Verhandlung vor dem Bonner Landgericht Zu dickes Pferd passte nicht ins Röntgengerät

Hennef/Bonn · Eine Henneferin fühlte sich beim Pferdekauf getäuscht und klagte vor dem Landgericht auf 20.000 Euro Unterhaltskosten. Die Untersuchung des Rennpferdes gestaltete sich derweil schwierig.

 Das Pferd einer Henneferin wurde nicht geritten und entwickelte daher Übergewicht. (Symbolbild)

Das Pferd einer Henneferin wurde nicht geritten und entwickelte daher Übergewicht. (Symbolbild)

Foto: dpa/Uwe Anspach

Am Bonner Landgericht wurde der Fall eines ädipösen Rennpferds verhandelt: Eine Henneferin fühlte sich beim Kauf des Pferdes von der Vorbesitzerin arglistig getäuscht und klagte auf 20.000 Euro Unterhaltskosten. Vor der 17. Zivilkammer wurden an diesem Verhandlungstag die Ergebnisse eines Gutachters angehört. Im Herbst soll die Verhandlung fortgeführt werden.

Die Freude über den braunen Wallach währte nur kurz: Im Mai 2016 hatte die Reiterin das Pferd mit dem spanischen Zuchttitel für 6500 Euro gekauft: Das Tier – nennen wir es kurz Cavallo – war damals bereits zehn Jahre alt, war als Westernreitpferd auf Turnieren aufgetreten und von sanftem Gemüt. Die Käuferin war eigens für einen Proberitt nach Bayern gefahren und schien mit der Wahl zufrieden. Erst nach dem Transport des Pferdes in den Rhein-Sieg-Kreis stellte sie optisch einen Schiefstand seines Beckens fest. Wenige Monate später fing Cavallo an zu lahmen. Die Reiterin hat es von da an nicht mehr geritten, weil sie glaubte, das Tier habe dabei Schmerzen. Also stand Cavallo auf der Weide – und nahm stetig zu.

Pferd entwickelte Adipositas

Drei Jahre später, im Januar 2019, reichte die Henneferin am Bonner Landgericht Klage ein. Von der Pferdeverkäuferin forderte sie die Rückabwicklung des Kaufvertrags sowie die Kosten für Unterstand, Futter und ärztliche Versorgung: Zu diesem Zeitpunkt bereits rund 20.000 Euro. Laut Klage fühlt sie sich arglistig getäuscht, ja sogar betrogen. Denn im Kaufvertrag hatte die bayrische Ex-Besitzerin eigens versichert, dass das Pferd keinerlei Krankheiten oder Verletzungen habe.

Mittlerweile hatte die Klägerin erfahren, dass Cavallo vor ihrem Kauf im Jahr 2016 sogar schon einmal verschachert worden war. Dieser Kaufinteressent jedoch hatte schnell bemerkt, dass das Tier eine Gang-Unregelmäßigkeit hatte, und es sofort retour geschickt. Die Verkäuferin bestreitet den Vorwurf.

Um Klarheit in die Angelegenheit zu bringen, engagierte die 17. Zivilkammer einen Gutachter: Ein Auftrag mit Hindernissen, denn Cavallo hatte durch das eingeschränkte Training eine ausgeprägte Adipositas entwickelt – und passte mit diesem eklatanten Übergewicht nicht mehr ins Röntengerät. 70 Kilo müsste der Wallach abnehmen, hieß es, damit die Aufnahme gemacht werden könnte. Aber das hätte zu lange gedauert. So wurde Cavallo für 600 Euro mit einem Pferdetaxi in eine Tierklinik transportiert, wo unter Vollnarkose eine Computertomografie gemacht wurde.

Verjährungsfrist eingehalten

Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass das Tier in jungen Jahren eine Fraktur im Beckenboden erlitten hatte; daher komme der knöcherne Schiefstand. Jedoch führt die Asymmetrie nach Angaben des Fachmannes nicht dazu, dass das Pferd Schmerzen habe oder gar lahme. Im Alltag könne Cavallo genutzt und auch geritten werden.

Mit diesem Ergebnis hätte die Klage normalerweise keine Chance. Aber, so die Kammervorsitzende Elke Spenner im Gütetermin: Da im Kaufvertrag explizit zugesichert wurde, dass das Tier keinerlei Einschränkungen habe, kämen die Ansprüche der Klägerin doch zum Tragen. Da zudem nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Verkäuferin arglistig gehandelt habe, gebe es eine dreijährige Verjährungsfrist. Und die war bei Einreichen der Klage noch nicht abgelaufen. Zur weiteren Aufklärung des Falls wurde jetzt ein weiterer Gütetermin im Herbst bestimmt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Ende eines Gastspiels
Aus für Kunsthalle Berlin Ende eines Gastspiels
Aus dem Ressort