Musiker nutzen Corona-Pandemie Trio Solaris macht kreative Pause in Mehlem

Bad Godesberg. · Das junge Trio Solaris aus Hannover, Berlin und München probt eine Woche im Gemeindesaal in Mehlem, um das Repertoire zu erweitern. Sie kennen sich durch Steven Walter vom Beethovenfest.

 Pianist Amadeus Wiesensee (von links), Simone Drescher und Moritz Ter-Nedden proben intensiv in Mehlem.

Pianist Amadeus Wiesensee (von links), Simone Drescher und Moritz Ter-Nedden proben intensiv in Mehlem.

Foto: Axel Vogel

Eigentlich hätte das Musiktrio Solaris mit einem zusätzlichen Kollegen Mitte Januar im Schauspielhaus das „Quartett für das Ende der Zeit“ von Olivier Messiaen aufführen sollen. Das hätte dann auf den Tag genau an die Uraufführung vor 80 Jahren im Görlitzer Kriegsgefangenenlager erinnert, sagt der Geiger Moritz Ter-Nedden. Dazu hätte die Günter-Grass-Tochter Helene Texte von Marcel Proust gelesen, und das Ganze wäre von der Parkbuchhandlung veranstaltet worden, führt Ter-Nedden aus. Aber die Pandemie habe auch dieser Veranstaltung einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Dafür sind wir drei jetzt hier in Godesberg in Klausur gegangen, um die Zeit zu nutzen, unser Repertoire weiterzuentwickeln.“

Und das können die jungen Musiker seit vergangener Woche im Gemeindesaal der evangelischen Heilandkirche tun. Gerade üben sie Per Nørgårds originelles Stück „Spell“. „Vielleicht schaffen wir heute auch noch Antonin Dvoraks ‚Dumky-Trio’“, hofft der Violinist. Der Sohn von Parkbuchhandlungs-Chefin Barbara Ter-Nedden wuchs in Godesberg auf. Inzwischen ist er Konzertmeister im Folkwang Kammerorchester und Orchester im Treppenhaus in Hannover und tritt bundesweit auch als Kammermusiker und Solist auf. Am Flügel spielt sich gerade Amadeus Wiesensee warm. Der Münchener Pianist, dem die Feuilletons bescheinigen, er führe „poetisch und rauschhaft auf Weltklasseniveau“ auf, hätte eigentlich vergangenen April im Beethovenhaus sein Bonn-Debüt geben sollen. Jetzt studiert er nochmals die schwierigsten Passagen des Nørgård-Stücks.

Als Dritte im Bunde hat die Berlinerin Simone Drescher gerade ihr Cello gestimmt. „Sie hätte 2020 ihr Konzert­examen als Solistin mit dem Konzerthausorchester Berlin spielen sollen“, berichtet Ter-Nedden. Doch das Examen habe wie auch die Produktion ihrer ersten Debüt-CD  verschoben werden müssen. Es hätten sich eben für junge Musiker wie sie in Corona-Zeiten alle Pläne erst einmal in Luft aufgelöst, bedauert Ter-Nedden. Aber sie würden den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern die Zeit aktiv nutzen: eben mit einer kreativen Probewoche in Mehlem. Jeden Tag stecken die drei hier von 10 Uhr morgens bis abends in intensiver Arbeit und nennen diese Möglichkeit „ein Geschenk.“ Der Verein LeseKultur Godesberg stellt ihnen in der Woche eine Unterkunft zur Verfügung.

Er habe pandemiebedingt in den letzten Monaten mit dem Hannoverschen Orchester im Treppenhaus ein Konzertformat namens „Circles“ entwickelt, berichtet Ter-Nedden. Dabei werde der Sicherheitsabstand mit Lichtkreisen um Publikum und Musiker auf den Boden projiziert. „Und während des Konzerts wandeln diese Kreise samt den Menschen über den Boden und schaffen so mal Nähe, mal Distanz zu den Musikern und anderen Zuhörern.“ Beim Mozartfest Würzburg habe es sich schon bewährt. Nicht in Kreisen, sondern beieinander wird jetzt aber im Gemeindesaal weitergeprobt. Jeder habe sich intensiv vorbereitet, aber erst in der gemeinsamen Probe werde klar, „wie ein Stück funktioniert“, hat Ter-Nedden zuvor geschildert. Und wer gibt unter den dreien den Ton an? Da lacht der Geiger: „Wir entscheiden ganz sicher nur basisdemokratisch.“

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