Sechs Schwerpunktämter im Rhein-Sieg-Kreis Neuer Dezernent ist von Anfang an im Krisenmodus

Rhein-Sieg-Kreis · Michael Rudersdorf ist seit März neuer Dezernent beim Rhein-Sieg-Kreis und verantwortet dort sechs Schwerpunktämter. Er ist auch für das Management der Coronakrise zuständig.

 Viel Zeit, um sich in seinem Büro im Kreishaus einzurichten, hatte der neue Dezernent beim Rhein-Sieg-Kreis, Michael Rudersdorf, noch nicht.

Viel Zeit, um sich in seinem Büro im Kreishaus einzurichten, hatte der neue Dezernent beim Rhein-Sieg-Kreis, Michael Rudersdorf, noch nicht.

Foto: Paul Kieras

Was für ein Start in der Kreisverwaltung. An seinem ersten Arbeitstag Anfang März begrüßte Landrat Sebastian Schuster Michael Rudersdorf als neuen Dezernenten für den Datenschutz, das Prüfungsamt, das Rechts- und Ordnungsamt, das Straßenverkehrsamt und den Bevölkerungsschutz des Rhein-Sieg-Kreises und nahm ihn gleich mit in die Sitzung des Krisenstabs. Und wenig später bekam Rudersdorf sein Aufgabengebiet noch um das Gesundheitsamt erweitert.

Viel verändert hat der 42-Jährige im Büro, das er von seinem Vorgänger Michael Jaeger übernommen hat, nicht. Dazu habe es auch nicht viel Zeit gegeben, sagt der gebürtige Kölner. Ein Schild vom FC Köln steht auf der Fensterbank, ein Autokalender und ein vom Künstler Ernst Fuchs kunstvoll bemaltes Modell eines 83er BMW. Zwei Bilder werde er wohl austauschen, sagt er nachdenklich.

Da hängen noch ein düsteres großformatiges abstraktes Bild, das an eine unheilvolle Wolke in Bronze erinnert, und eine andere unruhige Farbkomposition, in der das Rot dominiert, an der Wand, die so gar nicht zu ihm passten, meint er. Ein anderes abstraktes Werk allerdings, das in ruhigen Formen mit Blau- und Weißtönen arbeitet, das sage ihm zu.

Zuvor elf Jahre bei der Stadt Leverkusen

Reichlich Zeit, um sich in dem Zimmer im fünften Stock des Kreishauses in Siegburg einzurichten, hatte Rudersdorf nicht. Mit dem noch zusätzlich erhaltenen Verantwortungsbereich für das Gesundheitsamt kam noch mehr Arbeit auf ihn zu: „Das war anspruchsvoll“, gibt Rudersdorf zu. Aber er habe da auf „sehr fitte Mitarbeiter und sehr erfahrene Amtsleiter in seinem Dezernat“ bauen können. Zudem kennt Rudersdorf das Kerngeschäft aus seiner bisherigen Tätigkeit. Das Straßenverkehrsamt, den Bevölkerungsschutz und die autonomen Bereiche Rechnungsprüfungsamt und Datenschutz beriet er in juristischen Angelegenheiten teils seit mehreren Jahren.

Rudersdorf war zuvor elf Jahre bei der Stadt Leverkusen, zuletzt Fachbereichsleiter Recht und Ordnung mit 200 Mitarbeitern. Drei Gründe hätten ihn bewogen, nach Siegburg zu wechseln, sagt er: die fachliche Tätigkeit mit einem spannenden Themenspektrum, die Herausforderung eines Dezernenten, der, mehr noch als ein Amtsleiter, stets das Ganze im Blick behalten und über den eigenen Tellerrand hinausblicken müsse, und schließlich die Örtlichkeit. In Mechernich/Kreis Euskirchen aufgewachsen mit Freundeskreisen in Rheinbach und Swisttal, kennt Rudersdorf die Region – zumindest den linksrheinischen Teil. „Natürlich nehme ich heute Dinge ganz anders wahr, wenn ich durch die Region fahre, als zuvor als Privatperson“, sagt Rudersdorf.

Liste mit Ideen und Vorstellungen

Wie bereitet man sich auf solch einen Posten vor? „Natürlich habe ich mich intensiv eingelesen“, sagt Rudersdorf. Aber er habe sich im Vorfeld auch die Arbeitsweise der Dezernenten in Leverkusen angeschaut, quasi als Inspiration. Gut gefielen ihm die „transparenten Entscheidungswege“ bei der Rhein-Sieg-Kreisverwaltung, sagt er: „Ich finde es grundsätzlich sehr wichtig, dass man gemeinsam zum Ziel kommt. Stichwort: lösungsorientierte Verwaltungen.“

Auf seinem Schreibtisch liegt eine Liste, in die er Ideen und Vorstellungen einträgt wie etwa, welche Verwaltungsabläufe man vereinfachen könnte. Beispiel? „Das werde ich Ihnen nicht verraten, bevor ich das nicht dem Landrat oder der Kreisdirektorin vorgetragen habe“, sagt er lachend.

Die Arbeit eines Dezernenten bei einem Kreis unterscheidet sich von der eines Dezernenten bei einer kreisfreien Stadt: Während ein Dezernent in Leverkusen oder Bonn für die Umsetzung einer getroffenen Entscheidungen sorgt, weil die kreisfreie Stadt originär zuständig ist, haben Dezernenten in Kreisverwaltungen in manchen Bereichen, wie etwa dem Ordnungsrecht, grob formuliert, eher die Aufgabe einer Aufsichtsbehörde, weil hier die originäre Zuständigkeit bei den kreisangehörigen Kommunen liegt. „Dezernenten sollten zwar von Grund auf sehr kommunikationsfähig sein, bei uns im Kreis ist das aber vielleicht noch mehr gefordert, weil wir in manchen Bereichen die Wünsche und Vorstellungen vieler Akteure zusammenführen müssen“, sagt Rudersdorf.

Nicht immer gebe es in den Kompetenzen klare Abgrenzungen, und da sei genau zu prüfen, wer wann wofür organisatorisch zuständig sei. Im jüngsten Fall, als Landrat Sebastian Schuster die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Rhein-Sieg-Kreises auf die Kompetenzverteilung bei Entscheidungen in Straßenverkehrsfragen hingewiesen habe (der GA berichtete), sei es genau um solche Abgrenzungen gegangen: „Wir haben die Kommunen ja nicht aus Boshaftigkeit angeschrieben, sondern aufgrund unserer organisatorischen und rechtlichen Aufgabenstellung.“

Zwei Dinge hat Rudersdorf bereits angepackt: Im Ausländerbereich gab es zu lange Wartezeiten, weil es noch Bearbeitungsrückstände aus Zeiten der Flüchtlingswelle gibt, die abgearbeitet werden müssen. Dort sei der Personalstand um neun Mitarbeiter aufgestockt worden, unter anderem mit zwei Juristen. Zudem versuche er, Auszubildende in der Verwaltung für dieses Aufgabengebiet zu gewinnen. Das andere ist die Corona-Fachstelle, die sich gut bewährt habe.

Coronakrise als große Herausforderung

Überhaupt sei er sehr zufrieden, wie der Kreis die erste Corona-Welle gemeistert habe: „Alle Mitarbeiter und Führungskräfte haben ihr Bestes gegeben. Das war schon top, und ich bin allen sehr dankbar.“ Angesichts der Dynamik mit teilweise wöchentlich oder täglich neuen rechtlichen Rahmenbedingungen sei das eine große Herausforderung für alle Beteiligten gewesen, sagt er. Auf eine zweite Welle sei man „bestmöglich vorbereitet“. Rudersdorf: „Wir haben die Ruhe genutzt, um uns für einen weiteren Sturm zu wappnen.“ 120 zusätzliche Mitarbeiter des Hauses sind ausgewählt und werden nun in das neue Softwaresystem eingearbeitet, das helfen soll, die Kontaktpersonennachverfolgung effektiver zu organisieren. Die Anwendung SORMAS (Surveillance, Outbreak Response Management and Analysis System) wurde am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern als Reaktion auf den Ebola-Ausbruch 2014 in Westafrika entwickelt und für die Gesundheitsämter auf die neuen Gegebenheiten angepasst. In der Covid-Fachstelle habe man zwei Gruppen gebildet: Eine kümmere sich um die Infizierten und Kontaktpersonen, die andere betreue unter anderem Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen.

Sorge bereite ihm die Nachlässigkeit einiger weniger Menschen beim Tragen von Masken und beim Einhalten von Sicherheitsabständen gerade während des Urlaubs, sagt er. Natürlich vermisse auch er ein gewisses Maß an Normalität. Der 42-jährige Vater von zwei Kindern liebt Mountainbike fahren und geht gerne in Konzerte. Sein letztes war ein Konzert der Toten Hosen in Düsseldorf. Außerdem unterrichtet er an der Uni Köln und bietet Arbeitsgruppen für angehende Juristen an. Viele Dinge, die wegen Corona ruhen müssen oder nur eingeschränkt möglich sind – so wie auch seine Leidenschaft, Städte zu bereisen. „Wenn alles vorbei ist“, sagt er, „steht Istanbul als nächstes Reiseziel fest“.

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