Serie „Best of Olympia“ Olympia 1936: Als Jesse Owens Hitler die Show stahl

Serie | Bonn · Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin will sich das NS-Regime weltoffen zeigen. Star der Wettkämpfe ist der Afroamerikaner Jesse Owens mit vier Goldmedaillen.

Blitzschnell zum Sieg: Jesse Owens beim Start zum 200-Meter-Lauf in Berlin.

Blitzschnell zum Sieg: Jesse Owens beim Start zum 200-Meter-Lauf in Berlin.

Foto: picture alliance / dpa/Ullstein

Es wurde eine große Inszenierung: Das nationalsozialistische Deutschland wollte sich bei den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin als weltoffene, soziale, tolerante und friedliebende Nation präsentieren. Und natürlich sollten, so der Wille von Adolf Hitler und seinen Schergen, die deutschen Sportler mit Siegen und Medaillen die Überlegenheit der vermeintlichen Herrenrasse unter Beweis stellen.

Tatsächlich holten die deutschen Athletinnen und Athleten zwischen dem 1. und 16. August 89 Medaillen, davon 33 goldene. Aber der Star der Spiele in der Hauptstadt des Deutschen Reichs war ausgerechnet ein 22-jähriger Afroamerikaner aus der kleinen Gemeinde Oakville im US-Bundesstadt Alabama. Jesse Owens gewann in Berlin vier Mal Gold: über 100 Meter, 200 Meter, mit der 100-Meter-Staffel sowie im Weitsprung.

Dabei wäre es fast gar nicht dazu gekommen. Owens rang mit dem Gedanken, die Spiele in Deutschland ob der rassistischen und diskriminierenden Politik des NS-Regimes zu boykottieren. Es gab in der Tat mehrere Boykott-Bestrebungen, auch in den USA. Den Zuschlag für die Spiele hatte Berlin im Jahr 1931 erhalten, also noch in der Zeit der Weimarer Republik. Doch mit der Machtergreifung Hitlers, der zunehmenden Diskriminierung von Menschen jüdischen Glaubens und spätestens nach dem Erlass der Nürnberger Rassengesetze 1935 mehrten sich die Stimmen, ein solches Land könne keine Spiele gemäß dem olympischen Geist ausrichten.

Handschlag ist umstritten

Letztlich kamen aber auch die Sportler aus den USA nach Berlin. Hitler war auf Forderungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eingegangen, die olympischen Regeln einzuhalten. Die Propaganda-Maschinerie kam richtig in Gang, die Deutschen wurden ermahnt, besonders höflich und zuvorkommend gegenüber den Gästen aus aller Welt zu sein. Dennoch wurden deutsche Sportler, die jüdischen Glaubens oder bekennende Kommunisten waren, unter fadenscheinigen Gründen von der Teilnahme ausgeschlossen. Und während antisemitische Hetze im Zeitraum der Spiele tunlichst unterlassen werden sollte, wurde in der Nähe von Berlin am Konzentrationslager Sachsenhausen gebaut.

Gegen Berichte, Hitler habe Owens den Handschlag verweigert, wird vorgebracht, dass Hitler ab dem zweiten Wettkampftag keinem Sieger mehr persönlich gratuliert habe, nach einer Intervention durch das IOC. Andere Quellen wollen von einem Handschlag der beiden wissen. Owens selbst berichtete später in seiner Autobiografie, dass Hitler ihm zugewinkt und er den Gruß erwidert habe.

Nach den Spielen schlug sich Owens unter anderem als Werbefigur, Schauläufer, Reinigungsbesitzer und PR-Berater durch. Mit nur 66 Jahren starb der Kettenraucher 1980 an Lungenkrebs. Sein größter Konkurrent um den Sieg im Weitsprung, Carl Ludwig „Luz“ Hermann Long, war damals bereits lange tot. Der Deutsche starb 1943 als Soldat im Zweiten Weltkrieg.

Scheinwerfer der Abschlussfeier wurden zu Flakscheinwerfern

Apropos Krieg: Die großen Scheinwerfer, die Teil der gi­gan­to­ma­nischen Abschlussfeier waren, kamen wenige Jahre später als Flakscheinwerfer bei Luftangriffen auf die Reichshauptstadt Berlin erneut zum Einsatz.

Was ist von den Spielen geblieben? In Berlin fand zum ersten Mal der olympische Fackellauf statt. Tausende Läufer brachten die Fackel in einer Stafette von Griechenland ins Olympiastadion, das noch heute existiert. In unmittelbarer Nähe befindet sich eine rund 650 Meter lange Straße. Seit 1984 trägt sie den Namen „Jesse-Owens-Allee“.

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