Bahnhof in Eitorf Mit Kunst-Graffiti gegen Schmierereien

Eitorf · Den Fahrgästen, die am Bahnhof in Eitorf ein- und aussteigen, bietet sich seit Kurzem ein ganz anderer Anblick. Statt illegaler Schmierereien sehen Reisende farbenfrohe und professionelle Streetart-Graffiti. Damit soll gegen Schäden in Millionenhöhe vorgehen.

 Stellen das Projekt im Eitorfer Bahnhof vor: (v.l.) Thomas Nolden, Alexander Gnida, Kai „Semor“ Niederhausen, Dietmar Tendler, Kai Rossmann und Wilfried Koenen.

Stellen das Projekt im Eitorfer Bahnhof vor: (v.l.) Thomas Nolden, Alexander Gnida, Kai „Semor“ Niederhausen, Dietmar Tendler, Kai Rossmann und Wilfried Koenen.

Foto: Dylan Cem Akalin

Warum sollte in Eitorf nicht gelingen, was in Philadelphia an der Ostküste der USA längst Schule gemacht hat? Das Programm der Mural Arts wurde in der Millionenmetropole Mitte der 1980er Jahre als eine Art Anti-Graffiti-Strategie entwickelt, ein Sozialprogramm, um einerseits die Jugendlichen auf der Straße aufzufangen, die sich einen regelrechten Graffiti-Krieg lieferten, andererseits endlich etwas gegen die Schmierereien an Wänden, Stromkästen und Masten tun. Heute zählt Philadelphia zu den saubersten Städten der USA und die gut 4000 Wandgemälde als Touristenattraktion.

Touristen wird die neue Farbgestaltung am Bahnhof Eitorf wohl nicht anziehen. Aber die Betonwände an den Rampen und in der Unterführung zwischen den Gleisen 1 und 2 sind auf jeden Fall ein Hingucker. Graffitikünstler Kai „Semor“ Niederhausen, der das begehbare Kunstwerk mit Alexander Gnida und dem Nachwuchskünstler „Filmore“ geschaffen hat, zeigt auf sein Smartphone. Auf Fotos sieht man, wie es vorher war: dunkel, grau und voller Kritzeleien, hingeschmierte Symbole und dumme Sprüche. Die DB Station & Service AG sowie Go Rheinland, der Nachfolger des Nahverkehr Rheinland, haben das 40.000 Euro-Projekt in Auftrag gegeben. Das Streetart-Graffiti-Projekt stellten die beiden Künstler am Dienstag zusammen mit Wilfried Koenen, Bereichsleiter für Qualität und Sicherheit bei Go Rheinland, Kai Rossmann, Bahnhofsmanager der DB für die Region Köln, Jugendcafé-Leiter Thomas Nolden sowie dem SPD-Kreistagsabgeordnete und Mitglied der Go Rheinland-Verbandsversammlung Dietmar Tendler vor.

„Mehrere Millionen Euro“ gebe die DB jährlich allein in NRW für die Beseitigung von illegalen Graffiti und Vandalismus aus, sagte Rossmann. „Die Schmierereien werden von den Fahrgästen als großer Makel angesehen und verursachen zudem stets hohe Kosten bei der Beseitigung“, ergänzte Koenen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass Kunstgraffiti an solchen Stellen eine gute Lösung seien, da sie die Wände verschönerten und meist nicht von illegalen Sprayern übersprüht würden. „Daher haben wir uns sehr gerne an den Kosten für dieses kreative Projekt beteiligt“, so Coenen.

20 Bahnhöfe besonders im Blick

Etwa 20 Bahnhöfe habe man da besonders im Blick. Nach solchen Kunstaktionen in Köln-West und Köln-Nippes habe man sich für den Bahnhof Eitorf entschieden, nachdem sich auch Tendler dafür stark gemacht habe. „Wir wollen sehen, wie sich diese künstlerische Gestaltung auf das Verhalten der Nutzer äußert – vor allem im Hinblick auf illegale Schmierereien“, sagte Koenen. Der Eitorfer Bahnhof habe nicht gerade eine besondere Aufenthaltsqualität, sagte Tendler. Seitdem ein Café darin sei, habe sich das zwar verbessert, aber erst die farbenfrohe und professionelle Streetart-Graffiti mache den Bahnhof doch wesentlich attraktiver.

Zumal man in Eitorf auch massive Probleme mit illegalen Graffiti habe. Vor etwa zehn Jahren sei der Betreiber des nahen Tennisclubs mal auf ihn zugekommen und habe angeregt, in Form eines Workshops die immer wieder beschmierten weißen Wände des Clubhauses zu gestalten, erzählte Thomas Nolden vom Jugendcafé. „Seitdem bieten wir jedes Jahr Workshops an.“ Geleitet werden die Workshops, in denen Jugendliche nicht nur Techniken für Graffiti lernen, sondern auch mit den rechtlichen und finanziellen Folgen von illegalen Aktionen konfrontiert werden, von „Semor“. Er ist in Eitorf kein Unbekannter. In der Szene sei er bekannt und werde respektiert, sagte Nolden. „Das ist wichtig, wenn man solche Workshops macht.“ Mit Alexander Gnida hat „Semor“ schon mehrere Projekte in Eitorf durchgeführt. Bei diesen Workshops seien auch mehrere Talente entdeckt worden, einer, nämlich „Filmore“ durfte auch bei der Gestaltung des Eitorfer Bahnhofs mitmachen.

Mehrere Projekte umgesetzt

Auch mit dem Gymnasium direkt neben dem Bahnhof hat es bereits gemeinsame Projekte gegeben. Gestaltet worden ist unter anderem auch das Ballhaus des Sportvereins Eitorf 09 oder das Wasserwerk.

Für die Künstler war es spannend, ein Konzept für die Unterführung und die teils sehr hohen Wandflächen zu entwickeln. „Es wirkt jetzt, als würde man durch ein Kunstwerk laufen. Die Passanten sollten das Gefühl bekommen, durch ein Farbenmeer zu laufen“, so „Semor“. Die hohen Flächen wurden in farbige Segmente unterteilt. Dabei wurde auch mit dem verwitterten Beton gespielt, um dem Bauwerk einen gewissen Respekt zu zollen. Die Menschen, die vom Eitorfer Bahnhof starten oder dort aussteigen, sollen farbenfroh verabschiedet oder empfangen werden. „Sie können auch gerne für einen Moment dort verweilen und sich der Malerei hingeben. Dann werden sie kleine Details und Farbverläufe erkennen“, so der Streetart-Künstler. Man habe bewusst mehrere Techniken angewendet, große farbige Formen wechseln sich mit dem Spiel von Buchstaben und Symbolen ab. Zwölf Tage haben die Künstler daran gearbeitet, zunächst die Flächen gesäubert und grundiert, dann ein Konzept entwickelt, es umgesetzt und am Ende das Ganze mit Graffitischutz überzogen.

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