Swisttaler Helfer gehen im Netz viral E-Mail aus dem Büro des Landrats geleakt

Swisttal-Odendorf · Odendorfer Bürger und Freiwillige Unterstützer sind wütend über respektlosen Umgang mit Helferkoordinator Kai Imsande. Offenbar steht nun ein Gespräch mit Landrat Sebastian Schuster aus.

 Kai Imsande, hier bei einem Treffen in Odendorf, ist federführend bei der Organisation der Fluthilfe im Ort.

Kai Imsande, hier bei einem Treffen in Odendorf, ist federführend bei der Organisation der Fluthilfe im Ort.

Foto: Matthias Kehrein

Wenn E-Mails zu oft weitergeleitet werden, kann es passieren, dass Inhalte an Empfänger gelangen, die sie nie hätten lesen sollen. So geschah es am Montag mit einer E-Mail aus dem Büro des Landrats Sebastian Schuster an den Odendorfer Helferkoordinator Kai Imsande. „Herr Imsande gibt keine Ruhe – leider. Eigentlich wollte ich nicht antworten, muss aber jetzt feststellen, dass es doch nochmal nötig wird“, heißt es in der Mail. Bei den Odendorfern sorgte die Mail für Aufregung, Wut und Verwunderung.

Imsande entschloss sich, die E-Mail mit anonymisiertem Absender zu veröffentlichen. Nur so viel verriet er dem GA: Der Landrat habe sie nicht persönlich geschrieben. Es gehe ihm aber auch gar nicht darum, den verantwortlichen Mitarbeiter bloßzustellen. „Mich persönlich trifft das nicht“, sagt Imsande, der sich selbst als „Pressesprecher von uns Helfern“ bezeichnet. „Aber ich finde dieses Aussitzen nicht in Ordnung. So geht man nicht mit den Bürgern um. Uns geht es nur darum, dass es für die Betroffenen weitergeht. Geld ist dabei eine Sache, Sorgfalt und Umgang eine andere.“

Landrat bleibt lange eine Antwort schuldig

Die E-Mail bezog sich auf vier Fragen zum Flutgebiet, die er ursprünglich am 12. August gestellt hatte. Etwa, warum der Katastrophenfall aufgehoben wurde, wie es weitergehen soll, wenn nach den staatlichen bald auch die ehrenamtlichen Helfer aufhören und ob der Landrat Odendorf besucht. Am 16. August hatte er eine Antwort darauf erhalten. Das Schreiben sei vom Landrat unterzeichnet und vom gleichen Absender wie die neuste Mail gewesen. „Er ist nur halb auf den Katastrophenfall eingegangen und hat gesagt, er war bereits am 13. August mit der Handelskammer und der Kreishandwerkerschaft im Gebiet unterwegs“, berichtet Imsande. Also hakte Imsande einen Tag später nach, lobte, dass Schuster mit den Gewerbetreibenden unterwegs gewesen war – „aber dann kann er ja auch seine Bürger besuchen“, findet der Helfer und fügt hinzu: „Ich bin immer höflich. Direkt, aber höflich.“ Am 19. und 20. August hakte er erneut nach. Am 23. sei schließlich die besagte Mail zurückgekommen.

Freche Reaktion verblüfft die Helfer und das Netz

Sein Post mit einem anonymisierten Screenshot der Mail in der Facebook-Gruppe „Swisttal-Odendorf Flut Hilfe aktuell“ wurde bis Dienstagmittag mehr als 230-mal kommentiert und 180-fach geteilt. Einige User nahmen Landrat Sebastian Schuster in Schutz, doch der Großteil der Reaktionen ging in eine andere Richtung. „Unfassbar“, „bodenlos, pietätlos, empathielos, eiskalt, frech“, „eine unverschämte und verachtende Reaktion“ waren nur einige der Kommentare. Einige sahen die E-Mail als Beweis dafür, wie wenig ehrenamtliche Helfer und die Bevölkerung im Allgemeinen geschätzt werden.

Kreis-Pressesprecherin Rita Lorenz sagt dazu auf Anfrage: „Es handelt sich um eine interne Mail, die versehentlich an Herrn Imsande geschickt wurde. Der Ton der Mail ist nicht angemessen und dafür entschuldigt sich der Rhein-Sieg-Kreis. Den Überlegungen nicht zu antworten, lag die Tatsache zu Grunde, dass eine ausführliche und für den Rhein-Sieg-Kreis abschließende Antwort an Herrn Imsande bereits erfolgt war.“ Der Kreis nehme die Anliegen und Sorgen der Flutopfer sehr ernst und schätze die ehrenamtliche Arbeit der Helfer.

Fluthilfe benötigt Unterstützung

Die Kommunikation mit den Behörden sei vielfach immer noch „eine Katastrophe“, findet Imsande. Immerhin habe der Landrat auf seiner persönlichen Facebook-Seite Stellung zu dem Vorfall bezogen. Es habe sich um internen Mail-Verkehr gehandelt, aber die Wort- und Tonwahl seien nicht in Ordnung gewesen. Schuster stellte sich vor seine Mitarbeiter: „Fehler können passieren, noch wichtiger ist aber, dass es auch einen Lösungsansatz für die Zukunft gibt. Das kann für mich nur der direkte Dialog sein.“ Er werde ein persönliches Treffen mit Imsande abstimmen.

Wie es auf lange Sicht in Odendorf weitergeht, wird langsam konkreter. Imsande habe dazu am Montag ein produktives Gespräch mit der Gemeinde Swisttal geführt. Die Angebote des Helferpunkts Am Zehnthof, den Ehrenamtliche am Montag nach der Flut eingerichtet hatten, mussten sie laut Imsande jedoch verschlanken. Viele mussten zu ihren Jobs zurückkehren. Mit ihrem Netzwerk vermitteln sie weiter Hilfesuchende und Helfer, organisieren Verpflegung, psychologische Hilfe, Handwerker, Bautrockner, Waschmaschinen und teilweise sogar Autos. „Aber irgendwann kommt das Vakuum. Und dann muss die Politik einspringen“, appelliert Imsande. Mittlerweile sei zwar täglich ein Gemeindemitarbeiter am Helferpunkt, aber alleine könne der die Masse an Anfragen nicht stemmen.

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