Faire Kamelle und weniger Plastik Karnevalsvereine im Rhein-Sieg-Kreis setzen auf Nachhaltigkeit

Rhein-Sieg-Kreis · Einige Vereine und Gruppen aus dem Rhein-Sieg-Kreis gehen beim Klimaschutz im Karneval mit gutem Beispiel voran. Einheitliche Vorschriften für alle gibt es jedoch noch nicht.

 Den CO 2 -Ausstoß des Zugs durch Swisttal-Morenhoven  kompensiert der organisierende Ortsausschuss, indem er Bäume pflanzt.

Den CO 2 -Ausstoß des Zugs durch Swisttal-Morenhoven  kompensiert der organisierende Ortsausschuss, indem er Bäume pflanzt.

Foto: Axel Vogel

Dem Thema Klimaschutz widmen sich die Jecken im Rhein-Sieg-Kreis nicht erst seit den Demonstrationen von „Fridays for Future“. Vielerorts im Kreis gibt es bereits seit Jahren Initiativen, die Narretei nachhaltiger zu gestalten. Weniger Müll, mehr fair gehandelte Produkte für die Jecken am Straßenrand: Der Möglichkeiten, nachhaltig und trotzdem ausgelassen die fünfte Jahreszeit zu feiern, gibt es einige.

Mit gutem Beispiel voran geht etwa der Ortsausschuss in Swisttal-Morenhoven. Dieser ist seit 2009 ein gemeinnütziger Verein und hat den Naturschutz in seine Satzung aufgenommen. Da der Ortsausschuss unter anderem den Karnevalsumzug organisiert, kam Hartmut Kircher aus Morenhoven auf die Idee, eine Streuobstwiese zu pflanzen. Deren Bäume sollen den CO2-Ausstoß des Morenhovener Zochs kompensieren.

Kirchner rechnet vor: Die sechs Traktoren und zwei Kleintransporter stoßen auf dem fünf Kilometer langen Zugweg in drei Stunden insgesamt 100 Kilogramm CO2 aus. Ferner binde ein Baum in 80 Jahren 1000 Kilogramm CO2, in einem Jahr also 12,5 Kilogramm. Um 100 Kilogramm Kohlendioxid auszugleichen, sind somit acht Bäume notwendig. Kirchner kommt es indes weniger darauf an, dass die Rechnung bis aufs Gramm aufgeht. Vielmehr geht es ihm darum, ein Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen zu schaffen, wie er sagt. Schon 2017 sind die ersten acht Bäume gesetzt worden – ausschließlich alte, regionale Sorten.

Faire Kamelle in Rheinbach

Dass die Jecken am Straßenrand mit fair gehandelten Kamelle und anderem Wurfmaterial nach Hause gehen, dafür setzt sich in Rheinbach die Steuerungsgruppe Fairtrade ein. Seit 2014 ist Rheinbach Fairtrade-Stadt – im Karneval könnte es aber fairer zugehen, findet Doris Kübler, Sprecherin der Steuerungsgruppe. Schon 2015 hatte sie sich „einen fairen Anteil von zehn Prozent des Wurfmaterials im Rheinbacher Straßenkarneval“ gewünscht. „Nur wenn wir uns in den reichen Ländern solidarisch für die Hersteller in den Ländern des Südens einsetzen, können dort gerechte Lebensbedingungen hergestellt werden und die Menschen vernünftig leben“, sagt Kübler.

Der Verein „Jecke Fairsuchung“ bietet beispielsweise seit 2001 fair gehandelte Kamelle an: Schokoriegel, Schokotäfelchen, Karamellgebäck, Nüsse, Trockenfrüchte, Sesamriegel und Fruchtgummis sind als Kamelle fair gehandelt zu kaufen. Nach Kenntnis von Kübler schmeißen aber nur einzelne Fußgruppen diese Kamelle.

Dass der Gedanke des fair gehandelten Wurfmaterials noch weiter getragen werden muss, findet auch Hans-Jörg Nawrath, Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft NCR Blau-Gold-Rheinbach. Es sei ihm ein Anliegen, sich für ein plastikfreies und faires Karnevalsfest einzusetzen. Eine Bezuschussung von zehn bis 15 Prozent für faire Kamelle benennt er als Ziel. „Obwohl diese Kamelle kostspieliger sein können und daher weniger geschmissen werden“, sagt Nawrath.

Die Evangelische Jugend in Bad Honnef hat ebenfalls an der Kampagne „Jecke Fairsuchung“ teilgenommen. Globale Entwicklungen sollen durch sie kritisch reflektiert werden, damit Karnevalsvereine und Schulen die fünfte Jahreszeit solidarisch mitgestalten – ein Beitrag, der einer „Fairtrade Town“ wie Bad Honnef gut zu Gesicht stünde, meint auch die Evangelische Jugend.

Im Rhein-Sieg-Kreis gibt es bereits einige Gemeinden und Verbände, die an den zehn Prozent faires Wurfmaterial arbeiten: Der Kirchengemeindeverband Sankt Augustin, die evangelische Kirchengemeinde in Uckerath und die Herseler-Werth-Schule machen sich stark für einen fairen Karneval.

Bonbonverbot in Bornheim-Merten

Statt sich für bestimmte Kamelle einzusetzen, sind in Bornheim-Merten manche Süßigkeiten verboten. Damit nicht wie in den Vorjahren viele kleine Bonbons am Straßenrand liegen bleiben, sollen ab sofort keine mehr geworfen werden, berichtet Josef Breuer, Vorsitzender der Dorfgemeinschaft Merten. Zusätzlich sei es ihm sehr wichtig, die Straßen nach den Zügen gründlich zu reinigen, betont er.

Noch nicht besonders engagiert im Klimaschutz ist Bornheim-Roisdorf. Wolfgang Mertgen, Ortsausschussvorstehender, weiß von keinem klimaunterstützenden Projekt. Vergangenes Jahr habe die Kirche zwar Prospekte von Fairtrade verteilt, ob diese aber berücksichtigt würden, wisse er nicht. Die Organisation der Züge sei an sich schon sehr viel Arbeit; der Klimaschutz sei für ihn daher nicht das wichtigste Ziel.

Gäbe es aber klare Richtlinien für den Umweltschutz im Karneval, die einheitlich gelten, würde er sich gerne an sie halten. Außerdem könnten sich Mertgen zufolge die Jugendlichen, die an den Fridays-for-Future Demonstrationen teilnehmen, auch unabhängig von den Vereinen selbst für die Umwelt einsetzten, indem sie beispielsweise den vielen Müll ordnungsgemäß entsorgen.

Vorbilder für nachhaltigen Karneval waren vergangenes Jahr auch die Mitglieder der KG Halt Pol in Bad Honnef. Die Gesellschaft packt die Kamelle vor den Karnevalszügen in Pfandsteigen – wiederverwendbare Plastikkisten – um, damit im Anschluss weniger bis gar kein Müll am Straßenrand zu finden ist. So bleibt das Plastik nicht tagelang auf dem Asphalt liegen.

Weniger Plastik in Hennef

In Hennef haben das Umweltamt und Ordnungsamt der Stadt in einem offenen Brief alle Hennefer Närrinnen und Narren dazu aufgerufen, Plastikmüll schon im Vorhinein zu vermeiden. „Es kostet viel Geld, ihn zu sammeln und zu entsorgen. Mikroplastik findet sich mittlerweile auch in entlegenen Lebensräumen und in lebenden Organismen. Daher bitten wir um aktive Mithilfe“, heißt es im Brief. Der Tipp der beiden Ämter: plastikfreies oder plastikarmes Wurfmaterial verwenden, wie die klassische Kamelle mit gewachster Umverpackung. Die sollte man dann auch im Büggel aus Stoff sammeln und nicht in Plastiktüten.

Wer schon beim Zug naschen möchte, sollte die Verpackungen natürlich nicht einfach wegwerfen, auch wenn anschließend der Besenwagen kommt. Wer Kamelle verteilt, sollte auch das mit Augenmaß machen und nur da werfen, wo auch Abnehmer sind.

Auch bei Konfetti geht es umweltfreundlich: „Konfetti aus Papier ist nach vier Wochen weitgehend abgebaut, Konfetti aus Plastik oder Metall hält sich jahrzehntelang und belastet die Umwelt“, informiert die Stadt Hennef. Sie rät außerdem dazu, im Karneval über „neue, zeitgemäßere Give-aways“ wie Gutscheine, Obst, Hölzernes, Samentütchen oder Blumen nachzudenken.

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