In Rheinbach gibt es keine Kegelbahn mehr Wie kann der Kegelsport gerettet werden?

Rhein-Sieg-Kreis · Seit Jahren muss ein Rheinbacher Kegelclub in der Fremde kegeln – und die Mitglieder sind auch nicht mehr die Jüngsten. Stirbt der Kegelsport aus?

Mit Anzug, Zylinder und Krawatte: Beim Stiftungsfest kegeln die Mitglieder der „Geheimen Millionäre“ in vornehmer Tracht.

Mit Anzug, Zylinder und Krawatte: Beim Stiftungsfest kegeln die Mitglieder der „Geheimen Millionäre“ in vornehmer Tracht.

Foto: Axel Vogel

Die Kugeln rollen über die Holzbahn. Wenn sie gegen die Kegel rauschen, knallt es laut. Die Männer, die die Kegel zu Fall bringen wollen, lachen, prosten sich zu – und erzählen sich Geschichten. Seit fast 70 Jahren gibt es den Rheinbacher Kegelclub „Geheime Millionäre 1956“ bereits. An diesem Abend wird das 67. Stiftungsfest gefeiert. Dafür haben sich die Herren in Schale geschmissen: Anzug, Zylinder, weißes Hemd und Krawatte sind Tradition beim Stiftungsfest.

Gefeiert und gekegelt wird allerdings im Exil, genauer gesagt auf einer Kegelbahn im Hotel Görres in Wachtberg-Villip. Doch was macht ein Rheinbacher Kegelclub in Wachtberg?

Von Rheinbach über Altendorf-Ersdorf nach Wachtberg

Wie Clubpräsident Karl Heinz Joisten sagt, gebe es in Rheinbach schon länger keine Kegelbahn mehr. „Bevor wir nach Wachtberg zum Kegeln gegangen sind, waren wir schon nicht mehr in Rheinbach, sondern in Altendorf-Ersdorf“, sagt er. Dort kegelten die Männer regelmäßig im Hotel-Restaurant „Ohm Hein“. Die dortige Kegelbahn ging allerdings bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 verloren, weshalb der Club gezwungen war, sich wieder eine neue Heimat zu suchen.

Keine Kegelbahnen mehr in Rheinbach – und auch kaum Kegelclubs. Die „Geheimen Millionäre“ sind der letzte Männer-Kegelclub in der Stadt. „Rheinbach hatte früher 20 Männerclubs – jetzt sind wir die letzten“, so Joisten. Und auch an diesem nagt in gewisser Hinsicht der Zahn der Zeit. Das Durchschnittsalter der Kegelbrüder ist 77 Jahre, Joisten selbst ist 83 Jahre alt – und wenn er von Nachwuchs spricht, meint er ein neues Mitglied im Alter von 58 Jahren.

Stirbt der Kegelsport aus?

Der seit 33 Jahren amtierende Präsident hat das Gefühl, dass der Kegelsport allgemein ausstirbt. „Die jüngeren Generationen haben durch die Digitalisierung andere Interessen bekommen“, vermutet Joisten. Seinen Club versucht der Rheinbacher dennoch für die Zukunft aufzustellen. „Ich bin stark vernetzt in Rheinbach und spreche Leute an, außerdem versuche ich den Kegelclub attraktiv zu gestalten“, so Joisten. Damit meint er gemeinsame Ausflüge und Kegelveranstaltungen, bei denen auch die Ehefrauen und Partnerinnen teilnehmen können.

Wird der Kegelsport also verschwinden? Diese Ansicht teilen Betreiber von Kegelbahnen nicht. „Es kommen immer neue Kegelvereine“, berichtet Hotelinhaber Peter Görres aus Villip. Der jüngste Kegelclub in Wachtberg bestehe aus 18-jährigen Jugendlichen, sagt er.

Görres findet, dass sich der Betrieb und die Instandhaltung von Kegelbahnen weiterhin wirtschaftlich rechnen. Das sieht auch Otto Stangl, Inhaber des Restaurants „Zum Fässchen“ in Meckenheim so. Stangl betreibt zwei Kegelbahnen – und das erfolgreich. „Zu uns kommen alle möglichen Leute zum Kegeln, entweder Stammtische oder auch Kindergeburtstage“, sagt er.

Kegeln als Alternative zum Bowling

Auch der Betreiber des Wirtshauses „Zur Heide“ in Bornheim-Merten, Almir Sprezo, ist vom Kegeln überzeugt. Als durch die Flutkatastrophe seine Kegelbahn zerstört wurde, beschloss er, sie für fast 100.000 Euro zu renovieren.

„Die Kegelbahn ist modern und digital, worüber sich viele Kunden freuen“, sagt Sprezo. Ein Aussterben des Sports sieht er nicht. Zu ihm kommen 28 Kegelvereine aller Altersgruppen.

Positive Meldungen übers Kegeln kann auch Harald Seitz, Sportdirektor des Deutschen Keglerbund Classic (DKBC), vermelden. „Unsere Mitgliederzahlen steigen und liegen bundesweit bei 40.000“, sagt er. Dazu komme, dass nach seinen Informationen in Deutschland sechs bis acht Millionen Menschen aktiv den Kegelsport betrieben. „Auch für Jüngere ist Kegeln attraktiv, da es eine günstigere Alternative zu Bowling ist“, meint Seitz. Somit ist es nicht ausgeschlossen, dass die „Geheimen Millionäre“ auch ihr 100. Stiftungsfest feiern werden. Und wer weiß, vielleicht dann wieder auf einer Kegelbahn in Rheinbach.

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