Pläne zur Renaturierung Bad Honnefer Bachanwohner leben in Angst vor neuem Hochwasser

Bad Honnef · Beim Bad Honnefer Bachgespräch am Möschbach informierten sich die Anwohner über Schutzmaßnahmen gegen Starkregenereignisse. In den Fokus rückte jedoch schnell ein anderes Thema: die Abkehr von einem seit knapp 25 Jahre beabsichtigten Plan.

Über die Gefahren neuer Hochwasser an den Bad Honnefer Bächen informieren sich die Anwohner des Möschbachs bei den „Bachgesprächen“ der Stadt Bad Honnef.

Über die Gefahren neuer Hochwasser an den Bad Honnefer Bächen informieren sich die Anwohner des Möschbachs bei den „Bachgesprächen“ der Stadt Bad Honnef.

Foto: Frank Homann

Die Flutkatastrophe an Ahr und Erft hat gezeigt, wie schnell Wassermassen auch kleinere Fließgewässer in reißende Ströme verwandeln kann. Gut ein Jahr nach dem Hochwasser lud die Stadt Bad Honnef die Anwohner von Fonsbach, Ohbach und Möschbach zu drei Bachgesprächen ein. Zur letzten der drei Informationsveranstaltungen am Möschbach erschienen etwa 40 Zuhörer. „Es hätten allerdings mehr Leute Interesse gehabt“, kritisierte einer der Anwesenden die mit 14 Uhr ungünstig angesetzte Uhrzeit des Treffens.

„Wir wollen informieren, sensibilisieren und die Anwohner zu Vor-Ort-Experten weiterbilden“, erklärte Holger Heuser, Erster Beigeordneter der Stadt Bad Honnef. Auch der Erfahrungsschatz der Anlieger solle genutzt werden, um gute Maßnahmen ergreifen zu können, so Heuser, der auch für den Bevölkerungsschutz zuständig ist. Deren Gemüter erregte jedoch ein ganz anderer Aspekt.

 Am Möschbach ist die Hochwassermarke aus dem Jahr 2013 an einer Hauswand befestigt.

Am Möschbach ist die Hochwassermarke aus dem Jahr 2013 an einer Hauswand befestigt.

Foto: Frank Homann

Möschbach soll nun doch nicht renaturiert werden

Bereits seit 1997 steht die Öffnung des in weiten Teilen unterirdisch oder in engen Bahnen verlaufenden Möschbachs auf der Agenda der Kommunalpolitik. 2008 wurde das erste Stück an der Wilhelmstraße offengelegt. Weitere Teile sollten folgen. Doch das Projekt geriet immer wieder ins Stocken. 2013 dann der Schadensfall: Der in weiten Teilen verrohrte Bach konnte den Starkregenmassen nicht mehr trotzen und der historische Ortskern von Rommersdorf versank in den Fluten.

Wiederum drei Jahre später sollte die nächste Phase des Hochwasserschutzes angeschoben werden. „Wir brauchen da nichts schönreden“, gesteht Martina Noethen, Geschäftsführerin des Wasserverbands Rhein-Sieg-Kreis. „Die Planung dauert zu lange.“ Personelle, fachliche, aber auch fördertechnische Schwierigkeiten habe es gegeben. Letztere seien ausschlaggebend für den Sinneswandel nach nun knapp 25 Jahren.

Der Hochwasserschutz habe nach Vorgabe der Bezirksregierung Priorität, Fördermittel dürften entsprechend nicht für einen naturnahen Ausbau verwendet werden, so Noethen. Grund dafür sei ein Umdenken nach den Erfahrungen des vergangenen Jahres: Weniger Ökologie, mehr Sicherheit. Eine weitere Offenlegung und naturnahe Anpassung ist damit hinfällig, so Noethen. Stattdessen sollen die Innenstadtbereiche möglichst geschlossen bleiben und Teile des zugänglichen Bachs abgedeckt werden. Ein Vorhaben, das aber nicht allen Anwohnern gefällt.

Rommersdorfer kritisieren Pläne

August Heinen, Vorsitzender des Bürgervereins Rommersdorf-Bondorf, sieht die neuen Pläne kritisch. Er wünscht sich eine Kombination aus Hochwasserschutz und Renaturierung. „Eine Abdeckung mit Beton passt auch nicht ins Stadtbild“, ärgert sich Heinen. Für schöne, ökologische und sicher Anlagen fehle es jedoch schlichtweg an Platz, so Noethen: „Wir bräuchten knapp fünf Meter Fläche, zum Beispiel für Böschungen. Das ist hier mit den vielen kleinen Gassen nicht überall machbar“, zeigt die Geschäftsführerin des Wasserverbands auf.

Laut Heuser sollen die ersten Pläne zum Ausbau und zur Abdeckung des Möschbachs im Herbst besprochen werden. Die konkrete Planungsphase könnte dann ein bis zwei weitere Jahre in Anspruch nehmen. Bereits in der Zwischenzeit gelte es die Anwohner besser für das Thema Starkregen zu sensibilisieren. „Ein Marathon“, wie Heuser weiß. „Auch, wenn es diesmal vor allem die andere Rheinseite getroffen hat, werden wir hier in Bad Honnef nicht für alle Zeiten sorgenfrei bleiben“, so der Erste Beigeordnete. Weitere Informationsangebote in Kooperation mit dem Infomobil des Hochwasserkompetenzzentrum Köln sollen folgen.

Als eine der ersten Maßnahmen will die Stadt Pegel am Möschbach anbringen. Diese dienen zunächst einmal der Information, erklärt Heuser. In Zukunft könne man so besser einschätzen, welche Regenmenge welche Folgen mit sich brächte und auf Wetterwarnungen entsprechend schnell reagieren. „Aufgrund der steilen Morphologie des Möschbachs kann dieser bei Starkregen im schlimmsten Fall in 20 bis 30 Minuten volllaufen“, so Heuser.

Erste Fortschritte seien durch Maßnahmen der letzten Jahre bereits erreicht worden. So habe es etwa in der Flutnacht vor knapp einem Jahr mehr Niederschlag gegeben als bei der Überschwemmung von Rommersdorf 2013. Das Ablaufsystem habe diese Wassermengen ausgehalten. Für Anwohner Jürgen Schmitz gehen die Überlegungen dennoch nicht weit genug. Der 65-Jährige habe jahrelang selbst international im Katastrophenschutzes für die Welthungerhilfe gearbeitet. Heute wohnt er in der Möschbachstraße direkt am Bach. Damals, so sagt er, sei auch sein Haus vom Hochwasser betroffen gewesen und der Keller vollgelaufen.

Die Infoveranstaltung erachtet Schmitz als enorm wichtig, um ein Bewusstsein zu schaffen. Gleichzeitig hofft er auf weitere Maßnahmen. „Es braucht vor allem soziale Strukturen. Es muss klar sein, wer vor Ort wen informiert“, so Schmitz. Die Zuständigkeit der Feuerwehr als Kommunikator vor Ort ist ihm dabei noch zu weit gefasst.

Feedback der Bachgespräche in Bad Honnef wirkt

Auch um die zahlreichen abgestorbenen Bäume im Oberlauf des Baches sorgt sich Schmitz. Ein Problem, dass auch während der ersten zwei Bachgespräche am Fonsbach und Ohbach bereits angesprochen wurde. So merkten Anwohner die kritische Masse an Totholz an, die bei starken Regengüssen den Bach hinunterschwimmt. Wie Heuser erklärte, gibt es nun erste Überlegungen Schutzgitter, sogenannte räumliche Rechen zu installieren, die das Holz aufhalten sollen.

Einfach abgeholzt werden, könne das Totholz in den meisten Fällen nicht, bedauert Noethen. Dies wäre bei einem kontrollierten Vorgang zwar das einfacherer Vorgehen, laut der Wasserverbandschefin jedoch in den meisten Fällen nicht im Einklang mit geltenden Umweltauflagen.

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