Ärger über Kommunikation Bahn kündigt weitere Zugausfälle für Bonner Hauptbahnhof an

Bonn · Noch bis Freitag fährt kein Zug der Rheinschiene über den Bonner Hauptbahnhof. Die Bahn nennt nun Details zu den Ausfällen und kündigt die nächste Sperrung an. Fahrgäste weichen auf die Stadtbahnen aus.

 Wer Richtung Köln will, kann auf die Stadtbahnen der Linien 16 und 18 ausweichen.

Wer Richtung Köln will, kann auf die Stadtbahnen der Linien 16 und 18 ausweichen.

Foto: Benjamin Westhoff

Auch am Mittwoch sind nach wie vor Fahrgäste am Bonner Hauptbahnhof eingetrudelt, die von den derzeitigen Zugausfällen überrascht waren. Noch bis diesen Freitag ist der Abschnitt Bad Godesberg bis Roisdorf wegen Stellwerksarbeiten gesperrt. Die Bahn hatte darüber im Vorfeld nicht offensiv und ohne Angaben von Terminen informiert – zum Verdruss vieler Kunden. Nun nennt sie Details und kündigt die nächste Sperrung an.

Ein junger Mann aus Hamburg wartet vergebens in Bonn, wird schließlich von einem Freund aus Köln abgeholt. Michael Schulte wundert sich: „Ich habe selbst als Brückenbauer gearbeitet. Wenn damals durch Bauarbeiten der Verkehr unterbrochen wurde, wurde das immer im Vorhinein klar und aktuell kommuniziert“, sagt der Pendler zwischen Bonn und Bad Honnef. „Aber so eine Situation wie in den letzten Tagen habe ich noch nie erlebt."

Mohammed Aljoiri weicht auf die Stadtbahnen nach Köln aus, um zur Arbeit in Hamm zu kommen. Gut anderthalb Stunden extra kostet ihn das. Auf seiner Strecke über Brühl bis Köln seien Verzögerungen mittlerweile schon an der Tagesordnung. Die Bahnen der 16 und 18 waren am Mittwoch voller als sonst, aber nicht überfüllt. Nur wenige Menschen gehen zur Haltestelle Colmantstraße, wo der Ersatzschienenverkehr für RE 5, RB 26 und die anderen Nahverkehrszüge abfährt.

Weniger Fahrgäste, weniger Kunden: Ein Verkäufer bei McDonald's im Bahnhof sagt, dass seit Sonntag kaum jemand zum Essen gekommen sei. Dennis Günter vom Burgerbrater Five Guys gegenüber hatte auch weniger Geld in der Kasse. „Ich dachte schon, es liegt an 2G plus ", meint er. Er schätzt, dass fehlende Bahnkunden 1000 Euro weniger jeden Tag ausmachten. Spätkauf-Betreiber Kemal Demirci hatte nach eigener Aussage 20 Prozent weniger Kundschaft in den vergangenen drei Tagen. „Bauarbeiten und Bahnausfälle wirken sich immer negativ auf das Geschäft aus“, sagt er. Ana Rodrigues bestätigt das an ihrem Kaffee-Mobil.

Zugausfälle in Bonn: Harsche Kritik aus der Politik

Nicht nur Bahnkunden ärgern sich über die fehlende Kommunikation der Bahn, harsche Kritik kommt auch aus der Politik. „Das Vertrauen in den öffentlichen Verkehr leidet unter einem solchen Vorgehen, und das ist schlecht für die Akzeptanz der dringend notwendigen und von der Stadt Bonn angestrebten Verkehrswende“, sagt Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) am Mittwoch. Ins selbe Horn stößt der Verkehrsexperte der Grünen-Ratsfraktion, Rolf Beu: Infrastruktur müsse unterhalten und erneuert werden, damit sie künftig verlässlich nutzbar sei. Auch Bahnstrecken. „Völlig unakzeptabel sind aber die erneut komplett mangelhaften Vorab-Informationen der Deutschen Bahn. Die DB benimmt sich auch hier wieder hoheitlich überheblich, als wären wir noch in der Gründungszeit des Kaiserreichs und nicht im 21. Jahrhundert.“

Diese Arroganz verärgere Bahnkunden und schädige dem Ruf des ganzen Nahverkehrs. Der sei für die notwendige Verkehrswende unverzichtbar, so Beu. Man hätte einen durchgehenden Zehn-Minuten-Takt auf der Stadtbahnlinie 16 zwischen Bonn und Köln anbieten können. „Stattdessen verlieren sich Tausende von Fahrgäste desorientiert und frustriert am Hauptbahnhof“, sagt Beu. Dass die DB ihr Vorgehen sogar noch rechtfertige, „setzt dem Ganzen die Krone auf“.

Der Bonner Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (FDP ) meint: „Bei allem Verständnis für notwendige Baumaßnahmen ist die pampige Art der DB-Kommunikation eine Frechheit. Die Bahn muss offensiv über Sperrungen dieses Ausmaßes in Zeitungsanzeigen, im Internet, mit Aushängen oder Radiospots informieren.“ Das sieht auch Katrin Uhlig (Grüne), die direkt gewählte Bonner Bundestagsabgeordnete, so. Sie habe Verständnis dafür, dass die Bauarbeiten wichtig sind. Doch die Bahnnutzer müssten sich rechtzeitig darauf einstellen können „und nicht erst am Bahnhof feststellen, dass der Zug dort gar nicht fährt", so Uhlig. Lambsdorff: „Für viele Menschen in Bonn, Köln und der Region ist die betroffene Strecke täglicher Weg zur Arbeit, zur Uni oder zum Ausbildungsbetrieb.“

Deutsche Bahn teilt Details zu Bauarbeiten mit

GA-Leser Thorsten Bauder weist darauf hin, dass die Bauarbeiten mitnichten erst am Dienstag begonnen hätten. „Die Strecke ist seit Montag schon gesperrt, was ich am eigenen Leib erfahren musste.“ GA-Leser Ulrich Kissmann springt für die Bahn in die Bresche: Der DB-Reisenavigator, die Abfahrtstafeln der DB und auch die Reiseauskunft „zeigen schon seit Wochen für Montag bis Freitag einen Komplettausfall des Bonner Hauptbahnhof an“. Es würden Ersatzbusse angezeigt.

Auf GA-Anfrage teilt eine Bahnsprecherin am Mittwoch nun Details mit. So finden in dieser Woche zwischen Bonn und Bad Godesberg Kabeltiefbauarbeiten statt. Diese „dienen zur Vorbereitung der Strecke für das moderne Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control System), mit dem die Züge zukünftig ohne Signaltechnik durch das Schienennetz gesteuert werden können“, so die Bahn.

  • Betroffene Züge: Bis diesen Freitag, 21 Uhr, sind im Nahverkehr die Linien RE 5 (RRX), RB 26, RB 30 und RB 48 betroffen. Als Ersatz fahren Busse in der Quantiusstraße ab. Bis Freitag, 18. Februar, starten/enden die Fernverkehrszüge der ICE-Linie Koblenz/Bonn – Wuppertal – Hamm – Hannover – Berlin vereinzelt in Köln. „Der Halt in Bonn entfällt bei diesen Zügen, bei planmäßig in Koblenz beginnenden/endenden Zügen entfallen zudem die Halte in Koblenz, Andernach und Remagen“, so die DB. Seit 31. Januar entfallen zudem die Züge der neuen Sprinter-Linie Bonn – Köln – Berlin zwischen Bonn und Köln. Zwischen Koblenz und Köln wird der Großteil der weiteren Züge über die rechte Rheinseite umgeleitet, dabei entfallen die Halte in Andernach, Remagen und Bonn. Ersatzweise halten diese Züge in Köln Messe/Deutz, IC-Züge zudem in Beuel.
  • Der nächste Ausfall: Von Montag, 14. Februar, 5 Uhr, bis Freitag, 18. Februar, 21 Uhr, kommt es zu einer Sperrung zwischen Sechtem und Bonn. Plakate am Bahnhof weisen darauf hin. Mehr Infos gibt es auf www.vrs.de/fahren/fahrplanauskunft/baustellen-und-ereignismeldungen.

„Die Bauphase wurde von DB und Nahverkehr Rheinland (NVR) frühzeitig kommuniziert“, verteidigt sich die DB. Bereits seit Ende Dezember machten Plakate und Spannbanner am Bahnhof auf die Arbeiten aufmerksam. Seit Anfang Januar sei zusätzliches Servicepersonal vor Ort und beantworte Fragen. Über den DB Navigator, zuginfo.nrw sowie die VRS-Fahrplanauskunft sind laut Bahn alle Änderungen ersichtlich. Zudem gebe es einen Modellversuch mit QR-Codes in den Zügen, der vielversprechend verlaufen sei, so die Sprecherin. Im Übrigen seien bislang nur vier Kundenanfragen zur Baustelle eingegangen, „ein vergleichsweise geringer Wert im Verhältnis zur Größe der Baumaßnahme“. Dennoch sei jede Beschwerde eine zu viel. „Für entstandene Unannehmlichkeiten bitten die DB und der NVR die Fahrgäste um Verständnis“, heißt es.

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