Entscheidung vor Bonner Gericht Eskalierter Streit unter Nachbarn

Bonn · Das Bonner Amtsgericht hat einen 42-jährigen Mann aus Duisdorf zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er seinen Nachbarn mit einem Messer schwer verletzt hatte. Am Dienstag haben nun Täter und Opfer ihre Berufungsanträge zurückgenommen.

 Entscheidung: Täter und Opfer haben am Bonner Amtsgericht ihre Berufungsanträge zurückgenommen.

Entscheidung: Täter und Opfer haben am Bonner Amtsgericht ihre Berufungsanträge zurückgenommen.

Foto: dpa

Die Frauen waren befreundet, die Kinder spielten zusammen auf der Straße. Hinter der Fassade dieser scheinbaren Vorortidylle muss es aber kräftig gegärt haben: Die beiden Väter gerieten nämlich so ernsthaft aneinander, dass einer von ihnen schließlich zu einem Messer griff und den anderen derart malträtierte, dass er nun lebenslang von drei Narben im Gesicht gezeichnet bleiben wird. Der Mann wurde daher am 16. März von einer Bonner Amtsrichterin wegen schwerer sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.

Dagegen hat der Mann Rechtsmittel eingelegt – am Dienstagmorgen hat er seinen Berufungsantrag aber wieder zurückgezogen. Im Gegenzug tat das als Nebenkläger auftretende Opfer dasselbe, und das Berufungsgericht setzte den Haftbefehl aus. So erhält der zweifache Familienvater grundsätzlich die Möglichkeit, seine Strafe im offenen Vollzug anzutreten.

Fluchtgefahr konnte das Gericht angesichts des gefestigten familiären und sozialen Umfelds in dem Duisdorfer Wohngebiet nicht erkennen: „Sie sind ab jetzt wieder ein freier Mann – vorübergehend“, ließ der Richter den Verurteilten zum Ende des Verfahrens wissen. Er solle aber zusehen, „dass vor Ort Frieden bleibt“. Sonst finde er sich schneller hinter Gittern wieder, als er sich umschauen könne.

Das Berufungsgericht, das an dem Amtsgerichtsurteil offenbar nichts zu bemängeln sah, gab dem Angeklagten so die Chance, in einigen Wochen in den offenen Vollzug der JVA Euskirchen zu gehen. Am besten stünden seine Chancen dafür, wenn der Angeklagte seinen Job als LKW-Fahrer schnellstens wieder aufnehme. „Dann haben Sie die Chance, etwas zum Lebensunterhalt Ihrer Familie beizutragen“, so der Vorsitzende Richter Eugen Schwill. Nachdem zwei Wachtmeister die Handschellen geöffnet hatten, wurde der Verurteilte von seiner Frau in Empfang genommen.

Was genau die Ursache des Zwists zwischen den beiden Männern war, hatte auch das Amtsgericht nicht mit letzter Sicherheit feststellen können. Offenbar lag der Anlass aber bereits ein gutes halbes Jahr zurück. Im Kern ging es wohl um eine Nachbarin, die das Opfer angeblich durch ein Fenster beobachten haben soll. Ein unbeteiligter Anwohner hatte im Verlauf des Amtsgerichtsverfahrens als Zeuge ausgesagt, dass der Angeklagte sich regelrecht auf den Nachbarn fixiert habe und immer aggressiver und gereizter geworden sei, wenn die beiden Männer einander begegneten. Er habe auch bemerkt, dass sich die Situation zunehmend zuspitzte.

Vor der Attacke gab es am Tattag offenbar Streit: Das spätere Opfer rief daraufhin die Polizei, die zwar auch erschien, aber nach einiger Zeit unverrichteter Dinge wieder abzog. Sein Mandant habe grundsätzlich mit einer Eskalation – wenn auch natürlich nicht in dem dann eingetretenen Maße – gerechnet, sagte der Anwalt des Nebenklägers, Yannick Börter, nach der Verhandlung dem GA. Und die sei dann ja nach dem Rückzug der Beamten auch prompt eingetreten. Dennoch stimmte auch das Opfer letzten Endes der beiderseitigen Rücknahme der Berufungsanträge zu.

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