So geht Rheinisch Kumm, jank!

Rheinland · Der GA erklärt kurz und knapp alles, was man über den rheinischen Dialekt wissen muss. Immer mit dabei eine rheinische Redensart. Diesmal ist es: Kumm jank!

 Komm, geh!

Komm, geh!

Foto: GA-Grafik

In der Kürze liegt die Würze. Man möchte den Satz schon als abgegriffene Plattitüde aussondern, aber er hat schon seine Berechtigung. Die alten Griechen haben von Sophrosyne gesprochen, man könnte es als Selbstbeschränkung übersetzen. Und Goethe sagte „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“. All das deutet auf einen Umstand, der zu erklären ist, und der sich auch in der Rheinischen Redensart zeigt: „Kumm jank!“

Im rheinischen haben wir immer wieder die Extreme identifiziert. So kann ein Rheinländer sehr ausschweifig und wortreich kommunizieren, aber auch äußerst wortkarg bleiben. Beides hat seine Berechtigung. Bei den Wortkargen kann man allerdings auch feststellen, dass sie nicht nur einfach viel weniger und seltener sprechen, sondern dass sie sehr komprimierte Äußerungen von sich geben.

Von kuratierten Inhalten

Die sind dann sehr auf den Punkt. Ja, es sind quasi verarbeitete Informationen, oder wie wir heute zu sagen pflegen: Kuratierte Inhalte. Und das Rezept geht so: Man hat eine schier unüberschaubare Fülle an Informationen um sich herum. Das Leben ist einem in zunehmendem Maße behilflich, sie bewerten und einordnen zu können. Und wer dann ein bisschen sprachlich begabt ist, kann sie zu kurzen knappen Aussagen komprimieren, die eine gewisse Lebenserfahrung, vielleicht sogar Weisheit belegen.

Auf diese Weise funktionieren auch Gedichte oder Aphorismen. Da ist eine verarbeitete Lebenserfahrung in eine beispielhaften Satz gekleidet, der wie die kleine Spitze des Eisberges aus dem Wasser herausragt, aber unter der Oberfläche eine unermessliche Tiefe und Bedeutung repräsentiert.

Wir kommen zu unserem Satz „kumm jank“ zurück, der ins Hochdeutsche übersetzt einfach nur bedeutet: Komm, geh! Da kann man erst einmal nicht viel mit anfangen. Es handelt sich rein äußerlich um einen zweitaktigen Imperativ, der auch nur zwei Silben hat und folglich sehr schnell ausgesprochen ist. Inhaltlich ist er sogar ein Widerspruch. Soll man nun kommen, oder gehen?

Der wortkarge bärbeißige Rheinländer

Was der wortkarge bärbeißige Rheinländer seinem Gegenüber damit signalisieren will, ist allerdings sehr beredt. Man könnte es mit ein bisschen Phantasie etwa so übersetzen: „Mein lieber Mann, an dem, was du mir da erzählst, habe ich erhebliche Zweifel. Und die sind einerseits inhaltlicher Natur, anderseits hat es mit Deiner Person zu tun, die ich so einzuschätzen gelernt habe, dass ich Dir praktisch gar nichts glaube. Deshalb bitte ich Dich hiermit inständig, mir aus dem Weg zu gehen, mich nicht weiter zu stören, denn ich habe Besseres zu tun!“ Ja, wir können uns sicher sein, das ist gewissermaßen die wörtliche Übersetzung. Aber der Rheinländer sagt einfach: „Kumm, jank“. Energiesparender kann man wohl nicht auftreten.

Hören Sie auch unseren Podcast „So geht Rheinisch“ auf allen Streamingplattformen und ga-bonn.de/podcast. Die Redensarten in Buchform gibt es unter anderem unter dem Titel „Rheinische für Fortgeschrittene“ von Jörg Manhold in der Edition Lempertz. Haben Sie eine rheinische Lieblingsredensart? Dann schreiben Sie uns an: rheinisch@ga.de

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