Bezirksregierung sagt Infoveranstaltung ab Neuer Ärger um Bahnübergang am Weck-Werk in Duisdorf

Duisdorf · Die Deutsche Bahn will, dass der Bahnübergang am Weck-Werk in Duisdorf verschwindet. Die Bezirksregierung prüft das Vorhaben und hat jetzt eine Infoveranstaltung für Bürger abgesagt. Das sorgt für Unverständnis bei den Betroffenen.

 Über den Bahnübergang am Weckwerk in Duisdorf wird seit viele Jahren gestritten.

Über den Bahnübergang am Weckwerk in Duisdorf wird seit viele Jahren gestritten.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Kontroverse um den Bahnübergang am Weck-Werk, der an der Grenze zwischen Alfter-Oedekoven und Bonn-Duisdorf liegt, bekommt ein neues Kapitel. Dieses Mal geht es darum, dass die Bezirksregierung Köln im Planfeststellungsverfahren darauf verzichtet, Leute mit Einwänden gegen die Sperrung des Übergangs bei einer Veranstaltung zu informieren. Als Grund gibt die Behörde in einem Schreiben an Beteiligte des Verfahrens an, dass sie wegen der vielen Einwendungen und der hohen Corona-Inzidenz von einem solchen Termin absehe. Stattdessen können sich die Empfänger des Schreibens noch mal schriftlich melden, sollten sie Bedarf haben.

Bei einem Planfeststellungsverfahren entscheidet die Bezirksregierung zum Beispiel darüber, ob sie den Bau von Straßen, Eisenbahnstrecken oder Deponien zulässt. Es geht dabei etwa um Fragen des Umweltschutzes oder der Gesundheit. Bevor die Behörde entscheidet, ob das Projekt umgesetzt werden kann, sind mehrere Schritte vorgesehen – unter anderem ein „Erörterungstermin“, an dem der Antragsteller, in diesem Fall die Deutsche Bahn, ihr Vorhaben Betroffenen und Kritikern noch einmal erläutert.

„Angesichts der Tatsache, dass wieder Großveranstaltungen wie Konzerte stattfinden, halte ich diese Entscheidung (zur Absage) für unglücklich“, teilt der Landtagsabgeordnete Oliver Krauß (CDU) aus Alfter mit. Die Betroffenen sollten die Gelegenheit bekommen, sich in einem Präsenztermin Gehör zu verschaffen. „Unglücklich“ ist auch das Wort, das Dominik Loosen benutzt, der für die SPD in der Bezirksvertretung Hardtberg sitzt. Er sagt: „Argumente lassen sich bei so einem Termin besser austauschen, als über ein schriftliches Verfahren.“

Anwohner hält Absage für Ausrede

„Das ist eine Ausrede“, sagt Wolfgang Groß über den Grund für die Absage der Bezirksregierung. Er ist Anlieger, Sachverständiger für Schienenverkehr bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg und hat für die SPD bis 2020 in der Bezirksvertretung Hardtberg gesessen. Wie die Bezirksregierung agiert, halte er für nicht tragbar. Er sagt: „Die Veranstaltung könnte doch ohne Probleme per Web stattfinden.“

Die Bezirksregierung teilt dem GA zur Absage Folgendes mit: „Die Entscheidung, auf einen Erörterungstermin zu verzichten, haben wir am 12. April 2022 getroffen. Die Entwicklung der Pandemie verlief und verläuft dynamisch.“ Ein Erörterungstermin zu planen, brauche längeren Vorlauf. „Daher war nicht absehbar, wie sich die COVID-19-Lage bis dahin entwickeln würde und ob und welche Schutzmaßnahmen dann gegebenenfalls gelten würden.“ So ein Termin sei nicht mit einem Konzert vergleichbar.

Weiter schreibt die Behörde, sie habe allen Beteiligten noch mal ermöglicht, sich schriftlich zu äußern. Wie das Verfahren gelaufen ist, bewertet sie als „geeignet und ausreichend“. Und: „Zwar ist ein unmittelbarer Austausch, wie es in einem Erörterungstermin der Fall wäre, nicht möglich, aber dennoch können sich alle Beteiligten umfassend digital informieren und ihre Belange einbringen.“

Die Deutsche Bahn antwortet auf die Bitte um eine Stellungnahme zur Absage des Termins schriftlich: „Dies möchten wir nicht kommentieren.“ Weiter heißt es in dem Schreiben: „Eine Schließung des Bahnüberganges ist für 2026 vorgesehen.“ Aus Sicht der DB sei mit der Alma-Brücke in zumutbarer Entfernung eine Ersatzquerung hergestellt worden.

Breiter Widerstand gegen Schließung

Die Schließung des Bahnübergangs für Autos und LKW beschäftigt Anwohner, Unternehmen, Interessenverbände und Politik schon seit mehr als zehn Jahren. Anwohner befürchten etwa, dass der Verkehr in den umliegenden Vierteln zunimmt, ansässige Unternehmen beklagen, dass es problematisch werde, Waren abzutransportieren beziehungsweise anzuliefern.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club kritisierte, Radfahrer könnten die geplante Unterführung wegen der Bauweise kaum vernünftig nutzen, um auf die andere Seite der Schienen zu gelangen. Laut ADFC hatte die Bahn zwischenzeitlich zugesagt, Verbesserungen zu prüfen. In der Stellungnahme des Unternehmens heißt es nun aber: „Die Radfahrer müssen im Bereich der Unterführung und der Rampenanlagen absteigen.“

Das aktuelle Planfeststellungsverfahren ist bereits das zweite, das erste lief seit 2011. Sieben Jahre später zog die Bahn den ersten Antrag zurück. Der Ursprung der Streitigkeiten liegt noch weiter zurück: 2004 unterzeichnete Alfter eine Vereinbarung, wonach sich der Bund am Bau der etwa 500 Meter entfernt liegenden Alma-Brücke (siehe Infokasten) beteiligt, dafür aber der Bahnübergang wegfällt. Bund und Bahn hatten jeweils ein Drittel der Kosten übernommen. Auf diese Vereinbarung besteht die Bahn.

Beschluss des Bonner Hauptausschusses

Später hatten Alfter und Bonn Widerstand gegen das Vorhaben der Bahn angekündigt. Der Bonner Hauptausschuss beschloss dazu 2017 einstimmig: Die Stadt Bonn solle mit allen möglichen Einwendungen und eventuell auch rechtlich dagegen vorgehen, dass der Bahnübergang wegfällt.

Das Presseamt teilt dazu mit, die Stadt lehne die Schließung ab und habe im Wesentlichen folgende Einwände abgegeben: Entfalle der Bahnübergang, verlagere sich der Verkehr in die umliegenden Wohngebiete. Dadurch erhöhe sich die Unfallgefahr, Lärm und Abgasbelastung. „Die Zufahrt zum Gewerbegebiet Hardtberg West über den bestehenden Bahnübergang Weck-Werk ist die einzige Zufahrt, die nicht durch Wohngebiete führt.“

Die Stadt schreibt auch: „Da im Zuge der Almabrücke heute schon Rückstauerscheinungen auftreten und der Knoten B 56/Almabrücke auch in Zukunft weiter ausgelastet sein wird, ist der Bahnübergang aus Sicht der Stadt aufrecht zu erhalten.“ Zudem teilt das Presseamt mit: „Nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens wird die Stadt prüfen, ob gegen den Planfeststellungsbeschluss zur Schließung des BÜ Weckwerks rechtlich vorgegangen wird.“

Im zweiten Planfeststellungsverfahren gab es 128 Einwendungen gegen die Schließung des Bahnübergangs. Quer durch die Parteien, waren sich die Politiker bei ihrem Widerstand einig und sind es noch. „Skandalös“, nennt Bert Moll (CDU) das Verfahren. Und SPD-Mann Loosen sagt: „Ich bin gegen die Schließung. Ich sehe Riesen-Probleme auf Duisdorf zukommen, wenn der Bahnübergang geschlossen wird.“

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