Weit mehr als Tschingderassabum Spielmannszug TV Eiche Bad Honnef feiert 110-Jähriges

Bad Honnef · Seit frühester Jugend gehören Benny Limbach und Daniel Behr dem Spielmannszug TV Eiche an. Der feiert jetzt 110-Jähriges – und ist bei Weitem nicht nur etwas für ältere Semester. Warum sie davon überzeugt sind, erzählen die beiden jungen Aktivposten der erfolgreichen Spielleute aus Bad Honnef im Gespräch mit dem GA.

 Daniel Behr (links) und Benny Limbach sind seit vielen Jahren beim Spielmannszug TV Eiche aktiv.

Daniel Behr (links) und Benny Limbach sind seit vielen Jahren beim Spielmannszug TV Eiche aktiv.

Foto: Frank Homann

Wenn es darum geht, welche Musik so mit zwölf, dreizehn Jahren im heimischen CD-Player lag, dann waren das keine Märsche. „Eigentlich alles quer durchs Gemüsebeet. Auch Rock“, beschreibt Daniel Behr seinen Musikgeschmack damals wie heute. Und Benny Limbach? „Mein Vater hat immer gesagt, es gibt drei Tage, dann läuft bei uns keine Karnevalsmusik: Heiligabend, am ersten und am zweiten Weihnachtsfeiertag“, ergänzt der und lacht. Aber ausgerechnet Marschmusik? Just um die zwölf oder 13 Jahre entdeckten die Freunde auch diese für sich, vor allem aber den Spielmannszug TV Eiche. Dem sind beide treu geblieben. Als Spielleute aus Überzeugung.

Märsche? - Eher nicht in der Jugend

Der Spielmannszug hat exakt 110 Jahre auf dem Buckel; am Sonntag, 10. Juli, wird das kräftig gefeiert. Spielmannszug? Das klingt nach „decke Trumm“, Querflöten, Lyren und Becken, nach Tschingderassabum – nach Musik, die die Jugend eher nicht vom Hocker reißt. Alles richtig und doch grundfalsch. „Märsche mit elf. Eher nicht. Aber das hat sich schnell geändert“, sagt Limbach. Warum? „Weil es einfach unheimlich Spaß macht, gemeinsam zu musizieren und zu sehen, wie viel Spaß die Leute haben. Da kommt so viel zurück, da kann man nicht aufhören“, sagt er. An Karneval im Gürzenich aufzulaufen, „das ist schon Gänsehaut pur. Aber die kleinen Momente, das Menschliche, die persönlichen Begegnungen bei einer Goldhochzeit etwa, wenn wir einen Jubilar zu Tränen rühren, die machen es ganz besonders“.

Viele der Arrangements des immer größeren Repertoires – dazu gehört weit mehr als Märsche oder alles das, was Jecke selig macht – würden in der Gruppe gemeinsam überarbeitet. Ein eigener, mitreißender Stil ist längst entstanden. Und das, obwohl nicht alle Akteure Noten beherrschen, sondern nach Hilfsnoten spielen, von denen viele von prägenden Vorgängern überliefert wurden. Denn Noten, das ist für den Laien überraschend, sind keine Voraussetzung. „Man braucht Rhythmusgefühl, das ist klar“, so Behr. Und natürlich gibt es Instrumente, für die gehe es nicht ohne Noten. Aber Voraussetzung fürs Mittun sei das nicht.

Von klein auf dabei

Dass es dennoch schwierig ist, junge Leute zum Mitmachen zu bewegen, und noch ungleich schwieriger, sie bei der Stange zu halten, die beiden wissen es zu gut. „Zumal“, sagt Behr, „wenn es nicht in der Familie überliefert ist.“ Behr und Limbach bilden gewissermaßen den Gegenpol mit 33 und 30 Jahren: Sie sind nicht nur aktiv dabei seit frühester Jugend, sondern übernehmen als Stellvertreter von Abteilungsleiter Norbert Grünenwald und als musikalischer Leiter und Stabführer Verantwortung. Generell gilt: Der Bereich von Mitte 20 bis etwa Mitte 40 ist am dünnsten aufgestellt, das Gros auch der rund 30 Aktiven ist heute zwischen 30 und 50. Nur drei Kinder sind derzeit dabei; das älteste aktive Mitglied ist 70.

„Zum einen ist es so, dass wir beide da gewissermaßen reingewachsen sind“, sagt Limbach. Schließlich: Vater Manfred Limbach war mit damals 18 Jahren der bislang jüngste Stabführer der Spielleute. 2013 übernahm Benny selbst, kaum 20, das Amt. „Ein bisschen jugendlicher Leichtsinn, haben viele gesagt.“ Zum anderen: „Viele der Menschen begleiten mich schon mein ganzes Leben. Das ist Heimat, das ist Familie“, sagt Limbach.

Viele verlieren das Interesse in der Pubertät

„Der erste Knick kommt für viele mit der Pubertät. Da sind andere Dinge oft wichtiger“, weiß auch Behr. Der zweite Knick kommt, wenn Ausbildung oder Studium anstehen. Dann folgen Beruf und Familie. Außerdem: „Früher war der Zeitgeist schon noch so, dass man eher dabei blieb, wenn man sich einmal entschieden hatte. Heute ist das anders. Kurzer Spaß, keine Verpflichtung“, sagt Behr.

Und dann wäre da ja noch die Sache mit der Disziplin, sagt Limbach. „Die lernt man hier und die braucht man auch. Das passt aber nicht jedem. Hier darf jeder, egal ob sechs oder 60, mitreden und mitentscheiden, basisdemokratisch, vor allem aber in gegenseitigem Respekt. Das ist uns wichtig. Und dabei lernt man auch soziale Kompetenz für sein ganzes Leben.“

„Das ist Heimat, das ist Familie“

Dass sie beide der musikalischen Scholle treu geblieben sind, verbuchen sie in jedem Fall auf der Habenseite. Und sie werben gerne dafür, dass neue Mitglieder dieselbe Erfahrung machen können und die Tradition fortlebt. „Wir sehen uns gefühlt an 32 Wochenenden im Jahr. Aber auch darüber hinaus sind wir füreinander da. Das ist für mich nicht zu ersetzen“, sagt Behr. Und wenn die Chemie stimmt wie bei Behr und Limbach, wird daraus auch eine richtig dicke Freundschaft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort