Bundestagskandidatin Katrin Uhlig (Grüne) im Porträt Der Weg in die Politik war nicht vorgezeichnet

Bonn · Die Bundestagskandidatin Katrin Uhlig tritt bei der Wahl am 26. September als Direktkandidatin für die Grünen in Bonn an. Das Sprachenstudium trieb sie hinaus in die Welt. Der Klimabericht rüttelte sie auf.

 Katrin Uhlig vor dem Bonner Hauptbahnhof: Die Grünen-Bundestagskandidatin pendelt von Bonn nach Berlin, wo sie das Büro des Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer leitet.

Katrin Uhlig vor dem Bonner Hauptbahnhof: Die Grünen-Bundestagskandidatin pendelt von Bonn nach Berlin, wo sie das Büro des Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer leitet.

Foto: Benjamin Westhoff

Es ist nicht so, dass der Weg von Katrin Uhlig in die Politik von langer Hand geplant war, auch wenn ihr beruflicher Lebenslauf Anlass geben könnte, das zu glauben: Sieben Jahre lang war die Bonner Bundestagskandidatin für die Grünen als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Grünen-Landtagsfraktion in NRW tätig. Spezialgebiet: Klima- und Energiepolitik. Sodann wechselte sie für anderthalb Jahre als Fachgebietsleiterin zum Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft in NRW. Seit April 2019 führt sie das Büro des Grünen-Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer und arbeitet dort zugleich als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Schwerpunkt wiederum: Klimaschutz.

Über ihrem Schreibtisch in Berlin, einen Steinwurf entfernt von der Spree und dem Bundestag, hängt ein Bild von der Bonner Altstadt-Kirschblüte. Ein Stück Heimat im Rücken, das sie begleitet, wenn sie Termine des stellvertretenden Grünen-Fraktionschefs Krischer koordiniert. Oder als seine Schnittstelle in die Fraktion Kleine Anfragen formuliert, wie jene danach, wohin eigentlich bundesweit das meiste Geld für Brückensanierungen fließt. „Antwort: nach Bayern. Den Rest können Sie sich denken.“ Für die letzten Wochen hat sie sich nun Urlaub genommen für den Wahlkampf. Der Kalender mit Bonner Terminen – Podiumsdiskussionen, Online-Treffen, Bürgerbegegnungen – platzt aus allen Nähten und wird vornehmlich mit Rad und dem Nahverkehr abgearbeitet.

Uhlig ist ohne Vater aufgewachsen

Geboren wurde Uhlig 1982 in Duisburg. Aufgewachsen ist sie mit ihrer jüngeren Schwester in Wuppertal, wo sie auch das Abitur ablegte. Der Vater starb früh, die Mutter war alleinerziehend. Die Frage danach, ob der Vater nicht gefehlt habe, beantwortet sie knapp: „Wir kannten es ja nicht anders.“ Als Heranwachsende überlegte sie zunächst, Medizinerin zu werden, entschied dann aber anders. Sie studierte Sprachen (Englisch, Spanisch, Mandarin), Wirtschafts- und Kulturraumstudien in Passau mit dem Ziel, im Bildungsbereich auf internationalem Parkett zu arbeiten. Ihre Stationen in dieser Zeit, unter anderem China, Südafrika und Puerto Rico, deuten hin auf eine neugierig Suchende.

Nach dem Abschluss zog es sie nach Den Haag zur damals noch jungen, international agierenden Stiftung European Climate Foundation, die zum Ziel hat, eine Klimapolitik zu propagieren, die den Ausstoß von Treibhausgasen entscheidend senken kann. Uhlig hatte dort den gerade frisch vorliegenden Klimabericht zu studieren. Ein Augenblick, der, wie sie rückblickend sagt, ausschlaggebend war für ihr politisches Engagement in der Folge. „Nachdem ich die Studie über die dramatischen Auswirkungen gelesen hatte, dachte ich: Warum spricht darüber keiner?“ Ihr Eindruck bis heute: „Wenn wir so weiter machen, entzieht der Mensch sich selbst seine Lebensgrundlage.“

Nach einer weiteren Zwischenstation in Düsseldorf kam sie nach Bonn, auch weil hier Familienmitglieder und Freunde leben. Sie scheint ihr Thema und ihre neue Heimat gefunden zu haben. „Bonn ist einfach eine tolle Stadt: grün und weltoffen.“ Von hier aus pendelte die Kessenicherin zum Landtag nach Düsseldorf. Und den Job in der Hauptstadt bei Krischer nahm sie nur unter der Bedingung an, dass sie weiter in Bonn wohnen kann, um wochenends auch mit dem Rad in den Kottenforst oder am Rhein entlangfahren zu können.

Den Co-Vorsitz leitete sie souverän

Den Co-Vorsitz im Bonner Kreisverband führte sie von 2018 bis zum Frühjahr dieses Jahres mit Andrea Bauer. Bei Mitgliederveranstaltungen im Kreise der Grünen-Familie fühlte sie sich sichtlich wohl und leitete strukturiert und bisweilen launig durch den Tag. Schwieriger wird es auf ungewohntem Terrain wie der großen Bühne auf dem Münsterplatz vergangene Woche. Zwischen zwei Alphatieren wie der Bundeskanzlerkandidatin Annalena Baerbock und dem Komiker und Entertainer Eckart von Hirschhausen können die Freiräume schon mal eng werden, wie es im Fußballjargon heißt.

Als die damalige Bonner Bundestagsabgeordnete Katja Dörner im Herbst vergangenen Jahres zur neuen Oberbürgermeisterin gewählt wurde, dachte Uhlig über den Sprung in die erste Parlamentsreihe nach. Mit bekanntem Ausgang. Die Bonner Grünen-Fraktionssprecher Annette Standop und Tim Achtermeyer lobten sie als ausgewiesene Fachfrau beim Klimaschutz.

Die Aussichten für einen Grünen-Kandidaten, den Bonner Wahlkreis direkt zu gewinnen, waren vermutlich selten besser. Bei der letzten Europawahl und der Kommunalwahl im vergangenen Jahr erzielte die Partei die meisten Stimmen. Uhlig ist zwar nicht wie ihre Vorgängerin Dörner auf Platz 3 in Nordrhein-Westfalen über die Liste abgesichert. Doch erscheint es angesichts der prognostizierten 15 bis 16 Prozent für die Grünen bei der Bundestagswahl im September durchaus im Bereich des Möglichen, dass die in NRW auf Platz 15 platzierte Uhlig über die Liste einziehen könnte.

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