Fachkräftemangel in Bonn In den Kitas in Bad Godesberg fehlen Erzieher

Bonn · 40 Erzieher fehlen derzeit in Bonn. Auch in Bad Godesberg herrscht großer Mangel an Fachkräften. Die Stadt Bonn ergreift nun Maßnahmen.

 Wie wichtig die Arbeit beispielsweise der Erzieher ist, zeigt Praktikant Jan Tiebing in der Kita Sankt Georg mit (v.l.) Louisa, Karl und Moritz.

Wie wichtig die Arbeit beispielsweise der Erzieher ist, zeigt Praktikant Jan Tiebing in der Kita Sankt Georg mit (v.l.) Louisa, Karl und Moritz.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

70 Kindertagesstätten in Bonn, davon 13 in Bad Godesberg, die sich in städtischer Trägerschaft befinden, – und 40 Erzieherinnen oder Erzieher fehlen. Das sind die lokalen Fakten zu einem Problem, das es keinesfalls nur in Bonn gibt. „Der Erziehermangel ist ein bundesweites Problem“, sagt Udo Stein, Leiter des Bonner Jugendamtes, im GA-Gespräch.

Verantwortlich macht er hierfür die Entwicklungen der vergangenen Jahre: Ungefähr 2005 begannen die Überlegungen, den Betreuungsanspruch auf Kinder unter drei Jahren auszuweiten. Politisch beschlossen wurde dies 2007, und seit 2013 haben Eltern einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Parallel nahm in den Schulen der Offene Ganztag um 70 bis 80 Prozent zu, und auch hier braucht es qualifizierte Erzieher.

Der Bedarf ist also enorm gestiegen, doch das Land reagierte zu spät auf den Mehrbedarf an Betreuungspersonen und passte über Jahre hinweg die Anzahl der Ausbildungsplätze nicht an. Zusätzlich gibt es weitere Faktoren, die den auf dem Arbeitsmarkt vielversprechenden Beruf für junge Menschen dennoch unattraktiv erscheinen lassen: „Man muss sich bewusst machen, dass die Ausbildung zum Erzieher zwischen drei und fünf Jahren dauert und in der Regel im Gegensatz zu anderen Ausbildungen nicht bezahlt wird. Wir setzen uns in Bonn stark für die Möglichkeit zur dualen Ausbildung ein, damit die zukünftigen Erzieher wenigstens ein reguläres Azubi-Gehalt erhalten.“

Für die Einrichtungen gibt es noch ein weiteres Problem: „Wir haben eine recht hohe Fluktuation bei den Erziehern“, sagt Stein. „Wenn eine Erzieherin beispielsweise aus familiären Gründen wegzieht, hat sie jede Möglichkeit, auch an ihrem neuen Wohnort problemlos eine Stelle zu bekommen. Insofern wird sie vermutlich eher wechseln als beispielsweise eine längere Anfahrt in Kauf zu nehmen.“

Der Erziehermangel lässt die Stadt Bonn kreativ werden: Neben dem Einsatz für die duale Ausbildung arbeitet das Jugendamt nun auch mit einer Agentur in Spanien zusammen. Sie bereitet dort Erzieherinnen vor, die sich nach Deutschland orientieren wollen. Die Kandidatinnen haben alle eine akademische Ausbildung und müssen das Sprachniveau B2 erreichen. Zum Jahreswechsel werden voraussichtlich die ersten zwölf Erzieherinnen aus Spanien in Bonn eintreffen.

Trotz der Erziehernot nimmt die Stadt allerdings nicht jeden. Stein: „Es gibt auch schon mal Stellen, für die Ausschreibungen gelaufen sind und die dennoch nicht besetzt wurden, weil es keinen Kandidaten gab, den wir guten Gewissens hätten nehmen können. Eher bleibt eine Stelle unbesetzt. Ebenso trennen wir uns durchaus auch im Laufe der Probezeit von den Kandidaten, wenn diese ungeeignet erscheinen. Der Fokus muss hier immer bei dem Wohlergehen der Kinder liegen.“

Die aktuelle Situation im Kindergartennetzwerk Bad Godesberg beschreibt Koordinator Niklas Mast-Jendrzewski. Im Netzwerk vereinen sich 13 katholische Kindertagesstätten. Zehn davon sind in der Trägerschaft des Kirchengemeindeverbands Bad Godesberg, drei in der der Bürgerstiftung Rheinviertel. „In unserem Netzwerk haben wir circa 120 pädagogische Mitarbeiter“, so Mast-Jendrzewski.

Erzieher beklagen fehlende Wertschätzung

Neben Erziehern gehören dazu unter anderem auch Sozial- und Heilpädagogen sowie Heilerziehungs- und Kinderpfleger.

Der Mangel an qualifiziertem pädagogischem Personal sei sehr deutlich in den Einrichtungen zu spüren. Das Netzwerk habe deshalb eine Dauerausschreibung für diese Stellen auf der eigenen Internetseite eingestellt sowie auf jener der Arbeitsagentur und bei verschiedenen anderen Portalen. Die Zahl der Bewerbungen sei aber gering.

„Wir setzen uns sehr für unsere Mitarbeiter ein und tun alles dafür sie langfristig an uns zu binden. Dennoch gibt es vereinzelt Gründe, warum Mitarbeiter aus dem Dienst ausscheiden, zum Beispiel Umzug, Rente, Perspektivwechsel“, teilt Mast-Jendrzewski mit. Dadurch würden auch in den Einrichtungen des Netzwerkes personelle Lücken entstehen. „Bei den Ausschreibungen stellen wir dann immer wieder fest, dass auf dem Arbeitsmarkt nur sehr wenige qualifizierte Fachkräfte vorhanden sind, die wir gut in unseren Kindertagesstätten einsetzen können. Somit können Stellen vereinzelt nicht nahtlos nachbesetzt werden. Um Mitarbeiter zu halten, sei das Netzwerk bemüht, allen eine Perspektive in der jeweiligen Kita zu bieten. Auch über eine eigene Fort- und Weiterbildungsakademie verfüge das Netzwerk.

Schwerwiegend komme hinzu, dass in der Gesellschaft oftmals eine fehlende Wertschätzung Erziehern gegenüber zu beobachten sei. „Den Mitarbeitern in den Kitas wird ihre enorme Bedeutung in der frühkindlichen Bildung, die oftmals die Weichen für das weitere Leben stellt, aberkannt“, findet Mast-Jendrzewski. Mit dem heilpädagogischen Beratungs- und Förderdienst habe das Netzwerk zudem eine Institution geschaffen, die sich seit einigen Jahren um Kinder mit Behinderung kümmert. „Dabei werden aber nicht nur die Kinder und ihre Familien unterstützt, sondern auch die Kollegen in der Kita erhalten Anregung und Unterstützung“, so Mast-Jendrzewski.

Darüber hinaus blicke das Netzwerk bereits auf die nächste Generation von Arbeitnehmern – und potenziellen Kollegen. „Wir als Netzwerk sind bemüht viele Schülerpraktika anzubieten, um jungen Menschen unser Berufsfeld zu präsentieren“, so Mast-Jendrzewski.

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