Tipp in der Eifel Das Rote Haus in Monschau ist gewachsen

Monschau · Vor 250 Jahren war das Rote Haus im Eifelstädtchen Monschau ein Zentrum der europäischen Tuchherstellung. Die erweiterte Dauerausstellung präsentiert Arbeitsweise und Homestory. Auch im Umkreis gibt es Neuigkeiten.

 Blauer Keller, rotes Haus: Durch dieses Gewölbe wurde einst das Wasser der Rur geleitet, um die Wolle zu waschen. Neuerdings ist das Untergeschoss zugänglich.

Blauer Keller, rotes Haus: Durch dieses Gewölbe wurde einst das Wasser der Rur geleitet, um die Wolle zu waschen. Neuerdings ist das Untergeschoss zugänglich.

Foto: Stefan Arendt

Ganz ehrlich, putzen müssen möchte man hier nicht unbedingt. Umso lieber aber kommt man als Besucher. Beides liegt daran, dass das Rote Haus in Monschau seit diesem Monat nicht nur spürbar mehr glänzt und schimmert als zuvor; es ist zudem auch noch ein gutes Stück gewachsen.

Dabei wurde das aus der Zeit um 1760 stammende Gebäude, das einst Wohnhaus, Handelszentrale, Kontor und Lager war, mitnichten um einen modernen Anbau oder ähnliche Wagnisse bereichert: Vielmehr wurde die Dauerausstellung über zehn Jahre um jenen Teil des Hauses erweitert, der für die Öffentlichkeit bislang verschlossen war. Jener Gebäudeteil mit dem lustigen Namen „Zum Pelikan“ diente einst als Handelszentrale, von der aus im 18. Jahrhundert feinste Wolltuche nach ganz Europa, in den Nahen Osten und nach Nordafrika exportiert wurden.

Produktion und Verkauf der wertvollen Stoffe fanden in dem fünfgeschossigen Bau mit der roten Ziegelverblendung statt, der monumental die ringsum gelegenen Fachwerkhäuser in den Gassen entlang der Rur buchstäblich in den Schatten stellt. „Möglichst viele Informationen, ohne die Ausstellung mit Text zu überfrachten“ – so beschreibt Kurator Detlef Stender die Herausforderungen, die sich bei der Konzeption gestellt hätten, zumal für viele Gäste das Haus erfahrungsgemäß nur eine von vielen Etappen bei ihrem Besuch in der Eifel sei. Während in Kürze auch ein Audio-Guide zur Hand genommen werden kann, hat die Idee im Keller der Produktionsstätte schon einmal funktioniert.

Die Atmosphäre von damals

Wo früher das Wasser der Rur durch das Untergeschoss des Hauses geleitet wurde, um dort die Wolle zu waschen, simulieren die Geräuschkulisse des vorbeirauschenden Flusses, die Enge des Gewölbes und eine bläuliche Lichtinstallation die Atmosphäre von damals. Auf der Etage darüber vermittelt die Ausstellung die zahlreichen Arbeitsschritte von der Rohwolle zum fertigen Tuch, einen Blick in das originale Farbrezeptbuch und die weit verzweigten Handelswege. Erstmals ist es zudem möglich, Wolltuche „à la Scheibler“ auch anzufassen. Und per digitaler Auswahl in einem Musterkatalog kann der Besucher eine an die Wand projizierte Büste nach eigenem Gusto einkleiden und sich womöglich für die eigene Garderobe inspirieren.

Auch die Terrasse des Hauses ist nun für Besucher zugänglich. Womit wir beim „Goldenen Helm“ wären, dem anderen der beiden Hausteile. Dort boten die Wohnräume und Salons, die sich um die kunstvoll geschwungene und freitragende Rokoko-Treppe verteilen, schon immer faszinierende Einblicke in das Leben einer großbürgerlichen Familie. An der festlich gedeckten Tafel im Esszimmer im Louis-seize-Stil würde man eigentlich gern Platz nehmen, doch die Speisen blieben dabei in ähnlicher Weise Illusion wie das fiktive Bilderkabinett im Herrenzimmer nebenan.

Die 73 Kopien von Bildern alter Meister sind mit Rahmen so aufgemalt, als wären sie im Original vorhanden. Ebenso aufwendig wie die Leinwandtapete im Herrenzimmer wurde in den vergangenen Jahren das Mobiliar im Festsaal restauriert, in dem 1785 schon der letzte Kölner Kurfürst Maximilian Franz einen Zwischenaufenthalt auf der Durchreise genoss. „Max Franz hat auf der Fahrt von Spa übers Venn nach Bonn in Monschau Halt gemacht, die Fabrik Scheidles besichtigt und danach hier gefrühstückt“, erzählt Regina Weber vom LVR. Mit Blick auf die Restaurierung von Vorhängen und Sitzbezügen sagt die Kunsthistorikerin schmunzelnd: „Der Stoff war nicht billig, aber das war er im 18. Jahrhundert auch nicht.“

 Über fünf Stockwerke erstreckt sich das Rote Haus in der Monschauer Altstadt, das Wohnhaus und Handelszentrale zugleich war.

Über fünf Stockwerke erstreckt sich das Rote Haus in der Monschauer Altstadt, das Wohnhaus und Handelszentrale zugleich war.

Foto: Rüdiger Franz

Begründet wurde die Unternehmerdynastie Mitte des 18. Jahrhunderts von dem Tuchmacher und Kaufmann Johann Heinrich Scheibler, dessen Erbe die heutige Familiengeneration weiter pflegt. Gemeinsam mit der Familie gründete der Landschaftsverband Rheinland (LVR) 1963 eine Stiftung, um das Rote Haus für die Zukunft zu erhalten und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Knapp eine Million Euro haben Erweiterung und Restaurierung gekostet. Doch ist der einstige Firmensitz nicht das Einzige, wofür sich ein Besuch zu Füßen Monschauer Burg lohnt.

Eine eher nachdenklich stimmende Ausstellung ist noch bis zum 22. Mai praktisch nebenan zu sehen. Unter dem Titel „En Route to Cologne“ versammelt das Fotografie-Forum auf einer Etage Bilder der amerikanischen Fotografin Lee Miller, die 1944/45 die vorrückenden US-Truppen begleitete. Unter den Bildern aus dem befreiten Paris, den umkämpften Ardennen, und dem zerstörten Deutschland ist etwa auch jenes, das die Fotografin selbst beim Bad in Hitlers Badewanne zeigt.

Wer es erst später in die Nordeifel schafft, kann sich bis in den Herbst einer der Monschauer Erlebnistouren anschließen, bei denen die Teilnehmer mehrfach im Monat mit einem thematischen Schwerpunkt durchs Städtchen geführt werden – etwa vom Stadtwächter oder von der „schönen Helene“.

Ein gedeckter Tisch erwartet alle, die sich auf eine der rund zehn Kilometer langen „Monschauer Schlemmertouren“ begeben. Termine können individuell vereinbart und auch als Gutschein verschenkt werden. Sofern man abends nicht selbst zurückfahren muss, könnte sich noch ein Abstecher zu Burkhard Spang und Ralf Beaujean lohnen: Die beiden haben in ihrer Spirituosenfabrik „Ewig & Selt“ im Ortsteil Konzen die traditionelle Herstellung des Kräuterlikörs Els – auf Hochdeutsch Wermut – kultiviert.

Angesichts der Namen der Sorten bleibt den Unkundigen eigentlich nur, sich durch sie hindurchzuprobieren. Wer den „Hüllenkremer“, den „Görresges“ und den „Kraremann“, den „Reichensteiner“ und den „Senfmüller“ geschafft hat, kann es seit neuestem in einem Ladenlokal in der Altstadt noch mit dem hauseigenen Gin und Whisky unter dem Label „Angel‘s Share“ aufnehmen.

Keine gute Idee ist unter diesen Umständen dann allerdings ein Sprung auf den neuen „Pumptrack“ im nahen Kalterherberg, einem hubbeligen Abenteuerspielplatz für Mountainbiker und Skater, auf dem mit dem Stichwort Gewichtsverlagerung das Erfolgsgeheimnis an dieser Stelle ausgeplaudert sein soll. Die Nutzung ist kostenlos, Fahrrad, Helm und Schutzausrüstung muss jeder selbst mitbringen.

Mischung aus Wasserspielplatz und begehbarem Brunnen

Mit dem Rad sind es übrigens nicht mehr als 20 Minuten zum Walderlebnis-Parcours Kölschkier, wo kleine und größere Kletterfreunde auf ihre Kosten kommen. Eine erfrischende Neuigkeit erwartet Besucher im Wassergarten in Einruhr, den man sich vorstellen muss wie eine Mischung aus Wasserspielplatz für Große und begehbarem Brunnen. Abkühlung ist jedenfalls garantiert, sei es nach einer Wanderung oder einer Radtour. Und für alle, deren Sinn nach einem etwas weiteren Horizont steht, stechen seit zwei Wochen wieder stündlich die „Stella Maris“, die „Seensucht“ und die „Sankt Nikolaus“ in See: Zu Rundfahrten auf dem Rursee.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort