Die Zukunft ist digital IHK fordert Glasfaserausbau und mehr Unterstützung für Ausbildungsbetriebe

Bonn · Ein aktueller Bericht der IHK Bonn/Rhein-Sieg analysiert Herausforderungen und Potenziale der Region für die Informationstechnik-Branche. Das könne auch die Nachhaltigkeit der Unternehmen stärken.

 Die Deutsche Post ist eine der bekanntesten Vertreterinnen der ITK-Branche in der Region Bonn/Rhein-Sieg. 

Die Deutsche Post ist eine der bekanntesten Vertreterinnen der ITK-Branche in der Region Bonn/Rhein-Sieg. 

Foto: dpa/Oliver Berg

Am Ende steht und fällt alles mit der digitalen Infrastruktur. Dies ist wohl die Kernbotschaft des neuen Branchenreports für die hiesige ITK-Wirtschaft, den die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg am Donnerstag vorgestellt hat. ITK, das steht für Informationstechnik und Telekommunikation. In der Region Bonn/Rhein-Sieg gibt es aus dieser Branche mehr als 4600 Unternehmen, in denen rund 42 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten. Prominente lokale Vertreter sind die Deutsche Telekom, die Deutsche Post und der IT-Dienstleister der  Bundeswehr, BWI GmbH. Den größten Teil aber machen kleine Betriebe aus.

Als ihre Interessensvertretung fungiert der ITK-Ausschuss der IHK Bonn/Rhein-Sieg, der mit seinem Bericht eine Agenda für das Jahr 2030 setzt. Als eine der größten Herausforderungen der ITK-Branche gilt demnach eine gute digitale Infrastruktur. Unternehmen, die sich Themen wie Cyber Security, Künstlicher Intelligenz und E-Health widmen, sind auf leistungsfähige Glasfasernetze und Breitbandanschlüsse unbedingt angewiesen. Doch: „Vor allem in rechtsrheinischen Randgebieten ist die digitale Infrastruktur noch ausbaufähig“, sagt Tobias Hövelborn, Vorsitzender des ITK-Ausschusses. Die Stadt Bonn und der Kreis hätten daher mehrere Förderprogramme für den Glasfaserausbau beantragt und auch bewilligt bekommen. Allerdings brauche es weitere Lösungen, etwa innovative Verlegeverfahren von Glasfaserkabeln. Sie könnten beispielsweise durch Wasserrohre der Stadt geleitet werden, sagt Heiko Oberlies, einer der Hauptautoren des Branchenreports.

Eine stärkere Digitalisierung der Region hätte laut Oberlies noch einen weiteren Vorteil: Unternehmen könnten so ihren ökologischen Fußabdruck verringern. Und das sei nötig, da immer mehr Kunden der ITK-Branche Wert auf Nachhaltigkeit legten. Mit einer besseren digitalen Infrastruktur könnten Unternehmen ihre virtuelle Kommunikation weiter stärken, Reisekosten fielen weg, die Produktion könnte passgenauer an die Wünsche der Kunden angepasst werden und die Entsorgung von Abfällen würde effizienter. Zudem könnten sich mehr intelligente Energiekonzepte durchsetzen, so wie die Geothermie-Anlage am Bonner Bogen, die das Gebiet mit Wärme und Kälte versorgt.

Mehr Digitalisierung bedeutet oft auch eine Loslösung vom klassischen Arbeitsplatz. Und das ist in der Region Bonn/Rhein-Sieg durchaus wünschenswert. Denn: Gut gelegene Büroflächen sind rar. Arbeiten viele Beschäftigte aus dem Homeoffice, brauchen Unternehmen weniger Platz. IHK-Vizepräsident Jörg Haas ist sicher, dass der Trend zur Heimarbeit auch nach der Pandemie anhält und so das Flächenproblem zumindest teilweise löst. „Auch deshalb, weil die Region einen klaren Fokus auf Dienstleistungsunternehmen legt, die keinen Platz für Produktion brauchen.“ Auch Coworking-Spaces, bei denen sich mehrere Unternehmen die Büroräume teilen, dürften die Situation entlasten. Seit einigen Jahren gibt es vermehrt Anbieter solcher Räumlichkeiten, so etwa der Digital Hub Region Bonn. Wichtig sei es aber auch, so der Geschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg, Stephan Wimmers, dass Bonn und der Kreis bei der Bestimmung von Gewerbeflächen enger zusammenarbeiten. „Wenn ein Unternehmen zum Beispiel keinen Platz mehr in Bonn findet, suchen Stadt und Kreis gemeinsam einen Alternativstandort“, erklärt Wimmers. Diese Form der interkommunalen Zusammenarbeit besteht etwa zwischen Bonn und Alfter sowie Much und Neunkirchen-Seelscheid.

Die Flutkatastrophe, so zerstörerisch sie auch war, könnte für den Ausbau neuer Technologien eine Chance sein. „Neue Infrastruktur können wir in betroffenen Städten wie Rheinbach nun leichter einrichten, da ohnehin Vieles erneuert werden muss“, sagt IHK-Vizepräsident Haas. Damit nicht der befürchtete Exodus lokal angesiedelter Unternehmen eintritt, will die IHK neben bestehenden finanziellen Hilfen bei der Ausbildung unterstützen: So könnten Unternehmen, die die Ausbildung ihrer Mitarbeiter wegen der Flut nicht fortsetzen können, Azubis in andere Betriebe vermitteln. Ein Modell, dass die Aus- und Weiterbildung auch nach der Katastrophe fördern könnte.

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