Software-Unternehmerin studiert und arbeitet parallel Mit 62 Jahren holt Bärbel Blume aus Linz ihren Bachelor nach

Linz · Dass sie nicht wenige für eine Professorin gehalten haben, nimmt Bärbel Blume mit rheinischem Humor. Tatsächlich ist die 62 Jährige laut Hochschule Bonn-Rhein-Sieg die bisher älteste Studentin, die mit Erfolg ihren Bachelor absolviert hat – während sie gleichzeitig arbeitete.

Mit 62 Jahren hat die Unternehmerin Bärbel Blume aus Linz an der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg ihren Bachelor gemacht.

Mit 62 Jahren hat die Unternehmerin Bärbel Blume aus Linz an der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg ihren Bachelor gemacht.

Foto: Martin Schulz/H-BRS

Auf keinen Fall aus Langeweile, sondern ausschließlich aus ungestillter Wissbegierde hat sich Software-Unternehmerin Bärbel Blume aus Linz an das Wagnis herangetraut, ihren Hochschulabschluss nachzuholen. Fünf Jahre später hat es die 62-Jährige geschafft: Sie ist laut Hochschule die bisher älteste Studentin der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die mit Erfolg einen Bachelor-Abschluss errungen hat. Und gleichzeitig für ihr Unternehmen gearbeitet hat sie auch noch.

Das mit dem „Du“ sei ganz schnell geklärt gewesen und für Bärbel Blume auch keine Frage, über die man lange grübeln müsste: Sie wollte vom ersten Tag an von ihren Mitstudierenden so angesprochen werden, wie es unter den jungen Leuten üblich ist. Der „erste Tag“ war die Begrüßung für die Erstsemester des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin. Blume hatte sich an der Hochschule für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft eingeschrieben.

Ganz so selbstverständlich, wie Blume das studentische „Du“ empfand, war es für ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen womöglich nicht. Denn im Hinblick auf ihr Lebensalter war sie zu dem Zeitpunkt eher auf Augenhöhe mit den Professorinnen und Professoren. Aber ihr war es wichtig, von Anfang an deutlich zu machen, dass sie sich als Teil der Erstsemestergemeinschaft sah und den Kontakt zu ihren Mitstudierenden suchte.

„Ich war 57 Jahre alt und die jüngste Studienanfängerin war 17“, berichtet Bärbel Blume über den ersten Tag im Wintersemester 2017/18. „Der Kontakt mit den jungen Leuten ging dann sehr schnell. Wir haben viel voneinander gelernt, das war eine sehr schöne Erfahrung.“

In Sachen Lebens- wie Berufserfahrung ist Blume ihren Mitstudierenden allerdings unbestreitbar einiges voraus. Seit vielen Jahren führt sie die Geschäfte der FEE-Software Entwicklungs- und Vertriebs GmbH in Dattenberg – einem Unternehmen, welches insbesondere mittelständige Modeunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit im Wortsinne passgenauen Softwarelösungen beliefert. Sie stand also mitten im Berufsleben, als die Entscheidung für das Studium fiel.

Ganz ohne Hürden ging es dann aber doch nicht in den Hörsaal. Der Numerus Clausus, der als Filter vor dem Wunschfach Betriebswirtschaft stand, war nicht das Problem. Wohl aber das Alter der Studieninteressierten. Denn für das zugangsbeschränkte Fach, wie für alle mit Numerus Clausus versehenen Studiengänge, hat Nordrhein-Westfalen die Altersgrenze bei 55 Jahren gesetzt. Den Weg frei machte eine Bescheinigung, die der Unternehmensleiterin einen „schwerwiegenden wissenschaftlichen oder beruflichen Grund“ attestierte. So weit, so gut.

Vollzeitstudium und mobiles Arbeiten am Campus

Das Studium war „natürlich anstrengend“, sagt Blume. „Es war ja ein Vollzeitstudium.“ Zugleich war sie unverändert als Geschäftsführerin gefordert. Also galt es, beides unter einen Hut zu bringen. Und so wurden Laptop und Smartphone zu ihren ständigen Begleitern in der Hochschule, um zu den üblichen Bürozeiten Briefe an Kunden zu schreiben und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern lin Linz im Kontakt zu sein – in den Pausen zwischen den Veranstaltungen und wenn es schnell gehen musste auch während der Vorlesungen. Verpassen wollte die Multitasking-Studentin dabei auf keinen Fall etwas, im Gegenteil: „Ich musste sehen, dass ich in der Vorlesung möglichst viel mitnehme, weil ich die Zeit für das Nacharbeiten nicht hatte.“

Geholfen habe ihr, dass sie nicht jede Vorlesung besuchen musste. Auch das obligatorische Praxissemester blieb der langjährig Berufstätigen erspart. Die Klausuren dagegen musste sie mitschreiben wie alle anderen auch. Richtig Knifflig wurde es mit dem Alles-unter-einen-Hut-Bringen dann bei der Bachelorarbeit gegen Ende des Studiums, für die sie vier Monate Zeit hatte. Ihr Thema fand sie in einer Materie, mit der sie sich auch in ihrer Firma stark beschäftigte: EDV-Systeme in Unternehmen. Nach zwei Monaten gab sie ab.

„Es war auf jeden Fall richtig, das Studium zu absolvieren“, findet Blume. „Ich schaue heute anders auf viele Prozesse innerhalb meiner Firma und bin auf neue Ideen gekommen. Klar habe ich eiserne Disziplin gebraucht, anders geht es nicht. Aber ich hatte auch viel Spaß am Lernen, beides gehört für mich zusammen.“

Nach dem Bachelor plant Blume noch einen Master

Mit dem Lernen und dem Spaß geht es nach dem bestandenem Examen für die Absolventin direkt weiter: Ein Master-Studium könnte ihr gefallen, berichtet die 62-Jährige. Eine Idee für die Masterarbeit hat sie schon: Es soll um Cloud-Computing gehen, denn das ist aktuell ein großes Thema in ihrer Firma. Bange vor übervollen Stundenplänen und kurzen Nächten ist ihr nicht, denn der Masterstudiengang an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg kann berufsbegleitend studiert werden und die Lehrveranstaltungen werden freitags und samstags angeboten. „Also ganz entspannt“, findet Bärbel Blume.

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