Tag der offenen Tür an der Uni Bonn Studenten wollen wieder ins Ausland

Bonn · Erstmals seit drei Jahren fand der Dies academicus wieder in Präsenz statt und weckte prompt den Appetit auf Auslandsaufenthalte. Studenten wünschen sich eine Mischung aus Präsenz- und Onlinelehre.

 In die Ferne schweifen, aber nur vorübergehend: Darum ging es an den Ständen, an denen über Auslandssemester informiert wurde.

In die Ferne schweifen, aber nur vorübergehend: Darum ging es an den Ständen, an denen über Auslandssemester informiert wurde.

Foto: Benjamin Westhoff

„Dies academicus? Ist der heute?“ So richtig herumgesprochen hat sich der Tag der offenen Tür in der studentischen Nachbarschaft am Mittwochmorgen noch nicht, wie die verräterische Frage an der Bäckereitheke schonungslos offenbart. Doch gut 1000 Teilnehmer dürften es bis zum Abend werden, die in Hörsäle und Institute hineinschnuppern, wie in jedem Jahr, wenn die Hochschule präsentiert, was sie alles zu bieten hat.

Wie in jedem Jahr? Nicht ganz. Denn nach Corona liegt diesmal in der Präsenzveranstaltung nach alter Väter Sitte eigentlich schon die Besonderheit. Dass Videokonferenzen universitäres Leben nun einmal nicht zu ersetzen vermögen – welchen besseren Beweis könnte es geben als das sommerliche Getümmel im Arkadenhof an diesem Vormittag? Neben zwei Dutzend Vorträgen und Diskussionen ihrer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dominieren Ausstellungen und Messestände.

Schwerpunkt der Veranstaltungen ist das Hauptgebäude

Und beinahe wie Metaphern für den akademischen Betrieb sind es auch hier Bewegungsfreiheit und unverstellter Horizont, die sich nach zwei gebremsten Pandemiejahren als Topthemen durchsetzen: Auslandssemester, Sprachreisen und internationale Partnerschaft haben eindeutig die Oberhand und füllen die gesamte Aula.

Schwerpunkt der Veranstaltungen ist das Hauptgebäude, wo bereits gegen zehn Uhr die ersten Besucher durch die Gänge streifen. Dass manche von ihnen dies angesichts etwas sparsamer Beschilderung erkennbar suchend tun, macht sie als Gäste erkennbar. Ein Indiz dafür, dass die Idee des „Dies“ doch noch nicht so abgedroschen ist, wie mancher vielleicht vorschnell urteilt.

„Froh und glücklich“ sei er, dass der Tag wieder in Präsenz stattfinden kann, sagt Rektor Michael Hoch am Rande der Veranstaltung. Denn der Dies academicus öffne die Universität zur Stadtgesellschaft. „Alle Interessierten können kommen. Ich glaube, dass die Beteiligten und die Öffentlichkeit das gleichermaßen genießen“. Und: „Diese Veranstaltung richtet sich an alle Neugierigen der Stadt Bonn. Und das verbindet“, sagt der Rektor.

Erstes „richtiges“ Sommersemester

Noch glücklicher wäre er womöglich, wenn er hörte, was die angehende Germanistin Miriam Kalliwoda über das Krisenmanagement seiner Hochschule in der Pandemie sagt. „Die Lehre via Zoom hat in Bonn besser funktioniert als anderswo, viele Dozenten haben flexibel reagiert, wir haben verschiedenste Austauschforen genutzt, um in Verbindung zu bleiben“, sagt die 23-Jährige, die ebenso wie ihre gleichaltrige Kommilitonin Nicole Hartmann aus Erfurt stammt.

Die Rückkehr zur Präsenz sei wirklich schön, ergänzt Hartmann, doch sollte sie nun mit einem Ausbau hybrider Unterrichtsformen einhergehen – sodass sich der Lehre bei Bedarf auch online folgen ließe. Und was macht man nun mit den neuen Freiheiten im ersten „echten“ Bonner Sommersemester? „Viel Kaffee trinken gehen, ins Museum und vielleicht auch mal auf ein Konzert“, so Kalliwoda, die die Bonner Uni bislang nur im Corona-Modus kannte.

Nordamerika, Asien, Tansania, Spanien, Portugal – soweit nur einige der möglichen Ziele für einen Erasmusaufenthalt, für die man sich unter den Arkaden Appetit holt. Dort kann die Überzeugungskraft der Mentoren auch die Gestalt einer schwedischen Schokokugel haben. Oder, wohl ebenso ohne beabsichtigte aktuelle Bezüge zur Sicherheitspolitik, einer finnischen Zimtschnecke. Oder eines Pizzabrötchens, präsentiert von Deborah Schwarz. Die 26-Jährige studiert derzeit in Florenz und ist gerade auf „Heimaturlaub“. Auch am Arno sei man froh, nach Corona wieder rauszukommen, berichtet die angehende Politikwissenschaftlerin. Florenz sei „super spannend und schön, aber auch deutlich hierarchischer strukturiert“, erzählt sie und beschließt den Satz mit der Feststellung, dass sie mit der Uni Bonn doch sehr zufrieden sei.

 Zwei Dutzend Vorlesungen aus verschiedenen Fachgebieten gehörten zum Programm beim Dies academicus.

Zwei Dutzend Vorlesungen aus verschiedenen Fachgebieten gehörten zum Programm beim Dies academicus.

Foto: Benjamin Westhoff

Mensa kocht italienisch

Für all jene ohne Studienplatz in Florenz liegt das Land, wo die Zitronen blühen, heute nebenan im Mensazelt. Broccoliauflauf, Italienisches Gemüseragout und Spaghetti Bolognese stehen auf der Speisekarte, doch so richtig füllen will sich der provisorische Saal nicht. Dass der Dies academicus für viele Studenten schlicht ein freier Tag ist – auch das war eigentlich schon immer so.

Zum Bersten gefüllt ist dafür bereits am Vormittag das Symposion mit dem Titel „Das menschliche Bewusstsein: Aktuelle Erkenntnisse aus Psychologie, Philosophie und Neurowissenschaft“ in Hörsaal 4. Unter den Anwesenden ist auch die Studentin Sonja Nellinger (26), viertes Mastersemester Psychologie. Sie erhoffe sich Impulse für ihre Masterarbeit, sagt sie. Für das Angebot der Philosophischen Fakultät interessieren sich auch die beiden Schülerinnen Emilia Smolnik (18) und Polina Kloster (17) aus der Stufe elf.

Beide haben „Philo“ als drittes Abifach, da wollten sie mal schauen, was in der Uni in dem Bereich so los ist, erzählen sie, während passend dazu im Hintergrund ein Kommilitone gerade Applaus für den Satz erntet: „Alle Straßen Bonns führen zur Uni“. Natürlich hängt auch die große Frage, wie – und vor allem wo – die Sanierung des Hauptgebäudes idealerweise überbrückt werden soll, weshalb ihr die Uni eine eigene Diskussionsveranstaltung eingeräumt hat.

Vorlesung „Mit Ibsen im Ballon“

Beim Vorlesungsthema von Privatdozent Thomas Fechner-Smarsly „Mit Ibsen im Ballon“ lässt sich beinahe vergessen, wie heiß es ist. Auf der Wiese sind die Schattenplätze begehrt. So mancher verhofft aufatmend im immerwährenden Luftzug zwischen Arkadenhof und Hofgarten, gerade so, als habe der kurfürstliche Baumeister Enrico Zuccalli den Durchgang zu eben diesem Zweck geschaffen. Für das Sonderprogramm des Hochschulsports verheißt das zwar nichts Gutes, vielleicht aber für das Alumnitreffen, mit dem der Tag am frühen Abend im Juridicum ausklingt. „Was macht eigentlich inzwischen die…?“, so der Titel der Gesprächsrunde mit ehemaligen Absolventen der Bonner Volkswirtschaft. Nicht nur die „Zukünftigen“, auch die Ehemaligen sind am „Dies“ mit von der Partie.

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