Infoveranstaltung für Winzer Hochwasserschutz kostet die Weinwirtschaft zehn Hektar Nutzfläche

Kreis Ahrweiler · Ein verbesserter Hochwasserschutz bedeutet Nachteile für die Weinwirtschaft in Mayschoß, Rech, Walporzheim und Dernau. Betriebe dürfen künftig etwa zehn der bislang insgesamt 550 Hektar Rebfläche im Talboden nicht mehr nutzen.

 Infoveranstaltung für Winzer, auf der Joachim Gerke von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord über die künftig nutzbaren Weinlagen entlang der Ahr informiert.

Infoveranstaltung für Winzer, auf der Joachim Gerke von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord über die künftig nutzbaren Weinlagen entlang der Ahr informiert.

Foto: Martin Gausmann

Kommunen und Behörden wollen die Ahrtal-Bewohner künftig besser vor den negativen Auswirkungen von Hochwassern schützen. Das bedeutet Nachteile für die Weinwirtschaft in Mayschoß und Rech, in Walporzheim und Dernau. Denn die Betriebe dürfen künftig etwa zehn der bislang insgesamt 550 Hektar Rebfläche im Talboden nicht mehr nutzen. Dieses Dilemma war Thema einer Infoveranstaltung, zu der der Weinbauverband für Mittwochabend Ahrwinzer und Fachleute der beteiligten Behörden in den Dagernova-Saal nach Dernau eingeladen hatte.

Weinbaupräsident Hubert Pauly sagte, der Weinbau im Ahrtal müsse seinen Teil dazu beisteuern, dass durch Hochwasser nie wieder Menschenleben gefährdet werden. Um Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten leben können, müssten deren Interessen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Klar sei, dass jeder Betroffene einen mehr oder weniger großen Teil des Gesamtschadens mittragen müsse. Neben der wirtschaftlichen habe die Flut für viele Winzer aber auch eine zutiefst menschliche Seite: Bei Berufsangehörigen älterer Semester habe die Flut schmerzhafte Erinnerungen und Bilder vom Zweiten Weltkrieg wachgerufen.

Joachim Gerke, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz bei der Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Nord, sagte, beim Neuzuschnitt der im Tal gelegenen Weinbauflächen gelte es, die Interessen der Winzer mit den Erfordernissen von Hochwasser- und Naturschutz in Einklang zu bringen. Ziel müsse es sein, negative Einflüsse des Weinbaus auf das „Ablaufgeschehen“ der Ahr bei Hochwassern zu verringern. Damit es insgesamt weniger Hochwasser gibt und um die Pegelstände bei Hochwassern möglichst niedrig zu halten, müsse der Ahr mehr Raum gegeben werden. Das geplante Bodenordnungsverfahren verfolge aber auch das Ziel, Härten für einzelne Winzer abzufedern.

In manchen Lagen wird der Weinbau nur unter Auflagen, beispielsweise mit einem größeren Zeilen-Abstand, gestattet

Wolfgang Schäfer von der SGD Nord erläuterte anhand von Landkarten die künftigen Möglichkeiten für Weinbau in den Tallagen. Dabei unterschied er Bereiche, in denen Weinbau auch künftig ohne Einschränkungen möglich sei von Bereichen, in denen Rebanlagen parallel zur Fließrichtung der Ahr gezeilt und Zeilenabstände von bislang 1,80 auf 2,20 Meter vergrößert werden müssen, von Bereichen, in denen Weinbau gar nicht mehr gestattet wird. Dazu zählten beispielsweise der Bereich am Wohnmobilhafen sowie Teilbereiche unterhalb der Saffenburg-Ruine in Mayschoß und der gesamte längs der Ahr in Dernau verlaufende Steifen sowie zwei Bereiche in Marienthal.

Versammlungsteilnehmer beklagten, die Vergrößerung des Zeilen-Mindestabstands bedeute einen Verlust von 1.000 Reben pro Hektar und damit eine Reduzierung der Wirtschaftlichkeit. Außerdem erfordere die Verbreiterung der Zeilen ein Umrüsten des Maschinenparks und damit Investitionen.

Christoph Platen vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Montabaur stellte in Aussicht, dass die öffentliche Hand die anstehende Flurbereinigung nicht nur mit den sonst üblichen 65 Prozent fördere, sondern mit dem auch für andere Wiederaufbauprojekte festgelegten Satz von 80 Prozent. Die Planer versuchten, bei der Umlegung mit einem Landabzug für Wirtschaftswege von weniger als einem Prozent hinzukommen. Den vorgesehenen Zeitplan nannte Platen „sportlich“: Bereits im Jahr 2023 sollten die umzulegenden Flächen an die Winzer rückübereignet werden, so dass im nächsten Jahr auch schon wieder angepflanzt werden kann.

Kreisverwaltung und SGD Nord sind für das Aufräumen des Flusses und seiner Ufer zuständig

Ein Versammlungsteilnehmer monierte, an der Oberahr seien „schon wieder zu hunderten Bäume gepflanzt“ worden, obwohl doch für die Ahr und ihre Randstreifen ein zeitweiliges Veränderungsverbot verhängt worden sei. Joachim Gerke erwiderte, dass Bäume und Bewuchs wichtig für die Ökologie von Fluss und Tal seien. Bäume gäben dem Flussbett nicht nur Halt, sie würden auch das Gewässer beschatten und dadurch der Erwärmung des Ahr-Wassers entgegenwirken. Angesichts der Klimaerwärmung werde dieser Aspekt immer wichtiger.

Zu der Frage, wessen Aufgabe das Beseitigen von Schwemmgut und Erdablagerungen sei, hieß es, Kreisverwaltung und SGD Nord seien für das Aufräumen des Flusses und seiner Ufer zuständig; das Aufräumen in den Weinbergen und anderen angrenzenden Flächen hingegen sei in erster Linie Sache der Eigentümer.

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