Offener Brief an NRW-Innenminister Bad Godesberger Landesvermesser wollen nicht nach Köln

Bad Godesberg · Mehr als 100 Bedienstete von Geobasis NRW aus Bad Godesberg schreiben einen offenen Brief an Innenminister Herbert Reul. Darin kritisieren sie die Entscheidung von Regierungspräsidentin Gisela Walsken, den Standort 2024 nach Köln zu verlagern.

 In den Liegenschaften von Geobasis NRW zwischen Deutschherrenstraße (l.) und Muffendorfer Straße (r.) arbeiten 260 Bedienstete.

In den Liegenschaften von Geobasis NRW zwischen Deutschherrenstraße (l.) und Muffendorfer Straße (r.) arbeiten 260 Bedienstete.

Foto: Axel Vogel

Noch etwas mehr als zwei Jahre hat Ulrich Rechmann bis zur Rente. Er könnte also gelassen hinnehmen, dass sein Arbeitgeber, die Bezirksregierung Köln, seinen Dienstort 2024 von Bad Godesberg in die Domstadt verlegen will. Der Diplom-Ingenieur arbeitet bei Geobasis NRW, vielen besser bekannt als das frühere Landesvermessungsamt. „Der Umgang mit uns hat mich persönlich erschüttert“, begründet der Rheinbreitbacher, warum er in dieser Woche mit mehr als 100 Kollegen einen offenen Brief an Innenminister Herbert Reul geschrieben hat.

„Wir wenden uns heute mit der dringenden Bitte an Sie, sich persönlich für den Erhalt der von der Schließung bedrohten Standorte einzusetzen“, heißt es dort. Denn neben Bad Godesberg will Regierungspräsidentin Gisela Walsken, wie berichtet, auch die Aachener Außenstelle der Bezirksregierung aufgeben. Für beide Einheiten ist ein Bürogebäude der Ergo-Versicherung in Köln-Braunsfeld angemietet worden.

Viele Mitarbeiter wohnen im nördlichen Rheinland-Pfalz

„Waren Sie schon mal in Braunsfeld?“, fragt Rechmann im GA-Gespräch mit ironischem Unterton. Das liege im tiefsten Westen von Köln, bedeute für die Mitarbeiter des Godesberger Standorts bis zu 1,5 Stunden Anfahrt, für die Aachener Kollegen noch mehr. „Sie dürfen nicht vergessen, dass wir viele Beschäftige haben, die aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz kommen“, meint Rechmann. Einige davon wohl von der Flut betroffen, viele mit Halbtagsstellen.

Was den einstigen Auszubildenden des Landesvermessungsamtes ärgert, ist das Vorgehen von Walsken. „Anfang Dezember kam sie mit Adventskalendern in Godesberg vorbei, am 8. Dezember gab es via Hausmitteilung die Nachricht, dass unsere Standorte zum 31.12.2023 aufgelöst werden“, sagt Rechmann. Der Sinn leuchte niemandem ein. Die Aachener wie die Godesberger säßen derzeit in angemieteten Liegenschaften des Landes NRW. An der Deutschherrenstraße nutzt man von acht Gebäudekörpern sechs selbst, zwei dienen derzeit als Landesunterkunft für Flüchtlinge. Nun miete man von einem Unternehmen. „Aus meiner Sicht ist das ein Nullsummen-Spiel“, meint Stefan Götze.

Höhenmodelle mittels Laserscanning

Wie Rechmann hat der 60-Jährige sein ganzes Berufsleben bei den Landesvermessern verbracht, wie sein Kollege erstellt er digitale Höhenmodelle mittels Laserscanning. Höhenoberflächen braucht man zum Beispiel für Wanderkarten, aber auch beim Lärm- oder Hochwasserschutz. In früheren Jahren hatte Götze ein kleines Zimmer in Bad Godesberg, sein Hauptwohnort war immer Wuppertal; vor Corona pendelte er zweimal in der Woche. Rechtlich habe man keine Möglichkeiten, gegen Walskens Entscheidung vorzugehen, sagt das Personalratsmitglied: „Es handelt sich um kein Mitbestimmungsverfahren, nur um ein Mitwirkungsverfahren.“ Bei allen bisherigen Gesprächen sei aber kein Einvernehmen erzielt worden.

 Die Liegenschaften von Geobasis NRW in Bad Godesberg.

Die Liegenschaften von Geobasis NRW in Bad Godesberg.

Foto: Grafik

260 Bedienstete gebe es bei Geobasis NRW. „Hätten wir mehr Zeit gehabt, hätten noch mehr Kollegen den offenen Brief unterschrieben“, ist Rechmann überzeugt. Denn eine Umfrage, an der sich 85 Prozent aller Mitarbeiter beteiligt hätten, habe ergeben, dass 80 Prozent in der Verlagerung nach Köln nur Nachteile sähen. Zehn Prozent hätten Vorteile, weiteren zehn Prozent sei der Umzug der Dienststelle nach Köln egal.

Innenministerium äußert sich nicht

„Handelt die Bezirksregierung Köln hier wirklich im Sinne des Landes NRW?“, heißt es im Schreiben an Reul. Dieser hatte im Dezember, wie berichtet, von Walskens Plänen keine Ahnung. Wie der Innenminister dazu steht und ob es Gespräche mit der Regierungspräsidentin gab, muss weiter offenbleiben. Die Pressestelle hoffte am Mittwoch, sich an diesem Donnerstag äußern zu können. Wortreicher, wenn auch nicht in Detailfragen, ist die Pressestelle der Bezirksregierung. Mit „Start des Prozesses“ habe Walsken die Personalvertretung und die betroffenen Mitarbeiter informiert. „Dazu kamen mehrere Veröffentlichungen zum Sachstand im Intranet der Behörde, persönliche Gespräche und persönliche Antworten per Mail auf Fragen betroffener Beschäftigter. Dies wird auch weiterhin so erfolgen“, teilt Vize-Sprecher Dirk Schneemann mit. Das Innenministerium sei mit eingebunden.

In den kommenden zwei Jahren sollen unter anderem drei Arbeitsgruppen (bestehend aus Personalrat, Vertretern der betroffenen Abteilungen und anderen) den Weg zur Verlagerung nach Köln bereiten. „Dort wird es beispielsweise um Zuweisungen zu den Standorten, enge Begleitung der betroffenen Beschäftigten, Jobticket oder in besonderen Fällen bis hin zu einer Erhöhung der individuellen Telearbeit gehen“, sagt Schneemann.

„Durch die Schließung der Liegenschaften sowie die Anmietung der Räumlichkeiten in Köln wird die Möglichkeit eröffnet, sowohl die derzeitigen Beschäftigten als auch die hohe Anzahl an Neueinstellungen unterzubringen“, so Schneemann. Bei den aktuellen Ausschreibungen für unbefristete Stellen sucht man allerdings noch explizit für den Dienstort Bonn.

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