Verhandlung in Siegburg 20-Jähriger nach Unfall mit vier Verletzten vor Jugendgericht

Siegburg · Ein 20-Jähriger musste sich vor dem Jugendrichter in Siegburg verantworten. Er war 2021 mit dem Dienstwagen seines Vaters auf der B56 im Siegburger Schlangensiefen mit rund 170 km/h unterwegs und hat dabei die Kontrolle über den Pkw verloren.

Ein 20-Jährige muss sich wegen fahrlässigen Körperverletzung, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und verbotenen Kraftfahrzeugrennens vor dem Jugendrichter verantworten. (Symbolbild)

Ein 20-Jährige muss sich wegen fahrlässigen Körperverletzung, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und verbotenen Kraftfahrzeugrennens vor dem Jugendrichter verantworten. (Symbolbild)

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Was gehe in einem vor, um mit einer solchen Geschwindigkeit zu fahren, bei der einem „angst und bange werde“, stellte Richter Ulrich Feyerabend die Frage zu Beginn des Strafprozesses gegen einen damals 19-Jährigen in den Raum. Der heute 20-jährige Angeklagte musste sich wegen fahrlässiger Körperverletzung, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und verbotenen Kraftfahrzeugrennens vor dem Jugendrichter verantworten.

Während der Verhandlung stellten Staatsanwältin und Richter fest, dass sie eher von einer gefährlichen Körperverletzung ausgingen. Sie unterstellten dem Angeklagten im Hinblick auf den Tathergang, die Verletzung anderer zumindest „bedingt in Kauf genommen“ und nicht fahrlässig gehandelt zu haben.

Laut Anklage sollte er mit dem Dienstwagen seines Vaters im Mai 2021 auf der B56 im Siegburger Schlangensiefen mit überhöhter Geschwindigkeit von rund 170 km/h gefahren sein und dabei die Kontrolle über den Pkw verloren haben. Dadurch stieß er mit einem entgegenkommenden Pkw und einem weiteren Fahrzeug zusammen, wobei insgesamt vier Personen, eine davon schwer, verletzt wurden.

„Lebensveränderndes Ereignis“

Der junge Mann selbst sprach von einem „lebensverändernden Ereignis“ für die Geschädigten und sich selbst und zeigte sich „erschüttert“ über seine Tat. Während der Zeugenvernehmung entschuldigte er sich bei jedem einzelnen Opfer seiner Raserei.

Eine 67-jährige Unfallgeschädigte fragte allerdings, wieso der Angeklagte sich nicht vorher schon einmal bei ihr gemeldet habe. Sie trug schwerste Verletzungen davon, musste mehrfach operiert werden – ihr drohte sogar eine Amputation eines Fußes. Allein ihre Bergung habe mehr als eine Stunde beansprucht, gab sie an. „Mein Leben wird nie mehr so sein, wie es einmal war“, sagte sie und fügte hinzu, sie sei in allem extrem eingeschränkt.

Nach dem Bericht eines Sachverständigen hatte der Unfallverursacher beim Fahrzeug den Sportmodus ausgewählt und das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) ausgestellt. Das wiederum bezeichnete Feyerabend als Glück im Unglück. Denn dadurch sei das Fahrzeug bei der hohen Geschwindigkeit ausgebrochen, wodurch es zu einer „Schrägkollision“ und nicht zu einem frontalen Crash gekommen sei.

Bei einer nachgewiesenen Geschwindigkeit von rund 166 km/h des Angeklagten und einer Geschwindigkeit von 72 km/h des Opfers, zusammen also rund 230 km/h beim Zusammenstoß, hätte das den sicheren Tod für beide bedeutet, so der Richter.

„Völlig unerklärbare Tat“

Glimpflicher waren die Insassen des zweiten Fahrzeugs davongekommen. Während der 29-jährige Fahrer lediglich ein paar Tage über Kopfschmerzen klagte, leidet seine Freundin und Beifahrerin an den psychischen Folgen des Unfalls. Die 28-Jährige berichtete, gedacht zu haben, sie müsse sterben, sei eine Woche kein Auto mehr gefahren und könne mit keinem Fremden mehr fahren. Die 60-jährige Mutter des Fahrers erklärte, lange Zeit eine andere Strecke nach Neunkirchen gewählt zu haben.

Während die Vertreterin der Staatsanwaltschaft von einer „völlig unerklärbaren Tat“ sprach und eine verkehrspsychologische Therapie forderte, um die Beweggründe herauszufinden, sah der Richter davon ab, weil der Angeklagte diese schon freiwillig angetreten habe. Er ordnete eine Geldstrafe von 1800 Euro, den Führerscheinentzug für ein Jahr und die Leistung von 120 Sozialstunden an. Wie die Staatsanwältin und der Verteidiger sah er keine Gefahr einer erneuten Gefährdung anderer durch den Angeklagten.

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