Kommentar Israel/Deutschland - Berechtigte Kritik
Darf man Kritik an Israel üben, und wenn ja, auch als Deutsche? Angela Merkel gibt das beste Beispiel, dass man es kann und dass man trotzdem mit dem höchsten zivilen Orden des Landes geehrt wird.
Die Bundeskanzlerin hat zum Abschluss ihres Besuchs in Israel die Auszeichnung aus den Händen von Präsident Schimon Peres entgegengenommen, der damit ihr Eintreten für die Interessen Israels und das Existenzrecht des jüdischen Staates gewürdigt hat.
Merkel genießt auch in der israelischen Bevölkerung hohes Ansehen. Dass sie mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der Frage des jüdischen Siedlungsausbaus in den besetzten Gebieten überkreuz liegt, ist dem nicht abträglich, im Gegenteil. Viele Israelis halten es für falsch, dass ihre Regierung im Rahmen der von US-Außenminister John Kerry vermittelten Friedensverhandlungen lieber palästinensische Gefangene freilässt, die gemordet haben, als vom Siedlungsbau abzulassen.
Möglicherweise hat Netanjahu seine eigene Agenda, die er allerdings bisher niemandem dargelegt hat. Die Bundeskanzlerin nimmt jedenfalls von ihrem Besuch den Eindruck mit, dass die Friedensinitiative des US-Außenministers den Nahen Osten in Bewegung gebracht hat.
Noch nie hat sie Netanjahu so häufig von der Zwei-Staaten-Lösung sprechen hören. Nun braucht es für den Frieden nicht nur Reden, sondern auch Taten - und einen Verhandlungspartner, der ebenfalls kompromissbereit ist. Als ehrliche Maklerin in diesem Prozess hat Merkel in der Vergangenheit Punkte gemacht. Deshalb darf sie auch kritisieren.