Wiederaufbauhilfe vom Land NRW Ist „unbürokratische“ Antragstellung zu bürokratisch?

Region · Bereits 220 Anträge auf Wiederaufbauhilfe für die Opfer des Hochwassers vom 14. Juli sind beim Land NRW eingegangen. Kritik am Antragsverfahren gibt es derweil vom Euskirchener Landrat Markus Ramers: Ohne Hilfe kämen die Antragsteller nicht zurecht.

 Die Gemeinde Swisstal koffert momentan Flächen ab, auf denen nach der Flut Sperrmüll abgeladen wurde, wie hier auf dem Bolzplatz in Ludendorf.

Die Gemeinde Swisstal koffert momentan Flächen ab, auf denen nach der Flut Sperrmüll abgeladen wurde, wie hier auf dem Bolzplatz in Ludendorf.

Foto: Axel Vogel

Seit dem vergangenen Freitag können Flutbetroffene in Nordrhein-Westfalen Förderanträge für den Wiederaufbau stellen. Und sie machen regen Gebrauch davon. Bereits am ersten Tag wurden nach Auskunft des zuständigen Heimatministeriums 2200 Nutzer registriert, 220 Anträge seien eingegangen, sagte Pressesprecher Robert Vornholt dem General-Anzeiger am Montag. Des Weiteren seien 30 Anträge auf Erstattung von Entsorgungskosten von Kommunen eingegangen. Das Verfahren zur Beantragung eines Antrags über das Online-Portal laufe störungsfrei.

Zum Wiederaufbau nach der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hatte der Bundestag am 7. September einen 30 Milliarden Euro starken Hilfsfonds aufgesetzt. Für die betroffenen Gebiete in NRW stehen daraus Mittel in Höhe von rund 12,3 Milliarden Euro bereit. Laut NRW-Förderrichtlinien können Anträge für Aufbauhilfen für Privathaushalte und Unternehmen der Wohnungswirtschaft, für Unternehmen, für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für Fischerei und Aquakultur und für den Wiederaufbau der Infrastrukturen in den Kommunen eingereicht werden.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Jung, hatte unmittelbar nach dem Beschluss des Bundestags gefordert, dass die Hilfen möglichst schnell umgesetzt werden sollten. Jung mahnte: „Es muss schnell gehen… Es muss unbürokratisch sein.“ Gleichwohl hatte es Kritik am Verfahren gegeben. So hatte der Landrat des Kreises Euskirchen, Markus Ramers (SPD), unter anderem kritisiert, dass die Schritt-für-Schritt-Anleitungen „nicht in einfacher Sprache formuliert“ seien: „Wir merken, dass es ohne die Hilfestellungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort nicht funktionieren wird.“

Land hat Berater für betroffene Kreise organisiert

Ministeriumssprecher Vornholt hingegen verweist darauf, dass das Online-Antragsverfahren für die Geschädigten einen einfachen Zugang zu einem Antrag auf Wiederaufbauhilfe sichere. Vornholt: „Da zahlreiche Geschädigte lebensälter sind und möglicherweise im Umgang mit Anträgen – egal, ob diese auf Papier oder per Internet auszufüllen sind – nicht erfahren sind, richten die Kreise und kreisfreien Städte zusätzlich Beratungsstellen ein. Dies wurde über die letzten zwei Wochen mit den Kreisen und kreisfreien Städten vorbereitet. Insbesondere wurde der Bedarf an zusätzlichem Personal abgefragt und mit gleichzeitig organisiertem Personal zusammengebracht.“

Er berichtet davon, dass bereits sämtliche vorliegenden Hilfsangebote „aus dem Justizbereich“ vermittelt worden seinen. Auch Kräfte aus der kommunalen Verwaltung und Sparkassenorganisationen seien in der Sache im Einsatz. „Die zusätzlichen Mitarbeiter wurden insbesondere auf den Kreis Euskirchen, den Rhein-Sieg-Kreis und die Stadt Hagen nach deren Bedarfsanmeldungen verteilt“, erläutert Vornholt. Die Mitarbeiter seien alle extrem engagiert: „Hier sitzen Frauen und Männer, die den Menschen helfen wollen.“

In vielen Fällen würde aber auch ein Anruf bei der Hotline helfen. Trotz eines erhöhten Anrufaufkommens sei nicht mit langen Wartezeiten zu rechnen, sagte Vornholt. In der Woche vor dem Stichtag seien pro Tag im Durchschnitt 700 Anrufe eingegangen, am Freitag selbst sei das Anruferaufkommen zwar noch einmal erhöht gewesen, was aber nicht zu größeren Problemen geführt habe. „Es ergab sich eine Wartezeit von rund zehn Minuten“, berichtet Vornholt. Darüber hinaus gebe es auf der Internetseite eine Rubrik für häufig gestellte Fragen. „Die Seiten werden ständig aktualisiert“, sagt Vornholt. Das sei schon deshalb zwingend notwendig, weil jeder Fall und jeder Schaden individuell sei.

Ministerium: Anträge dürfen nicht zu einfach sein

Der Ministeriumssprecher verteidigte weiter ein Mindestmaß an bürokratischen Hürden bei der Antragstellung. Wenn man das Verfahren zu sehr vereinfache, laufe man Gefahr, dass ähnlich wie bei der Coronahilfe Missbrauch betrieben werden könnte. „Wir sind dem Steuerzahler gegenüber rechenschaftspflichtig“, sagte Vornholt.

Die vom Rheinbacher Ratsherrn Georg Wilmers am Sonntag publik gemachte Beobachtung, dass die Anträge auf Aufbauhilfe für Flutopfer von Privatpersonen noch nicht gestellt werden könnten, stellte sich inzwischen als falsch heraus. Am Montag teilte sein Büro mit: „Antragstellung für Aufbauhilfe durch Privatpersonen ist möglich.“

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