Benefizaktion Open Piano in Bonn An diesem Flügel darf jeder spielen

Bonn · Die Initiative Open Piano for Refugees lädt noch bis Sonntag am Remigiusplatz zum Klavierspielen ein. Jeder darf hier mal spielen.

 David Nawrocki (l.) und Eray Kousian lernen sich beim Open Piano am Remigiusplatz kennen und improvisieren ganz spontan am Flügel vierhändig.

David Nawrocki (l.) und Eray Kousian lernen sich beim Open Piano am Remigiusplatz kennen und improvisieren ganz spontan am Flügel vierhändig.

Foto: Sebastian Flick

„Steht der Flügel immer hier?“, fragt sich ein Passant, als er am Donnerstagmittag durch die Fußgängerzone am Remigiusplatz vorbeikommt. Angelockt von den Pianoklängen, bleibt er mit seiner Begleitung stehen und lauscht der Musik. Am roten Flügel sitzt Eray Kousian. Auch er hatte das frei zugängliche Instrument zuvor zufällig entdeckt und sich spontan entschlossen, einige Stücke zu spielen.

Möglich gemacht hatte diese öffentliche Aktion die Initiative Open Piano for Refugees, die mit ihrem Musikprojekt bundesweit unterwegs ist und diesen Sommer bereits zum zweiten Mal zu Gast in Bonn ist. „Diese Aktion ist richtig geil. Ich suche immer, wenn ich unterwegs bin, offene Klaviere, aber die gibt es ja kaum“, sagt Kousian, während er am Flügel das französische Stück „Una matina“ anstimmt.

Der 18-Jährige Remagener ist leidenschaftlicher Hobby-Pianist: „Klavierspielen beruhigt mich. Dabei kann ich mich gut entspannen und nachdenken“, berichtet Kousian. Die Passanten nimmt er dabei kaum wahr, so sehr ist er in seinem Element.

Zu den Leuten, die stehenbleiben, zählt David Nawrocki. Nach einigen Minuten des Zuhörens animiert ihn das Klavierspiel Kousians dazu, sich einen zweiten Klavierhocker zu schnappen und sich neben ihn zu setzen. Die beiden spielen spontan vierhändig: „Wir freestylen ein wenig“, sagt Nawrocki. Das machen sie so gut, dass immer mehr Personen zuhören. Die beiden Hobbymusiker freunden sich schnell an und erkennen viele Gemeinsamkeiten, beispielsweise, dass sie beide schon mal auf Hochzeiten gespielt, beziehungsweise gesungen haben.

Alle Altersgruppen spielen

Vor Kousian und Nawrocki hatten sich an diesem Vormittag auch schon einige weitere Musiker an den Flügel getraut, wie Eric Lowes von der Initiative Open Piano for Refugees berichtet: „Wir haben heute alle Altersgruppen vertreten, von Grundschulkindern bis Senioren. Heute Morgen haben zwei Kinder vierhändig Walzer gespielt“, so Lowes.

Es komme bei den Open Piano Sessions aber auch häufiger vor, dass einige Berufsmusiker in die Tasten greifen. „Bei unserer letzten Session in Bonn hatte eine professionelle Pianistin aus Rom gespielt, die auf ihrer Deutschlandtournee gerade ein Konzert in Bonn gegeben hatte“, berichtet Lowes.

Wenn gerade mal kein Passant in die Tasten greift, setzt sich der Bonner Student auch schon mal selbst an den Flügel. Dann erklingen klassische Stücke von Chopin oder Mozart. „Manchmal spiele ich auch Filmmusik“, sagt Lowes. Ziel sei es, allen Menschen, insbesondere jenen, die nicht die finanziellen Mittel haben, sich ein Instrument zu leisten, die Möglichkeit zu bieten, mal an einem großen Flügel zu sitzen.

Warum nicht dauerhaft ein Klavier aufestellen?

„Eben hat hier ein Herr gespielt, der diese Woche aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet ist. Er setzte sich an den Flügel und stimmte ein Jazz-Stück an“, berichtet Lowes. Nachdem er sein Klavierspiel beendet hatte, habe der Pianist ihn gefragt, wo man hier in Bonn sonst noch regelmäßig Klavier in der Öffentlichkeit spielen könnte. „Ich musste ihm sagen, dass es so ein Angebot hier leider sonst nicht gibt“, sagt Lowes und hofft, dass ein offenes Klavier eines Tages auch als langfristiges Projekt realisierbar ist: „Im Bahnhof von Uelzen habe ich mal ein öffentliches Klavier gesehen. Das wäre doch auch für Bonn eine gute Sache“, meint Lowes. Der Flügel am Remigiusplatz, so klärte Lowes einige Passanten auf, steht nur noch wenige Tage hier: „Noch bis Sonntag kann hier jedermann täglich ab 11 Uhr bis in die Abendstunden spielen“, sagt Lowes.

Während am Donnerstag Klavierstücke unterschiedlichster Musikrichtungen erklangen, füllte sich die vor dem Flügel stehende Spendenbox: Die Initiative Open Piano for Refugees sammelt an allen Tagen für das Musikinstitut DoReMi, das Geflüchteten und sozial benachteiligten Menschen Musikunterricht ermöglicht.

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