Streifzug durch Beuel Das Zillertal am Finkenberg bietet Natur mitten in der Stadt

Beuel · Sucht man im Internet nach „Zillertal“ oder „Finkenberg“, schlägt die Suchmaschine zunächst Orte in Österreich vor. Dabei lockt auch das Zillertal am Finkenberg in Beuel mit schöner Natur, Seen und einer kleinen versteckten Siedlung.

Beuel: Das Zillertal am Finkenberg bietet Natur mitten in der Stadt
Foto: Rainer Schmidt

„Hier wird Natur zum Genuss“ oder „Sich in die Natur verlieben“ liest man im Internet, wenn man „Zillertal“ sucht. Oder „Urlaub vom Feinsten“, sucht man nach Finkenberg – aber beides in Österreich gelegen. Dabei hat Karl Wengenroth, Gärtner- und Floristikmeister aus Limperich, als kleine Wanderung vorgeschlagen, durchs Zillertal auf den Finkenberg zu gehen. Jetzt kennt der Beueler den Finkenberg, nicht nur weil dort Wein angebaut wird, sondern auch wegen der schönen Aussicht auf Bonn. Aber das Zillertal?

Zugegeben, den Einstieg ins Beueler Zillertal zu finden, ist gar nicht so einfach. Von der Königswinterer Straße biegt man in den Schwarzen Weg ein, dann rechts in den Steinbruchweg. Wenn linker Hand dann noch ein kleiner See zu sehen ist, dann ist man auf dem richtigen Weg. Hier beginnt eine Natur, wie man sie in einer Großstadt nicht vermutet: Man ist im Grünen, im Wald, und hat die Stadt hinter sich gelassen. „Und das nur zehn Minuten von der Innenstadt entfernt“, sagt Wengenroth.

 Der Angelsee wird im Volksmund „Grüner See“ genannt und ist einer von ehemals vier Seen. Heute gibt es hier nur noch zwei Gewässer, und um zum zweiten zu kommen, sollte man durchs Zillertal gehen. Hinter der ersten Kurve tut sich mitten im Wald eine unerwartete Ansicht auf. Kleine Häuser, die auch im österreichischen Zillertal stehen könnten, säumen den Wegesrand. „Hier wohnen 30 Familien“, erzählt ein Bewohner. „1950 wurde ich hier geboren und hier bringt mich niemand weg“, sagt er. Wohl wissend, dass diese Häuser und ihre Bewohner seitens der Stadt seit Jahren nur geduldet sind.

Ursprünglich wohnten hier Arbeiter, die in den Steinbrüchen am Finkenberg Basalt abgebaut haben. Im Ersten Weltkrieg mussten am Finkenberg russische Kriegsgefangene arbeiten, sie wohnten in Baracken im Zillertal. Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen hier ausgebombte Beueler ein. Kleine Häuser mit alpinem Flair, am Finkenberg gelegen, was lag da näher, als dieses Tal nach dem österreichischen Vorbild zu benennen.

Am Ende der Häuserfront kommt man zum zweiten verbliebenen See, dem Russepohl, einem gar nicht so kleinen, auf dem reichlich Seerosen zu sehen sind. „Der See ist zu seinem Namen durch die erwähnten Kriegsgefangenen gekommen“, sagt Wengenroth. „Nach getaner Arbeit haben sie hier gebadet.“ Bäume und Sträucher stehen bis zum Wasser, das grünlich in der Sonne schimmert. „Alles reine Natur, nichts ist künstlich angelegt“, sagt er. „Hier habe ich in meiner Jugend schwimmen gelernt.“

Festes Schuhwerk zu empfehlen

Während wir den Finkenberg erklimmen – auch wenn es nicht richtig gebirgig wird, ist doch festes Schuhwerk zu empfehlen – erzählt Wengenroth von den Steinbrüchen an diesem Berg. Von 1820 bis 1952 wurde hier Basalt abgebaut und mit Loren bis an den Rhein gebracht. Dabei sind nicht nur neue Landschaftsformen entstanden – man achte auf besonders gerade Hügelrücken – dabei ist auch der Berg von ursprünglich 119 auf 97 Meter geschrumpft. Direkt neben der höchsten Stelle zeugt noch ein Mauerwerk davon, dass man früher mit Loren an Seilzügen den Abraum transportiert hat.

Die Landschaft sieht hier oben aus, wie eine düstere Mondlandschaft, denn Trail-Radler haben sie nach ihrem Geschmack umgebaut. Erde, Hügel, Sprungschanzen und Löcher, nichts Grünes auf dem Boden, zeugen von ihrem Tun. „Hier schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, sagt Wengenroth. „Einerseits habe ich Verständnis, dass die Jugend sich auch austoben dürfen muss. Aber wenn sie so die Landschaft und Natur zerstören...“ und lässt den zweiten Halbsatz im Raume stehen.

Als letzten Punkt erreichen wir, querwaldein und leicht abschüssig, die herrliche Aussichtsplattform auf dem Finkenberg. „Diesen Platz, auf dem jetzt der Weinberg angelegt ist, den wollte man auch noch bebauen“, erinnert sich Wengenroth. „Doch wir vom Bürgerverein Limperich haben erfolgreich dagegen opponiert.“ Man kann auch auf den letzten naturbelassenen Steinbruch einen Blick werfen, der aber bereits wieder von der Natur vereinnahmt wird.

Auf dem Rückweg zum Ausgangspunkt kommen wir noch am Sportplatz des SV Ennert vorbei. „Dies war zuvor eine Sumpflandschaft mit zahlreichen Amphibien“, erinnert sich Wengenroth. Als der Sportplatz angelegt wurde, habe sich aber niemand darum gekümmert. Bergab kommt man dann am Rande des Zillertals in der Nähe des „Grünen Sees“ heraus. Und stellt fest: Die Österreicher müssen hier gewesen sein, um diese Werbesprüche kreieren zu können. Denn Natur zum Verlieben findet man hier auf dem 29 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet reichlich.

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