Kommentar zur Wahlrechtsreform Peinlich kleinlich

Meinung | Berlin · Sieben Jahre hat das Rechnen und Ringen um eine Wahlrechtsreform gedauert. Nun gibt es einen winzigen Kompromiss, den selbst Experten nicht richtig erläutern können. Der Beschluss ist fast schon lächerlich, kommentiert unsere Autorin.

 Der Bundestag soll kleiner werden. Doch die Koalitionsspitzen haben bei der Wahlrechtsreform nur einen winzigen Kompromiss beschlossen.

Der Bundestag soll kleiner werden. Doch die Koalitionsspitzen haben bei der Wahlrechtsreform nur einen winzigen Kompromiss beschlossen.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Es wird nicht immer gut, was lange währt. Sieben Jahre Rechnen und Ringen um eine Wahlrechtsreform, die zu einer dringend nötigen Verkleinerung des aufgeblähten Bundestags führt, gehen mit einem peinlich kleinlichen Beschluss zu Ende: Ein Gänseschrittchen bis 2021, der Rest wird auf die nächste Wahlperiode vertagt. Wieder einmal.

Ob man der Regelgröße von 598 Mandaten in einem Jahr etwas näherkommt oder die jetzige Rekordgröße von 709 Mandaten sogar noch überschritten wird, hängt natürlich vom Wahlergebnis ab. Fest steht nur, dass es für lächerliche drei Überhangmandate keine Ausgleichsmandate für die übrigen Parteien geben soll. Aber dann soll der nächste Bundestag bitteschön wirklich eine richtige Reform auf die Beine stellen. Und das mithilfe einer Kommission, die den jetzigen (!) Vorschlag der Union für 2025 wieder aus der Schublade ziehen wird, die Wahlkreise von 299 auf 280 zu reduzieren. Nur, wie der nächste Bundestag zusammengesetzt sein und was er entscheiden wird, weiß kein Mensch.

Man muss das Wahlrecht nicht in allen Einzelheiten durchschauen, um zu verstehen, dass Union und SPD sich nicht bewegen wollten. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus ist den Missstand zwar mit Risikobereitschaft angegangen und hat die Zahl 280 in der Union erkämpft – aber die Koalition war insgesamt zu langsam, zu träge und zu machtversessen. Das merken Bürger. Die weiße Salbe mit drei unausgeglichenen Überhangmandaten kann das nicht übertünchen. Die Parteivorsitzenden kamen entsprechend ins Stottern, als sie den Fortschritt erklären sollten. Es gibt ihn nicht. Die Problemlösung wurde vertagt. Zu eigenen Gunsten. Ein schlechtes Vorbild für Bürger, denen die Koalition immer wieder Verzicht abverlangt.

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