Preußlers "Räuber Hotzenplotz" im Jungen Theater

Großmutters Garten können sogar die Sonnenblumen zwischen den grünen Tannen aus Eierkartons singen. Auch sonst geht es munter zu auf der von Katharina Priwe mit viel Fantasie gestalteten Bühne.

 Spaß für die ganze Familie: Szene mit Giselheid Hoensch und René Wedewart.

Spaß für die ganze Familie: Szene mit Giselheid Hoensch und René Wedewart.

Foto: Junges Theater Bonn

Bonn. In Großmutters Garten können sogar die Sonnenblumen zwischen den grünen Tannen aus Eierkartons singen. Auch sonst geht es munter zu auf der von Katharina Priwe mit viel Fantasie gestalteten Bühne.

Andreas Lachnit hat Otfried Preußlers Geschichte vom berühmten Räuber Hotzenplotz mit dem spielfreudigen Erwachsenen-Ensemble des Jungen Theaters Bonn (JTB) so vergnüglich inszeniert, dass die ganze Familie ihren Spaß daran haben kann. Preußler nimmt in seinem Kinderstück die Tradition des Kasperletheaters auf.

Was auf den ersten Blick völlig unzeitgemäß erscheint, hier aber so quietschlebendig mit einer Menge Slapstick-Komik und Sprachwitz daherkommt, dass die schlichte Handlung eher nebensächlich wird.

Termine und Tickets Die nächsten Familien-Aufführungen am 7., 13. und 17. November. Karten unter der Telefonnummer (02 28) 46 38 72.Ein liebenswürdig naives Gespann sind Kasper und sein Freund Seppel ganz ohne Frage. Nicht sonderlich intelligent zwar, aber zumindest der beweglich herumhüpfende Dimetrio-Giovanni Rupp verbirgt unter seiner knallroten Kasper-Zipfelmütze mehr Grips, als man ihm zutraut.

Außerdem hat dieses freche Kerlchen das Herz auf dem rechten Fleck und die putzigsten Wörterverdrehungen auf der Zunge. René Wedewart als Seppel mit zünftigem Filzhut kann angesichts der verkasperten Geistesblitze nur noch staunen und dabei eine so hübsch törichte Miene aufsetzen, dass es einem Lachtränen in die Augen treibt.

Kein Wunder, dass Wachtmeister Dimpfelmoser die beiden Jungs für ausgemachte Trottel hält. Der junge, Moritz Simon saust auf einem blinkenden Polizei-Fahrrädchen ("Super-Bike", gibt Seppel anerkennend zu), das in groteskem Missverhältnis zu seiner Länge steht, durchs Dorf und sorgt für die Einhaltung der Gesetze.

Die schmucke Uniform steht ihm gut, singen und tanzen kann er auch. Allerdings nicht verhindern, dass der gefürchtete Räuber Hotzenplotz wieder mal zugreift. Ausgerechnet auf Großmutters nagelneue Kaffeemühle, die manchmal ein Liedchen spielt und vor allem zum Pflaumenkuchenbacken animiert.

Während Kasper und Seppel die Schlagsahne holen, zückt Rolf Bidinger in der Titelrolle als struppiger Verbrecher pflichtbewusst seine allseits bekannte Pfefferpistole. Oma (hinreißend: Giselheid Hoensch) fällt in Ohnmacht. Mit Kaffee und Kuchen ist"s vorläufig aus.

Kaspers und Seppels mutige Räuberjagd beginnt schlau und endet kläglich. Wobei Hotzenplotz auch einige Zeit braucht, bis er begreift, dass man die verlockende Beute nicht tragen muss, wenn sie auf Rädern präsentiert wird.

Das Fiese ist: Kasper und Seppel laufen diesem Blödmann geradeswegs in die Falle. Seppel soll die Räuberhöhle pflegen, was echt nicht sein Ding ist. Kasper trifft"s noch ärger: Er wird an den Zauberer Petrosilius Zwackelmann (herrlich böse: Jan Herrmann) verkauft, dessen magische Künste ausgerechnet beim Kartoffelschälen enden.

Natürlich schafft es Kasper, die von Zwackelmann in eine hässliche Unke verzauberte gute Fee Amaryllis (Andrea Brunetti) zu befreien. Bei der spektakulären Verwandlung des eklig schillernden Tiers in eine strahlende Schönheit vollbringt die Kostümbildnerin Brigitte Winter ein wahres Wunder.

Fazit: Ein bisschen Schlauheit steckt im dümmsten Kasperkopf. Ein mutiger, gewitzter Kasper denkt so quer, dass es an Genie grenzt.

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