Dauer der Haftstrafe könnte sich verringern Prozess um IS-Terroristin geht weiter

Siegburg · Ursprünglich sollte der Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Verena M. aus St. Augustin noch vor den Sommerferien mit einem Urteil beendet werden. Erkrankungen einzelner Prozessbeteiligter sowie noch strittige Punkte haben nun dazu geführt, dass das Verfahren in die Ferien hinein fortgesetzt wird.

 Verena M. muss sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten. Ihr wird vorgeworfen, die Terrormiliz "Islamischer Staat" unterstützt zu haben.

Verena M. muss sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten. Ihr wird vorgeworfen, die Terrormiliz "Islamischer Staat" unterstützt zu haben.

Foto: Peter Hemmelrath

Seit 28. März muss sich die St. Augustinerin Verena M. vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten. Der heute 33-Jährigen wird vorgeworfen, 2015 mit ihrem damals fünfjährigen Sohn in das Herrschaftsgebiet der Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) ausgereist zu sein. Die eigentlichen Anklagevorwürfe spielten in dem Prozess bislang nur eine untergeordnete Rolle. Viel mehr Raum nahm die Auseinandersetzung darüber ein, ob die fast zwei Jahre, die Verena M. in einem kurdischen Gefangenenlager verbringen musste, auf die zu erwartende Haftstrafe angerechnet werden müssen. Ihre Anwältin Seda Basay-Yildiz fordert eine solche Anrechnung im Verhältnis 1:3, was aufgrund der langen Zeit im Lager auch bei einer höheren Strafe faktisch zur baldigen Haftentlassung führen würde.

Die überregional bekannte Strafverteidigerin begründet das mit den „unmenschlichen Bedingungen" in den Lagern sowie der Möglichkeit, dass die 33-Jährige dort auf Wunsch der deutschen Behörden so lange inhaftiert war. Ein weiterer schwieriger Punkt ist die Frage, ob die Distanzierung von Verena M. vom IS auch als Bereitschaft zur Deradikalisierung gewertet werden kann. Die St. Augustinerin hatte sich beim Prozessauftakt mit scharfen Worten vom IS distanziert und diesem „unislamisches Verhalten" vorgeworfen. Gleichzeitig betonte sie, ihren Hijab vor Gericht nicht für ein milderes Urteil ablegen zu wollen.

Zu dokumentiertem Judenhass schweigt die Angeklagte bis heute

Danach zeichneten Zeugenaussagen das Bild einer strenggläubigen Konvertitin, die sich zwar vom IS distanziert, aber gleichzeitig an ihrem „ideologischen Fundament" festhalte und IS-Rückkehrer, die an Deradikalisierungs-Programmen teilnehmen, als „Heuchler" betrachte. Verena M. schwieg zu diesen Schilderungen, woraufhin ihr der Vorsitzende Richter Lars Bachler eine weitere Einlassung nahelegte.

Dem folgte eine rund 50-seitige Erklärung, deren Verlesung weit über eine Stunde dauerte. Darin distanzierte sich Verena M. erneut mit deutlichen Worten vom IS. Ihre Aussage, Teilnehmer an Deradikalisierungs-Programmen seien „Heuchler", erklärte sie als Missverständnis. Dann betonte sie erneut, mit einem Aussteiger-Programm des Landes zu „sprechen" und davon „positiv überrascht" zu sein. Interesse an einer Teilnahme daran auszusprechen, vermied sie jedoch erneut.

Auch dazu, wie sie heute zu dem Judenhass steht, dem sie in mehreren Nachrichten aus ihrer Zeit beim IS freien Lauf gelassen hatte, äußerte sie sich nicht. Hier sagte sie nur, dass sie sich beim Abspielen ihrer Nachrichten vor Gericht „geschämt" habe und sich „am liebsten unter den Tisch verkrochen" hätte. Abschließend appellierte sie an das Gericht, ihr ihre Religion nicht „negativ anzurechnen". Das zeigte sich versöhnlich, wertete die Erklärung als Geständnis und versprach, ihr Auftreten vor Gericht im Hijab werde „keine Auswirkungen" haben.

Zuletzt wurden Sitzungstermine bis zum 25. August vergeben. Dies würde auch bedeuten, dass die Urlaubsplanungen fast aller Prozessbeteiligter „zerhauen" würden, wie es der Senatsvorsitzende ironisch formulierte. Daraufhin zeigte selbst Seda Basay-Yildiz Bereitschaft zu einem schnelleren Ende des Prozesses: „Meine Mandantin will ein Urteil", sagte sie. In der Frage der Beurteilung der kurdischen Lagerhaft aber blieb sie hart: Da werde sie auch „ein Fass aufmachen", falls dies notwendig sei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Fader Beigeschmack
Kommentar zum Urteil gegen einen ehemaligen KZ-Wachmann Fader Beigeschmack
Aus dem Ressort