Sankt Augustiner hungert sich im Gefängnis zu Tode Häftling durfte nicht zwangsernährt werden

Düsseldorf · Ein 67-jähriger Häftling aus Sankt Augustin hat sich nach seiner Verurteilung in der JVA Aachen zu Tode gehungert. Vor dem Rechtsausschuss des Landtages wurde darüber debattiert, ob dem Manns zwangsweise Nahrung hätte zugeführt werden müssen.

 In der JVA in Aachen hatte sich ein Mann aus Sankt Augustin zu Tode gehungert. Nun wurde darüber debattiert, ob ein Fall von unterlassener Hilfeleistung vorliegt.

In der JVA in Aachen hatte sich ein Mann aus Sankt Augustin zu Tode gehungert. Nun wurde darüber debattiert, ob ein Fall von unterlassener Hilfeleistung vorliegt.

Foto: picture alliance / dpa

Im Fall des Sankt Augustiner Häftlings, der hinter Gittern verdurstet und verhungert ist, ist eine Zwangsernährung geprüft, aber als unzulässig verworfen worden. Keiner der beteiligten Psychiater habe dem Häftling eine dauerhafte Störung attestiert, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am Mittwoch dem Rechtsausschuss des Landtags. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts habe ein Mensch das Recht, sich durch Nahrungsverweigerung das Leben zu nehmen, wenn er bei vollem Bewusstsein sei.

Der ehemalige TÜV-Ingenieur habe aus freien Stücken Nahrung und Trinken verweigert, nachdem er zuvor mehrere Suizidversuche unternommen hatte, teilten Ministeriumsvertreter mit. Der Gefangene sei engmaschig überwacht worden, ihm sei immer wieder Essen und Trinken angeboten worden. Er habe sein „Sterbefasten“ aber fortgesetzt.

Die Dortmunder Staatsanwaltschaft habe die Todesermittlungen bereits drei Wochen nach dem Tod des Gefangenen eingestellt. Ein Verdacht des Totschlags durch Unterlassen Dritter habe sich aus Sicht der Behörde bei den Ermittlungen nicht ergeben.

Der Rechtsanwalt des 67-Jährigen hatte schwere Vorwürfe erhoben. „Aus meiner Sicht hat der Strafvollzug hier vollkommen versagt“, hatte Verteidiger Carsten Rubarth dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt. „Mein Mandant hätte in eine Psychiatrie gehört.“

Der 67-Jährige Untersuchungshäftling war Mitte Dezember im Haftkrankenhaus Fröndenberg gestorben. Zuvor hatte der Sankt Augustiner vor dem Bonner Schwurgericht gestanden. Weil er seine Frau in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 2020 unter der Dusche erdrosselt hatte, war der Mann zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Der Rentner hatte noch in der Untersuchungshaft die Nahrungsaufnahme eingestellt, ab dem 3. November soll er nach Auskunft des Ministeriums nur noch sporadisch Nahrung zu sich genommen haben.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeigers“ litt der Rentaus Sankt Augustin laut einem Gerichtsgutachten an einer depressiven Erkrankung. Details zum psychischen Zustand des 67-Jährigen und entsprechenden Diagnosen wollte das Justizministerium unter Ausschluss der Öffentlichkeit erörtern.

(dpa)
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