Kino im Innenhof der Uni Bonn Mehr als 300 Zuschauer genießen Stummfilmtage

BONN. · Bei den Stummfilmtagen im Arkadenhof der Uni genießen mehr als 300 Zuschauer die Festival-Atmosphäre. Buster Keaton watete über die Leinwand.

 Das Erlebnis ist sicher: Mehrere hundert Zuschauer genießen den Film „Der Student von Prag“.

Das Erlebnis ist sicher: Mehrere hundert Zuschauer genießen den Film „Der Student von Prag“.

Foto: Benjamin Westhoff

Buster Keaton, der sich unter den Stars der Stummfilmära seinen Ruf als Pechvogel vom Dienst redlich verdient hat, watet durch strömenden Regen. Zwar trägt er einen Schirm, doch seine Miene verrät, dass auch der im Grunde nichts mehr nützt. Dieser kleine Filmausschnitt auf der Homepage der Internationalen Stummfilmtage illustriert ein absolutes Novum: „Eine Absage wegen Unwetters wie am 12. August – das hat es bei uns in 36 Jahren noch nie gegeben“, sagt Sigrid Limprecht, die Vorsitzende des Fördervereins Filmkultur. Immerhin: Per Video-Stream lassen sich Keatons sportliche Missgeschicke als College-Student auch trockenen Fußes und Hauptes verfolgen.

Auch das ist 2020 neu, allerdings nicht den Launen des Wetters, sondern vielmehr dem coronabedingten Hygienekonzept zuzuschreiben, das der Förderverein Filmkultur dem Bonner Gesundheitsamt vorgelegt hat und das die Zahl der Zuschauer im Arkadenhof der Universität Bonn auf 500 begrenzt. „Was wir nach einigen Tagen sagen können, ist vor allem ein großer Dank an all unsere Zuschauer, die sich absolut diszipliniert verhalten“, betont Limprecht. Das Rückverfolgungsformular bringen sie bereits ausgefüllt mit und schlendern zu ihrem Platz in einem der farbig markierten Blöcke, während Stephen Horne, der seit 20 Jahren Stummfilme begleitet und am Abend zuvor mit Querflöte und Akkordeon zum Festival nach Bonn gereist ist, zur Probe ein paar Akkorde anschlägt. Die Atmosphäre ist rundum entspannt.

Alles gut organisiert

So hat sich auch bei der Harfenistin Elizabeth-Jane Baldry aus Devon die Nervosität gelegt. „Hier ist alles so gut organisiert, dass man sich wirklich sicher fühlen kann“, findet sie. Beim Bonner Sommerkino ist die britische Musikerin bereits zum vierten Mal mit dabei und wird am nächsten Abend zusammen mit Horne „Das Phantom des Moulin Rouge“ begleiten. Denn Baldry pflegt ein ausgesuchtes Faible für den Stummfilm:. „Wenn ich allein spiele, kann ich spüren, wie es mich mitten hineinzieht. Die Bilder beginnen zu sprechen.“

Als „echter Stummfilm-Freak“ bezeichnet sich, mit einem gewissen Augenzwinkern, Ivana Cabraja, die für die Koordination des 24 Köpfe starken Teams im Hof und rundherum verantwortlich ist. Die Berlinerin ist zwar auch an diesem ruhigen Abend gefragt, hat aber Zeit, zusammen mit ihrer „Rechten Hand“ – Muna Zubedi vom Team der Brotfabrik – den Blick schweifen zu lassen. „Die 1920er sind ja gerade en vogue. Dazu passe der Stummfilm doch perfekt, scherzt Cabraja, bevor die Pflicht ruft.

Neu im Team vor Ort ist auch der 21-jährige Roman Höffken, der 2019 zum ersten Mal überhaupt beim Sommerkino war und den die Faszination Stummfilm seither nicht mehr losgelassen hat. „Meine Premiere war „Peter Pan“, und die Harfenmusik dazu einfach wunderbar“, erinnert sich Höffken.

Rund 300 Zuschauer jeden Abend

Rund 300 Zuschauer sind es an jedem Abend. Auch wenn, wie Limprecht erzählt, „viele unserer Stammgäste in diesem Jahr lieber am Bildschirm zuschauen und sich per Mail, telefonisch oder auch in den Social-Media-Kanälen melden, „aber die, die kommen, bringen das typische Festival-Gefühl mit, das auf uns alle übergesprungen ist.“ Für Elisabeth Laagland aus Bad Godesberg ist der August ohne Bonner Sommerkino schlichtweg nicht vorstellbar. „Mich zieht es seit 30 Jahren hierher. Und ich bin diesmal wirklich sehr beeindruckt, wie reibungslos dies hier alles klappt.“

Matthias Hipppold, 23, aus Bonn erwartet mit „Der Student von Prag“, der in wenigen Minuten dort auf der großen Leinwand beginnen wird, gleich eine doppelte Premiere. „Ich bin mit Freunden hier, und wir dachten, probieren wir es einfach mal aus. Der Abend ist schön, und der Film klingt interessant.“

Noch schnell am Pavillon mit einem Getränk versorgen, das diesmal aus Sicherheitsgründen in Flaschen ausgegeben wird. Dann ertönt die Fanfare, dann wuchten die Strichmännchen on screen den Flügel in Position. Und Stephen Horne greift in die Tasten, um Conrad Veidts Pakt mit dem Teufel mit einem grandiosen Soundtrack zu begleiten. So und nicht anders hatte Baldry sich das vorgestellt.

Programm am Wochenende und weitere Informationen unter: www.internationale-stummfilmtage.de

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