestätigte.

Den Ermittlungen zufolge rief der 53-Jährige, geschiedener und arbeitsloser Vater von sechs Kindern, am Neujahrsabend den Notarzt und meldete: Seine Mutter sei nicht mehr ansprechbar. Die 85-Jährige kam ins Krankenhaus, wo sie sich wieder erholte. Ihr Sohn besuchte sie mehrfach, und am 8. Januar fällt sie plötzlich ins Koma. Und obwohl sie künstlich ernährt wird, will ihr Sohn ihr am 10. Januar Babynahrung einflößen und wird davon abgehalten. Am 12. Januar ist die 85-Jährige tot.

Dass mit diesem Tod etwas nicht stimmt, war schnell klar. Und nachdem ein Vertrauter der Seniorin, dem sie Generalvollmacht erteilt hatte, den Ärzten vom schwierigen Verhältnis zwischen der 85-Jährigen und ihrem einzigen Sohn berichtet hatte, entstand der unglaubliche Verdacht, er könne für den rätselhaften Tod seiner Mutter verantwortlich sein. Nun ist die Staatsanwaltschaft sicher: Er hat die Mutter mit tödlichen Medikamentencocktails vergiftet. Zunächst versuchte er es laut Anklage an Neujahr, anschließend verabreichte er ihr weitere Dosen im Krankenhaus.

Laut Anklage überredete der 53-Jährige, der keine Arbeit, aber hohe Schulden hat, die Mutter schon vor Jahren, ihm ihr Fünfparteienhaus in Beuel zu überschreiben. Nach und nach verkaufte er die Wohnungen, und als sogar die Erdgeschosswohnung der Mutter 2012 zwangsversteigert wurde, kam es zum Zerwürfnis. Die Mutter gab ihrem Vertrauten Generalvollmacht, und der handelte mit dem Eigentümer ein lebenslanges Wohnrecht zu einer Festmiete aus.

Als Alleinerbin setzte die 85-Jährige ihre zwölfjährige Enkelin ein, doch der Familienschmuck, den das Mädchen erhalten sollte, war direkt nach dem Tod der Seniorin laut Anklage genauso verschwunden wie ein wertvolles Picasso-Bild.

Als die Obduktion ergibt, dass die 85-Jährige vergiftet worden ist, gerät der 53-jährige Sohn endgültig in Verdacht. Seine Wohnung wird durchsucht, und im Mülleimer finden die Ermittler eine Schnabeltasse mit Spuren der Medikamente, die er sich laut Anklage in der Drogenszene im Bonner Loch besorgte. Seit dem 17. Januar sitzt der 53-Jährige in U-Haft. "Er bestreitet, seine Mutter vergiftet zu haben", erklärte Prietze.

Der Mann ist wegen Betruges vorbestraft - und täuschte laut Anklage schon die Mutter seiner Kinder: "Er soll sich ihr als Arzt vorgestellt haben", erklärte der Gerichtssprecher. Dazu soll er im Auto ein Arztschild postiert und gefälschte Gehaltsabrechnungen präsentiert haben. Und noch etwas ergaben die Ermittlungen: Kurz vor der Tat machte der 53-Jährige eine Ausbildung zum Helfer in der Palliativmedizin.

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