Podiumsdiskussion zur Ost-West-Verbindung Schafft Bonn mit der Seilbahn die Verkehrswende?

Bonn · Der geplante Seilbahnbau sorgt nach wie vor für Diskussionen. Auch scheinen viele Fragen noch offen zu sein. Das wurde jetzt bei einer Podiumsdiskussion, zu der das UKB und die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit eingeladen hatte, erneut deutlich.

Von Ramersdorf über den Rhein zum Uniklinikum auf dem Venusberg: die Seilbahn soll in Bonn eine bisher noch fehlende Ost-West-Verbindung im ÖPNV schaffen.

Von Ramersdorf über den Rhein zum Uniklinikum auf dem Venusberg: die Seilbahn soll in Bonn eine bisher noch fehlende Ost-West-Verbindung im ÖPNV schaffen.

Foto: Richard Bongartz

Die geplante Seilbahn für Bonn kann zu einem Erfolgsprojekt werden und zur Verkehrswende beitragen. Dabei kommt es aber auf eine sehr detaillierte Planung des Projekts an. Das betonte Mobilitätsexperte Klaus Radermacher bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion, zu der das Universitätsklinikum Bonn und die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit am Mittwochabend eingeladen hatten. Neben Radermacher hatten auch die Mobilitätsexpertin Sophia Charlotte Hoge sowie Professor Wolfgang Holzgreve an der von Martin Wein im Biomedizinischen Zentrum der Uniklinik moderierten Gesprächsrunde teilgenommen.

Mit ihrer von Ramersdorf über den Rhein zum Uniklinikum auf dem Venusberg verlaufenden Strecke soll die Seilbahn eine in Bonn bisher noch fehlende Ost-West-Verbindung im ÖPNV schaffen. Geplant sind fünf Stationen, unter anderem am Post-Tower und UN-Campus.

Laut Uniklinik ist die Seilbahn essenziell wichtig, um dem steigenden Autoverkehr auf den Venusberg entgegenzuwirken. Die Sigmund-Freud-Straße könne den starken Verkehr kaum noch tragen: „Wir haben Mitarbeitende, die sagen, die Anfahrt ist zu beschwerlich, um weiter in der Uniklinik zu arbeiten. Das tut weh, insbesondere in Zeiten des Pflegepersonalmangels“, sagte Holzgreve.

Alternativen zur Seilbahn sieht keiner der Podiumsteilnehmer: „Die Straßen, die auf den Venusberg führen, müssten verbreitert werden. Das ist aber nicht möglich“, erklärte Hoge. Eine bereits durchgeführte Kosten-Nutzungs-Analyse ist positiv für die Seilbahn ausgefallen: Pro Jahr rechnet man mit über vier Millionen Fahrgästen. „Wenn man die erwarteten Fahrgastzahlen und die dadurch gesparten Fahrkilometer vergleicht, kommen wir zu einer hohen Entlastung des Straßenverkehrs“, sagte Radermacher. Das Uniklinikum ist überzeugt, dass jeder vierte Mitarbeiter die Seilbahn nutzen würde.

Polarisierendes Thema

Die Tatsache, dass alle drei Podiumsteilnehmer Befürworter des Seilbahn-Projekts waren, führte zu einer etwas einseitigen Diskussionsrunde. Kontrovers diskutiert wurde erst, als die Besucher der Veranstaltung zu Wort kamen. Hier wurde deutlich, wie sehr das Thema Seilbahn polarisiert. Neben einigen Befürwortern zeigte sich mancher Besucher skeptisch, ob mit der neuen Seilbahn tatsächlich die erwartete Zahl an Berufspendlern auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt.

Viele Mitarbeiter der Uniklinik kommen aus dem Rhein-Sieg-Kreis oder dem südlichen Köln zur Arbeit auf den Venusberg und müssten erst einmal eine längere Strecke zurücklegen, um zu einer der Seilbahn-Haltestellen zu gelangen. „Parkplätze sollen nicht zusätzlich gebaut werden, somit wird es für Pendler schwierig zu den Haltestellen zu kommen!“, kritisierte Birgit Reichert von der Initiative „Bonn bleibt Seilbahnfrei“.

Ein Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr sei nur für diejenigen lukrativ, die direkt an einer der Seilbahn-Stationen wohnen, so Reichert. Diesem Kritikpunkt stimmte Radermacher zu: „Mir fehlen Planungen für P & R Parkplätze an den Seilbahnstationen für Pendler, die aus Köln und dem Rhein-Sieg-Kreis nach Bonn pendeln“, sagte Radermacher. Was er aber versichern konnte, ist, dass der gesamte öffentliche Nahverkehr im linksrheinischen Bonn an die Seilbahn-Stationen angeschlossen wird.

Einigkeit unter den Diskutanten: Moderator Martin Wein (r.) im Gespräch mit Wolfgang Holzgreve, Sophia Charlotte Hoge und Klaus Radermacher (v.l.).

Einigkeit unter den Diskutanten: Moderator Martin Wein (r.) im Gespräch mit Wolfgang Holzgreve, Sophia Charlotte Hoge und Klaus Radermacher (v.l.).

Foto: Sebastian Flick

Ebenfalls skeptisch zeigte sich ein Besucher, ob die Seilbahn auch außerhalb des Berufsverkehrs eine ausreichende Auslastung erfahren wird. Man brauche keine Sorgen zu haben, dass die ganze Zeit leere Gondeln fahren, betonte Radermacher: „Geplant sind 95 Gondeln für zwei Bahnen, die je nach Bedarf fahren. Das kann man steuern“. Auch eine Überlastung der Seilbahn in der Rushhour schließt Radermacher aus: „Es wird niemals zu Wartezeiten von mehr als zwei Minuten kommen“, versicherte der Mobilitätsexperte.

Konkrete Pläne fehlen noch

Ebenfalls kritisch beleuchtet wurde die Frage, wie viel Platz die insgesamt 34 Stützen für die Seilbahn im öffentlichen Raum wegnehmen würden. „Wir haben noch keine Planung, wo die Stützen stehen werden“, gab Radermacher zu.

Während er sich für den Seilbahn-Bau aussprach, mahnte er zugleich, das Projekt vor Baubeginn genau durchzuplanen. „Die Seilbahn ist in meinen Augen eine große Chance für Bonn, die wir aber zunächst mit konkreten Zahlen durchrechnen müssen. Erst dann können wir zu validen Aussagen kommen und Entscheidungen treffen“.

Auch die aktuelle Kostenanalyse hält Radermacher nicht mehr für relevant: „Ich glaube nicht, dass wir mit 66 Millionen Euro auskommen werden. Die Kostenplanungen stammen aus einer vergangenen Zeit und haben heute keine Gültigkeit mehr“, sagte Radermacher. Zudem sei noch nicht sicher, ob Bund und Land tatsächlich 95 Prozent der Baukosten übernehmen werden. „Stand heute ist das nicht gesichert!“, betonte Radermacher.

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