50 Jahre Wiweb Explosionen hinter zwei Meter dicken Wänden

Swisttal-Heimerzheim · Vor 50 Jahren wurde auf einer Lichtung im Kottenforst bei Heimerzheim das Chemisch-Technische Institut eröffnet. In und zwischen den verlassenen Gebäuden trainiert heute die GSG 9.

Brigitte Leuning und Detlef Müller waren im Wiweb-Institut, früher CTI, in Heimerzheim beschäftigt.

Brigitte Leuning und Detlef Müller waren im Wiweb-Institut, früher CTI, in Heimerzheim beschäftigt.

Foto: Hans-Peter Fuss

Die Ansiedlung des Chemisch-Technischen Instituts (CTI, später Wiweb) trug 1972 wesentlich zum Wachstum Heimerzheims bei. Denn für die gut 130 Mitarbeiter musste Wohnraum her, der aber nicht existierte. So wurden „die gelben Häuser“ gebaut, mehrstöckige Bauten am Dornbuschweg. Einige Jahre später kam noch der Bundesgrenzschutz hinzu, der die Einwohnerzahl des Dorfes nochmals in die Höhe trieb.

Brigitte Leuning und Detlef Müller, die heute noch in Heimerzheim leben, waren CTI-Mitarbeiter der ersten Stunde. Ihr täglicher Weg zur Arbeit führte über die neu angelegte Straße am damaligen Fußballplatz vorbei durch den Wald zum Institut. Heute stehen die Gebäude leer, die Fenster sind zerbrochen, die Natur holt sich das 14 Hektar große Gelände zurück. Hin und wieder trainiert die GSG 9 dort.

Bereits 1967 war mit dem Bau des Instituts, in dem Sprengstoffe für den militärischen und zivilen Gebrauch geprüft wurden, begonnen worden. Die Dienststelle existierte seit 1962 als Unterabteilung der Bundesanstalt für Materialprüfung, die wiederum zum Bundeswirtschaftsministerium gehörte. In Heimerzheim wurden nun die Verwaltung, bis dahin in Bonn, sowie die Außenstellen in Leverkusen und Aschau bei München zusammengelegt. Die Gesamtkosten einschließlich Grunderwerb betrugen 43 Millionen Mark. Gründungsdirektor war Professor Heinz Ide. 1997 wurde das Institut ins Wehrwissenschaftliche Institut für Werk-, Betriebs- und Explosivstoffe“ (Wiweb) unter der Leitung von Johann Guttenberger integriert.

Die Explosionen wurden gefilmt

Maschinenbau-Ingenieur Müller leitete die technische Werkstatt, bis er 1997 in den Vorruhestand ging. Brigitte Leuning war von 1972 bis 1992 im Institut als Laborantin beschäftigt. „Es wurden Explosionen von Paketen nachgestellt. Das passierte in den beiden Bunkern. Die Explosionen wurden gefilmt, damit man Rückschlüsse auf ihre Wirkung ziehen konnte“, berichtet Leuning. Ob sie dabei nie Angst gehabt habe? „Nein“, sagt sie, „wenn man sich an die Sicherheitsvorschriften gehalten hat, konnte nichts passieren.“ Es habe auch kaum Unfälle gegeben. Für alle Fälle habe aber stets ein Rettungswagen bereitgestanden. Und im Brandfall hätte die Feuerwehr Wasser aus dem eigens angelegten Löschteich pumpen können. Auch Müller hatte keine Bedenken bei der Arbeit. „Der Umgang mit Sprengstoffen war ja für uns Alltag“, sagt er.

Damit diese Sprengstoffe keinen Schaden anrichten konnten, wurden massive Stahlbetonbauten errichtet, mit Wand-, Boden- und Deckenplatten von bis zu zwei Metern Dicke. Diese Bunker mussten auch mit Erdreich überdeckt und mit Erdwällen versehen werden. Außerdem entstanden ein Gebäude für Fallversuche mit einem 14 Meter hohen Fallturm, ein Gebäude für Tiefkühllagerungen bei minus 65 Grad, ein Becken für Unterwasserversuche sowie Gebäude für Säure- und Laugenlagerung.

Der schleichende Abschied begann in den 1990er Jahren, als Stellen nicht mehr besetzt oder gestrichen wurden. Die Zahl der Mitarbeiter sank stetig. Als dann 2008 unter anderem aus Kostengründen Schluss war und die Dienststelle nach Meppen umzog, kam bei Leuning und Müller doch etwas Wehmut auf. Auch wenn sie schon länger nicht mehr dabei waren. Sie erinnern sich an eine gute kollegiale Gemeinschaft, aus der auch private Freundschaften hervorgegangen seien. „Besonders Weiberfastnacht hatten wir viel Spaß“, erinnert sich Leuning.

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