Folgen der Corona-Krise Die Kölner Haie kämpfen um ihre Existenz

Köln · Die Kölner Haie kämpfen um die Existenz. Rund zwei Monate vor dem geplanten Start der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ist die Teilnahme des achtfachen Meisters an der neuen Spielzeit stark gefährdet.

 Das Logo der Kölner Haie.

Das Logo der Kölner Haie.

Foto: dpa/Wolfram Kastl

Uwe Krupp steht am Donnerstagvormittag in der Umkleidekabine der Kölner Haie und erzählt von der Heimat. Davon, wie er im Schatten der altehrwürdigen Severinskirche groß geworden ist, einen Steinwurf entfernt vom Geburtshaus des BAP-Sängers Wolfgang Niedecken. Und wie er schon früh seine Passion für das Eishockey entdeckte. Damals, als er als kleiner Fetz regelmäßig Ausflüge an die Lentstraße unternahm und unter den Drehkreuzen des Kultstadions hindurch krabbelte, um seine Idole zu bewundern. Während der heutige KEC-Coach minutenlang in Erinnerungen schwelgt, schaut Philipp Walter, der Geschäftsführer des Clubs, ergriffen zu Boden und scheint mit den Tränen zu kämpfen.

Denn die Lage ist ernst. So ernst sogar, dass die Coronakrise den Fortbestand des achtfachen Meisters gefährdet. Ob dieser an der Spielzeit 2020/21 der Deutschen Eishockey Liga (DEL) teilnehmen kann, ist nach aktuellem Stand völlig ungewiss. „Wir können nicht zu 100 Prozent sagen, dass wir dabei sind“, gesteht Uwe Krupp. Rund zwei Monate vor dem bereits zweimal verschobenen Saisonstart klafft ein tiefes Loch in den Kassen des KEC, das er aus eigener Kraft nicht mehr füllen kann. Es fehlen Gelder im siebenstelligen Bereich, weil nach den derzeit geltenden Corona-Schutzbestimmungen eine Austragung der Saison vor komplett leeren Rängen droht.

Und genau hier liegt das Dilemma. Anders als die am Fernsehtropf hängenden Fußball-Bundesligisten erhalten Eishockeyclubs aus dem deutschen Oberhaus vergleichsweise viel geringere TV-Gelder – lediglich 200.000 Euro pro Saison. Daher sind sie in weitaus stärkerem Maße von spieltagsbezogenen Einnahmen abhängig. Diese setzen sich vor allem aus Eintrittskarten, Verköstigung und Fanartikeln zusammen. Laut Walter machen jene Erträge 80 Prozent des Gesamtetats der Kölner Haie aus. „Unser Geschäftsmodell ist im Grunde verboten“, schlägt der KEC-Boss Alarm. Uwe Krupp spricht von einem „massiven Problem“, einem „unglaublichen Drama“. „Das geht mir sehr nah“, sagt der Ur-Kölner, der im vergangenen Januar mit der Vision zu den Haien zurückkehrte, sie wieder an die Spitze des deutschen Eishockeys zu führen. Nun geht es um ganz andere Dinge.

Geschlagen geben will sich der KEC jedoch nicht. „Wir sind sehr kämpferisch, das ist Teil unserer DNA. Die weiße Flagge zu hissen, ist für uns keine Option“, betont Philipp Walter. Aus diesem Grund hat der Club ein Maßnahmenpaket geschnürt, das den Spielbetrieb der Profis sowie der Nachwuchs- und Frauen-Abteilung sichern soll. Nach Clubangaben haben die Haie-Profis bereits ihre Bereitschaft erklärt, auf bis zu 60 Prozent des ursprünglich vereinbarten Gehalts zu verzichten. „Das ist ein sehr klares Bekenntnis, um den Eishockey-Standort Köln zu erhalten“, ist Walter stolz über die Hilfsbereitschaft der Mannschaft.

Auch die rund 35 Mitarbeiter der Geschäftsstelle hätten bereits einem teilweisen Gehaltsverzicht zugestimmt. Gespräche mit den Gesellschaftern sowie bestehenden und potenziellen neuen Sponsoren liefen. Zudem sei am Donnerstag ein Schreiben an die rund 5.000 Dauerkarteninhaber versendet worden. „Wir sind hoffnungsfroh, dass sie ihren Beitrag leisten“, erklärt Walter, der darüber hinaus auf eine Finanzspritze in Höhe von 800.000 Euro aus dem staatlichen Corona-Hilfspaket hofft.

Doch all das reicht noch nicht, um die Kölner Haie zu retten. Deshalb startet das DEL-Urgestein in der kommenden Woche unter dem kölschen Motto „Immer wigger“ eine Solidaritätsaktion, bei der 100.000 virtuelle Tickets zum Preis von je 10 Euro in den Verkauf gehen. „Wir erbitten die finanzielle Unterstützung der Kölner“, sagt Philipp Walter. „Es ist ein Hilferuf.“

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